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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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fruchtlos von seiner sterbenden Frau und von
seinem eignen Gewißen gewarnte Bösewicht
jezt allerdings in sein Verderben rante, und daß
er, der vorher so oft glücklich entwischt war,
grade jezt in einem Fallstrick kommen mußte,
dem er nicht mehr entgehn, und wovon ihm
keine Silbe ahnden konnte.

Jene frühere Kasseneingriffe waren zwar
nicht immer, und nicht ganz bestimt gemerkt,
aber doch ein paarmal vermuthet worden.
Man hatte hin und her, doch niemals auf die
schuldige Person gerathen; auch wurden schon
ein paar Ladendiener, wenn gleich nicht gera-
dezu deswegen, doch wenigstens mit einigem
Argwohn verabschiedet. Jezt war seit wenig
Wochen ein neuer angenommen, der Redlich-
keit, Liebe zur Ordnung und Unverdrossen-
heit besaß. Er hatte von jenen Diebstälen
murmeln gehört, hegte Ehrliebe genug zu
wünschen, daß dergleichen unter ihm nicht
vorfallen möchten, und glaubte vor allen Din-
gen beobachten zu müßen: Ob er auch lau-

H

fruchtlos von ſeiner ſterbenden Frau und von
ſeinem eignen Gewißen gewarnte Boͤſewicht
jezt allerdings in ſein Verderben rante, und daß
er, der vorher ſo oft gluͤcklich entwiſcht war,
grade jezt in einem Fallſtrick kommen mußte,
dem er nicht mehr entgehn, und wovon ihm
keine Silbe ahnden konnte.

Jene fruͤhere Kaſſeneingriffe waren zwar
nicht immer, und nicht ganz beſtimt gemerkt,
aber doch ein paarmal vermuthet worden.
Man hatte hin und her, doch niemals auf die
ſchuldige Perſon gerathen; auch wurden ſchon
ein paar Ladendiener, wenn gleich nicht gera-
dezu deswegen, doch wenigſtens mit einigem
Argwohn verabſchiedet. Jezt war ſeit wenig
Wochen ein neuer angenommen, der Redlich-
keit, Liebe zur Ordnung und Unverdroſſen-
heit beſaß. Er hatte von jenen Diebſtaͤlen
murmeln gehoͤrt, hegte Ehrliebe genug zu
wuͤnſchen, daß dergleichen unter ihm nicht
vorfallen moͤchten, und glaubte vor allen Din-
gen beobachten zu muͤßen: Ob er auch lau-

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[113/0121] fruchtlos von ſeiner ſterbenden Frau und von ſeinem eignen Gewißen gewarnte Boͤſewicht jezt allerdings in ſein Verderben rante, und daß er, der vorher ſo oft gluͤcklich entwiſcht war, grade jezt in einem Fallſtrick kommen mußte, dem er nicht mehr entgehn, und wovon ihm keine Silbe ahnden konnte. Jene fruͤhere Kaſſeneingriffe waren zwar nicht immer, und nicht ganz beſtimt gemerkt, aber doch ein paarmal vermuthet worden. Man hatte hin und her, doch niemals auf die ſchuldige Perſon gerathen; auch wurden ſchon ein paar Ladendiener, wenn gleich nicht gera- dezu deswegen, doch wenigſtens mit einigem Argwohn verabſchiedet. Jezt war ſeit wenig Wochen ein neuer angenommen, der Redlich- keit, Liebe zur Ordnung und Unverdroſſen- heit beſaß. Er hatte von jenen Diebſtaͤlen murmeln gehoͤrt, hegte Ehrliebe genug zu wuͤnſchen, daß dergleichen unter ihm nicht vorfallen moͤchten, und glaubte vor allen Din- gen beobachten zu muͤßen: Ob er auch lau- H

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/121>, abgerufen am 23.11.2024.