Wie der leidige Satan unter des gerechten Gottes Zulassung uns ganz zu unterdrücken beflissen, und wir alle Hoffnung fahren lassen.
Selbigen Tages, wohl umb 3 Uhren Nachmittags, als ich zu dem Krüger Conrad Seep gangen war, umb doch etwas zu genüßen, anerwogen ich nunmehro in 2 Tagen Nichtes nicht in meinen Mund bekommen, denn meine Thränen, er mir auch etwas Brod und Wurst benebst einer Kannen Bier fürgesetzet, tritt der Büttel ins Zimmer, und grüßete von dem Amtshaubtmann doch ohne daß er seine Küsse *) anrührete: Ob ich nicht wölle bei Sr. Gestrengen das Mittagsmahl speisen, S. G. hätt es nicht gleich beachtet, daß ich wohl noch nüchtern wär, dieweil das Verhör so lange gezögert. Ich gab hier¬ auf dem Büttel zur Antwort: daß ich mir allbereits, wie er wohl einsäh, mein Mittagsbrod hätte verabrei¬ chen lassen und mich bei Sr. Gestrengen bedanket. Dar¬ über verwunderte sich der Kerl und gab zur Antwort: ob ich nicht säh, wie gut es Se. Gestrengen mit mir vermeinete, wiewohl ich ihn, wie einen Juden abgekan¬ zelt. Söllte doch an mein Töchterken denken, und nach¬
*) wahrscheinlich Mütze.
Capitel 19.
Wie der leidige Satan unter des gerechten Gottes Zulaſſung uns ganz zu unterdrücken befliſſen, und wir alle Hoffnung fahren laſſen.
Selbigen Tages, wohl umb 3 Uhren Nachmittags, als ich zu dem Krüger Conrad Seep gangen war, umb doch etwas zu genüßen, anerwogen ich nunmehro in 2 Tagen Nichtes nicht in meinen Mund bekommen, denn meine Thränen, er mir auch etwas Brod und Wurſt benebſt einer Kannen Bier fürgeſetzet, tritt der Büttel ins Zimmer, und grüßete von dem Amtshaubtmann doch ohne daß er ſeine Küſſe *) anrührete: Ob ich nicht wölle bei Sr. Geſtrengen das Mittagsmahl ſpeiſen, S. G. hätt es nicht gleich beachtet, daß ich wohl noch nüchtern wär, dieweil das Verhör ſo lange gezögert. Ich gab hier¬ auf dem Büttel zur Antwort: daß ich mir allbereits, wie er wohl einſäh, mein Mittagsbrod hätte verabrei¬ chen laſſen und mich bei Sr. Geſtrengen bedanket. Dar¬ über verwunderte ſich der Kerl und gab zur Antwort: ob ich nicht ſäh, wie gut es Se. Geſtrengen mit mir vermeinete, wiewohl ich ihn, wie einen Juden abgekan¬ zelt. Söllte doch an mein Töchterken denken, und nach¬
*) wahrſcheinlich Mütze.
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0167"n="151"/></div><divn="1"><head><hirendition="#g">Capitel</hi> 19.<lb/></head><argument><prendition="#c"><hirendition="#b">Wie der leidige Satan unter des gerechten Gottes<lb/>
Zulaſſung uns ganz zu unterdrücken befliſſen, und<lb/>
wir alle Hoffnung fahren laſſen.</hi></p></argument><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p><hirendition="#in">S</hi>elbigen Tages, wohl umb 3 Uhren Nachmittags,<lb/>
als ich zu dem Krüger Conrad Seep gangen war,<lb/>
umb doch etwas zu genüßen, anerwogen ich nunmehro<lb/>
in 2 Tagen Nichtes nicht in meinen Mund bekommen,<lb/>
denn meine Thränen, er mir auch etwas Brod und Wurſt<lb/>
benebſt einer Kannen Bier fürgeſetzet, tritt der Büttel<lb/>
ins Zimmer, und grüßete von dem Amtshaubtmann doch<lb/>
ohne daß er ſeine Küſſe <noteplace="foot"n="*)">wahrſcheinlich Mütze.</note> anrührete: Ob ich nicht wölle<lb/>
bei Sr. Geſtrengen das Mittagsmahl ſpeiſen, S. G. hätt<lb/>
es nicht gleich beachtet, daß ich wohl noch nüchtern wär,<lb/>
dieweil das Verhör ſo lange gezögert. Ich gab hier¬<lb/>
auf dem Büttel zur Antwort: daß ich mir allbereits,<lb/>
wie er wohl einſäh, mein Mittagsbrod hätte verabrei¬<lb/>
chen laſſen und mich bei Sr. Geſtrengen bedanket. Dar¬<lb/>
über verwunderte ſich der Kerl und gab zur Antwort:<lb/>
ob ich nicht ſäh, wie gut es Se. Geſtrengen mit mir<lb/>
vermeinete, wiewohl ich ihn, wie einen Juden abgekan¬<lb/>
zelt. Söllte doch an mein Töchterken denken, und nach¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[151/0167]
Capitel 19.
Wie der leidige Satan unter des gerechten Gottes
Zulaſſung uns ganz zu unterdrücken befliſſen, und
wir alle Hoffnung fahren laſſen.
Selbigen Tages, wohl umb 3 Uhren Nachmittags,
als ich zu dem Krüger Conrad Seep gangen war,
umb doch etwas zu genüßen, anerwogen ich nunmehro
in 2 Tagen Nichtes nicht in meinen Mund bekommen,
denn meine Thränen, er mir auch etwas Brod und Wurſt
benebſt einer Kannen Bier fürgeſetzet, tritt der Büttel
ins Zimmer, und grüßete von dem Amtshaubtmann doch
ohne daß er ſeine Küſſe *) anrührete: Ob ich nicht wölle
bei Sr. Geſtrengen das Mittagsmahl ſpeiſen, S. G. hätt
es nicht gleich beachtet, daß ich wohl noch nüchtern wär,
dieweil das Verhör ſo lange gezögert. Ich gab hier¬
auf dem Büttel zur Antwort: daß ich mir allbereits,
wie er wohl einſäh, mein Mittagsbrod hätte verabrei¬
chen laſſen und mich bei Sr. Geſtrengen bedanket. Dar¬
über verwunderte ſich der Kerl und gab zur Antwort:
ob ich nicht ſäh, wie gut es Se. Geſtrengen mit mir
vermeinete, wiewohl ich ihn, wie einen Juden abgekan¬
zelt. Söllte doch an mein Töchterken denken, und nach¬
*) wahrſcheinlich Mütze.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/167>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.