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Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783.

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stanz beweisen? Doch wohl nicht, daß nach der
Vernunft Rechte auf Personen und Güter mit
Lehrmeinungen zusammenhängen, und auf der-
selben beruhen? oder daß positive Gesetze und
Verträge ein solches Recht möglich machen kön-
nen? Auf diese beiden Punkte kömmt es, nach
dem eigentlichen Anführen des Recens. haupt-
sächlich an, und beide finden in dem erdichteten
Falle nicht Statt, denn der Beschneider würde
ja die Einkünfte und den Rang nicht für den
Beyfall zu genießen haben, den er der Lehrmei-
nung giebt; sondern für die Operation, die er
an der Stelle der Hausväter verrichtet. Ver-
hindert ihn nun sein Gewissen, diese Mühwal-

tung
verdienstliche Werk mit Vergnügen. Ja dem
Vater, dem eigentlich die Pflicht seinen Sohn
zu beschneiden obliegt, hat mehrentheils unter
verschiedenen Mitwerdern, die darum anhalten,
zu wählen. Alle Belohnung, die der Beschnei-
der für seine Verrichtung zu erwarten hat, be-
stehet etwa darin, daß er beym Beschneidungs-
male obenan sitzet, und nach der Mahlzeit den
Seegen spricht. -- So sollten nach meiner
neu und hart scheinenden Theorie alle religiöse
Aemter besetzt werden!

ſtanz beweiſen? Doch wohl nicht, daß nach der
Vernunft Rechte auf Perſonen und Guͤter mit
Lehrmeinungen zuſammenhaͤngen, und auf der-
ſelben beruhen? oder daß poſitive Geſetze und
Vertraͤge ein ſolches Recht moͤglich machen koͤn-
nen? Auf dieſe beiden Punkte koͤmmt es, nach
dem eigentlichen Anfuͤhren des Recenſ. haupt-
ſaͤchlich an, und beide finden in dem erdichteten
Falle nicht Statt, denn der Beſchneider wuͤrde
ja die Einkuͤnfte und den Rang nicht fuͤr den
Beyfall zu genießen haben, den er der Lehrmei-
nung giebt; ſondern fuͤr die Operation, die er
an der Stelle der Hausvaͤter verrichtet. Ver-
hindert ihn nun ſein Gewiſſen, dieſe Muͤhwal-

tung
verdienſtliche Werk mit Vergnuͤgen. Ja dem
Vater, dem eigentlich die Pflicht ſeinen Sohn
zu beſchneiden obliegt, hat mehrentheils unter
verſchiedenen Mitwerdern, die darum anhalten,
zu waͤhlen. Alle Belohnung, die der Beſchnei-
der fuͤr ſeine Verrichtung zu erwarten hat, be-
ſtehet etwa darin, daß er beym Beſchneidungs-
male obenan ſitzet, und nach der Mahlzeit den
Seegen ſpricht. — So ſollten nach meiner
neu und hart ſcheinenden Theorie alle religioͤſe
Aemter beſetzt werden!
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[15/0117] ſtanz beweiſen? Doch wohl nicht, daß nach der Vernunft Rechte auf Perſonen und Guͤter mit Lehrmeinungen zuſammenhaͤngen, und auf der- ſelben beruhen? oder daß poſitive Geſetze und Vertraͤge ein ſolches Recht moͤglich machen koͤn- nen? Auf dieſe beiden Punkte koͤmmt es, nach dem eigentlichen Anfuͤhren des Recenſ. haupt- ſaͤchlich an, und beide finden in dem erdichteten Falle nicht Statt, denn der Beſchneider wuͤrde ja die Einkuͤnfte und den Rang nicht fuͤr den Beyfall zu genießen haben, den er der Lehrmei- nung giebt; ſondern fuͤr die Operation, die er an der Stelle der Hausvaͤter verrichtet. Ver- hindert ihn nun ſein Gewiſſen, dieſe Muͤhwal- tung *) *) verdienſtliche Werk mit Vergnuͤgen. Ja dem Vater, dem eigentlich die Pflicht ſeinen Sohn zu beſchneiden obliegt, hat mehrentheils unter verſchiedenen Mitwerdern, die darum anhalten, zu waͤhlen. Alle Belohnung, die der Beſchnei- der fuͤr ſeine Verrichtung zu erwarten hat, be- ſtehet etwa darin, daß er beym Beſchneidungs- male obenan ſitzet, und nach der Mahlzeit den Seegen ſpricht. — So ſollten nach meiner neu und hart ſcheinenden Theorie alle religioͤſe Aemter beſetzt werden!

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Zitationshilfe: Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mendelssohn_jerusalem_1783/117>, abgerufen am 23.11.2024.