nen Schlaf darinnen bekam. Rief ich ihr dann aus meinem Bette zu: " mein liebes Töchterlein, willtu denn noch nit aufhören, so schlafe doch!" so gab sie zur Ant¬ wort: "schlaf Er nur mein Herzensvater, ich kann nit schlafen, ehe denn ich den ewigen Schlaf schlafe; ach mein Vater, warumb bin ich nicht gebrennet?" Aber wie hätte ich schlafen mügen, da sie nicht schlafen kunnte; sagte zwar alle Morgen, daß ich etwas geschlafen, umb sie zufrieden zu stellen; aber es war nicht also, beson¬ dern wie David schwemmete ich auch mein Bette die ganze Nacht und netzete mit meinen Thränen mein La¬ ger *). Verfiel auch wieder in großen Unglauben, also daß ich nicht beten kunnte und mochte. Doch der Herre handelte nicht mit mir nach meinen Sünden und vergalt mir nicht nach meiner Missethat, besondern seine Gnade sollte auch über mir elenden Knecht bald höher werden, denn der Himmel über der Erden **).
Denn was geschah am nächsten Samtstag? Siehe unsere alte Magd kam außer Athem in die Thüre ge¬ fahren: daß ein Reuter über den Herrenberg käme, hätte einen großen Federbusch an seinem Hut wehende, und gläube sie, es wäre der Junker. Als mein Töchterlein so auf der Bank saß umb sich ihre Haare auszukäm¬ men, solches hörete, thät sie einen Freudenschrei, daß es einen Stein in der Erden hätte erbarmen mügen, und
*) Psalm 6, 7.
**) Ps. 103, 10.
nen Schlaf darinnen bekam. Rief ich ihr dann aus meinem Bette zu: „ mein liebes Töchterlein, willtu denn noch nit aufhören, ſo ſchlafe doch!“ ſo gab ſie zur Ant¬ wort: „ſchlaf Er nur mein Herzensvater, ich kann nit ſchlafen, ehe denn ich den ewigen Schlaf ſchlafe; ach mein Vater, warumb bin ich nicht gebrennet?“ Aber wie hätte ich ſchlafen mügen, da ſie nicht ſchlafen kunnte; ſagte zwar alle Morgen, daß ich etwas geſchlafen, umb ſie zufrieden zu ſtellen; aber es war nicht alſo, beſon¬ dern wie David ſchwemmete ich auch mein Bette die ganze Nacht und netzete mit meinen Thränen mein La¬ ger *). Verfiel auch wieder in großen Unglauben, alſo daß ich nicht beten kunnte und mochte. Doch der Herre handelte nicht mit mir nach meinen Sünden und vergalt mir nicht nach meiner Miſſethat, beſondern ſeine Gnade ſollte auch über mir elenden Knecht bald höher werden, denn der Himmel über der Erden **).
Denn was geſchah am nächſten Samtstag? Siehe unſere alte Magd kam außer Athem in die Thüre ge¬ fahren: daß ein Reuter über den Herrenberg käme, hätte einen großen Federbuſch an ſeinem Hut wehende, und gläube ſie, es wäre der Junker. Als mein Töchterlein ſo auf der Bank ſaß umb ſich ihre Haare auszukäm¬ men, ſolches hörete, thät ſie einen Freudenſchrei, daß es einen Stein in der Erden hätte erbarmen mügen, und
*) Pſalm 6, 7.
**) Pſ. 103, 10.
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nen Schlaf darinnen bekam. Rief ich ihr dann aus
meinem Bette zu: „ mein liebes Töchterlein, willtu denn
noch nit aufhören, ſo ſchlafe doch!“ ſo gab ſie zur Ant¬
wort: „ſchlaf Er nur mein Herzensvater, ich kann nit
ſchlafen, ehe denn ich den ewigen Schlaf ſchlafe; ach
mein Vater, warumb bin ich nicht gebrennet?“ Aber
wie hätte ich ſchlafen mügen, da ſie nicht ſchlafen kunnte;
ſagte zwar alle Morgen, daß ich etwas geſchlafen, umb
ſie zufrieden zu ſtellen; aber es war nicht alſo, beſon¬
dern wie David ſchwemmete ich auch mein Bette die
ganze Nacht und netzete mit meinen Thränen mein La¬
ger *). Verfiel auch wieder in großen Unglauben, alſo
daß ich nicht beten kunnte und mochte. Doch der Herre
handelte nicht mit mir nach meinen Sünden und vergalt
mir nicht nach meiner Miſſethat, beſondern ſeine Gnade
ſollte auch über mir elenden Knecht bald höher werden,
denn der Himmel über der Erden **).
Denn was geſchah am nächſten Samtstag? Siehe
unſere alte Magd kam außer Athem in die Thüre ge¬
fahren: daß ein Reuter über den Herrenberg käme, hätte
einen großen Federbuſch an ſeinem Hut wehende, und
gläube ſie, es wäre der Junker. Als mein Töchterlein
ſo auf der Bank ſaß umb ſich ihre Haare auszukäm¬
men, ſolches hörete, thät ſie einen Freudenſchrei, daß es
einen Stein in der Erden hätte erbarmen mügen, und
*) Pſalm 6, 7.
**) Pſ. 103, 10.
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Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/300>, abgerufen am 24.11.2024.
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