doch verzeihlich war. Seine Schaam hierüber, als er die Misbilligung seiner Mitbürger spür- te, -- der Unwillen, als er bei der Ehestif- tung sich für betrogen ansah, -- seine Abnei- gung beßre Bedingungen zu erschmeicheln, -- sein innneres Widerstreben bei Annäherung ei- nes zwangvollen Looses, -- sein Entschlus, lieber auf gutes Glück in die weite Welt zu gehn, als daheim sich verspotten zu lassen -- alles dies sind Züge, die mehr für als wider ihn sprechen. Selbst der Wunsch, den leztern, allerdings gewagten Schritt nicht ohne den Rückenthalt einer gefüllten Börse zu thun, verräth nicht Geiz, sondern wieder nur Furcht vor unausbleiblichem Man- gel, und ist an sich selbst nicht tadelnswerth. Man lasse ihn glücklicher in Eintreibung sei- ner Schulden seyn, und wer (wenn man ein paar halbgetäuschte Gläubiger ausnimmt,) verzeiht nicht dem jungen, vor einem eh- lichen Joch sich fürchtenden Manne sein Entweichen und seine Vorsicht bei demselben?
doch verzeihlich war. Seine Schaam hieruͤber, als er die Misbilligung ſeiner Mitbuͤrger ſpuͤr- te, — der Unwillen, als er bei der Eheſtif- tung ſich fuͤr betrogen anſah, — ſeine Abnei- gung beßre Bedingungen zu erſchmeicheln, — ſein innneres Widerſtreben bei Annaͤherung ei- nes zwangvollen Looſes, — ſein Entſchlus, lieber auf gutes Gluͤck in die weite Welt zu gehn, als daheim ſich verſpotten zu laſſen — alles dies ſind Zuͤge, die mehr fuͤr als wider ihn ſprechen. Selbſt der Wunſch, den leztern, allerdings gewagten Schritt nicht ohne den Ruͤckenthalt einer gefuͤllten Boͤrſe zu thun, verraͤth nicht Geiz, ſondern wieder nur Furcht vor unausbleiblichem Man- gel, und iſt an ſich ſelbſt nicht tadelnswerth. Man laſſe ihn gluͤcklicher in Eintreibung ſei- ner Schulden ſeyn, und wer (wenn man ein paar halbgetaͤuſchte Glaͤubiger ausnimmt,) verzeiht nicht dem jungen, vor einem eh- lichen Joch ſich fuͤrchtenden Manne ſein Entweichen und ſeine Vorſicht bei demſelben?
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0326"n="318"/>
doch verzeihlich war. Seine Schaam hieruͤber,<lb/>
als er die Misbilligung ſeiner Mitbuͤrger ſpuͤr-<lb/>
te, — der Unwillen, als er bei der Eheſtif-<lb/>
tung ſich fuͤr betrogen anſah, —ſeine Abnei-<lb/>
gung beßre Bedingungen zu erſchmeicheln, —<lb/>ſein innneres Widerſtreben bei Annaͤherung ei-<lb/>
nes zwangvollen Looſes, —ſein Entſchlus,<lb/>
lieber auf gutes Gluͤck in die weite Welt zu<lb/>
gehn, als daheim ſich verſpotten zu laſſen —<lb/>
alles dies ſind Zuͤge, die mehr fuͤr als<lb/><hirendition="#g">wider</hi> ihn ſprechen. Selbſt der Wunſch,<lb/>
den leztern, allerdings gewagten Schritt nicht<lb/>
ohne den Ruͤckenthalt einer gefuͤllten Boͤrſe zu<lb/>
thun, verraͤth nicht <hirendition="#g">Geiz</hi>, ſondern wieder nur<lb/><hirendition="#g">Furcht vor unausbleiblichem Man-<lb/>
gel</hi>, und iſt an ſich ſelbſt nicht tadelnswerth.<lb/>
Man laſſe ihn gluͤcklicher in Eintreibung ſei-<lb/>
ner Schulden ſeyn, und wer (wenn man ein<lb/>
paar halbgetaͤuſchte Glaͤubiger ausnimmt,)<lb/>
verzeiht nicht dem jungen, vor einem eh-<lb/>
lichen Joch ſich fuͤrchtenden Manne ſein<lb/>
Entweichen und ſeine Vorſicht bei demſelben?<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[318/0326]
doch verzeihlich war. Seine Schaam hieruͤber,
als er die Misbilligung ſeiner Mitbuͤrger ſpuͤr-
te, — der Unwillen, als er bei der Eheſtif-
tung ſich fuͤr betrogen anſah, — ſeine Abnei-
gung beßre Bedingungen zu erſchmeicheln, —
ſein innneres Widerſtreben bei Annaͤherung ei-
nes zwangvollen Looſes, — ſein Entſchlus,
lieber auf gutes Gluͤck in die weite Welt zu
gehn, als daheim ſich verſpotten zu laſſen —
alles dies ſind Zuͤge, die mehr fuͤr als
wider ihn ſprechen. Selbſt der Wunſch,
den leztern, allerdings gewagten Schritt nicht
ohne den Ruͤckenthalt einer gefuͤllten Boͤrſe zu
thun, verraͤth nicht Geiz, ſondern wieder nur
Furcht vor unausbleiblichem Man-
gel, und iſt an ſich ſelbſt nicht tadelnswerth.
Man laſſe ihn gluͤcklicher in Eintreibung ſei-
ner Schulden ſeyn, und wer (wenn man ein
paar halbgetaͤuſchte Glaͤubiger ausnimmt,)
verzeiht nicht dem jungen, vor einem eh-
lichen Joch ſich fuͤrchtenden Manne ſein
Entweichen und ſeine Vorſicht bei demſelben?
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/326>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.