heimbgesuchet, mir verzählet, daß der Cantor in Wolgast die opp. St. Augustini*) verkaufen wölle, und ich in ihrer Gegenwärtigkeit gesaget, daß ich solche wohl vor mein Leben gerne kaufen möchte, aber das Geld davor nit übrig hätte, stunde sie ohne mein Wissen des Nachts auf, umb nach Birnstein zu graben, solchen auch so gut sie könnte in Wolgast zu versilbern und zu meinem Ge¬ burtstag welcher den 28sten mensis Augusti einfällt, mir heimlich die opp. St. Augustini zu verehren. Den Aufwurf hat sie aber immer mit tännin Zweigen bedek¬ ket, so es genugsam in der Heiden hat, damit Niemand nichtes verspüren möchte.
Hierzwischen aber begab sich, daß der junge nobi¬ lis Rüdiger von Nienkerken eines Tages angeritten kam, um Kundschaft von dem großen Zauber zu überkom¬ men, so hier im Dorfe sein sölle. Als ich ihme nun solchen verzählet, schüttelte er ungläubig das Haupt und vermeinete daß es mit aller Zauberei fast Lüg und Trug wäre wovor ich mich heftiglich perhorrescirete angesehen ich diesen jungen Herrn für einen klügeren Mann ge¬ halten, und nun sehen mußte, daß er ein Atheiste war. Solches aber merkete er und gab lächelnd zur Antwort, ob ich jemals den Johannem Wierum **) gelesen, so
*) Die Werke des heiligen Augustin.
**) Ein niederländischer Arzt, der lange vor Spee und Thomasius das Unwesen des Zauberglaubens seiner Zeit in der Schrift confutatio opinionum de magorum Daemonomia Frankfurth 1590 angriff, dafür aber von Bodinus und an¬
heimbgeſuchet, mir verzählet, daß der Cantor in Wolgaſt die opp. St. Augustini*) verkaufen wölle, und ich in ihrer Gegenwärtigkeit geſaget, daß ich ſolche wohl vor mein Leben gerne kaufen möchte, aber das Geld davor nit übrig hätte, ſtunde ſie ohne mein Wiſſen des Nachts auf, umb nach Birnſtein zu graben, ſolchen auch ſo gut ſie könnte in Wolgaſt zu verſilbern und zu meinem Ge¬ burtstag welcher den 28ſten mensis Augusti einfällt, mir heimlich die opp. St. Augustini zu verehren. Den Aufwurf hat ſie aber immer mit tännin Zweigen bedek¬ ket, ſo es genugſam in der Heiden hat, damit Niemand nichtes verſpüren möchte.
Hierzwiſchen aber begab ſich, daß der junge nobi¬ lis Rüdiger von Nienkerken eines Tages angeritten kam, um Kundſchaft von dem großen Zauber zu überkom¬ men, ſo hier im Dorfe ſein ſölle. Als ich ihme nun ſolchen verzählet, ſchüttelte er ungläubig das Haupt und vermeinete daß es mit aller Zauberei faſt Lüg und Trug wäre wovor ich mich heftiglich perhorrescirete angeſehen ich dieſen jungen Herrn für einen klügeren Mann ge¬ halten, und nun ſehen mußte, daß er ein Atheiſte war. Solches aber merkete er und gab lächelnd zur Antwort, ob ich jemals den Johannem Wierum **) geleſen, ſo
*) Die Werke des heiligen Auguſtin.
**) Ein niederländiſcher Arzt, der lange vor Spee und Thomaſius das Unweſen des Zauberglaubens ſeiner Zeit in der Schrift confutatio opinionum de magorum Daemonomia Frankfurth 1590 angriff, dafür aber von Bodinus und an¬
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heimbgeſuchet, mir verzählet, daß der Cantor in Wolgaſt
die opp. St. Augustini *) verkaufen wölle, und ich in
ihrer Gegenwärtigkeit geſaget, daß ich ſolche wohl vor
mein Leben gerne kaufen möchte, aber das Geld davor
nit übrig hätte, ſtunde ſie ohne mein Wiſſen des Nachts
auf, umb nach Birnſtein zu graben, ſolchen auch ſo gut
ſie könnte in Wolgaſt zu verſilbern und zu meinem Ge¬
burtstag welcher den 28ſten mensis Augusti einfällt,
mir heimlich die opp. St. Augustini zu verehren. Den
Aufwurf hat ſie aber immer mit tännin Zweigen bedek¬
ket, ſo es genugſam in der Heiden hat, damit Niemand
nichtes verſpüren möchte.
Hierzwiſchen aber begab ſich, daß der junge nobi¬
lis Rüdiger von Nienkerken eines Tages angeritten kam,
um Kundſchaft von dem großen Zauber zu überkom¬
men, ſo hier im Dorfe ſein ſölle. Als ich ihme nun
ſolchen verzählet, ſchüttelte er ungläubig das Haupt und
vermeinete daß es mit aller Zauberei faſt Lüg und Trug
wäre wovor ich mich heftiglich perhorrescirete angeſehen
ich dieſen jungen Herrn für einen klügeren Mann ge¬
halten, und nun ſehen mußte, daß er ein Atheiſte war.
Solches aber merkete er und gab lächelnd zur Antwort,
ob ich jemals den Johannem Wierum **) geleſen, ſo
*) Die Werke des heiligen Auguſtin.
**) Ein niederländiſcher Arzt, der lange vor Spee und
Thomaſius das Unweſen des Zauberglaubens ſeiner Zeit in
der Schrift confutatio opinionum de magorum Daemonomia
Frankfurth 1590 angriff, dafür aber von Bodinus und an¬
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Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/106>, abgerufen am 18.02.2025.
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