tung ferner zu übernehmen; so wird er aller- dings auf die Belohnung Verzicht thun müssen, die er dafür sich ausbedungen. Was hat dieses aber mit den Vorrechten gemein, die man einer Person einräumt, weil sie dieser oder jener Lehre beystimmet, diese oder jene ewige Wahrheit an- nimmt, oder verwirft? -- Alles, womit die er- dichtete Instanz einige Aehnlichkeit haben könn- te, wäre etwa der Fall, da der Staat Lehrer bestellt und besoldet, die gewisse Lehren so und nicht anders ausbreiten sollen: diese aber nach- her sich im Gewissen verbunden erachteten, von den ihnen vorgeschriebenen Lehren abzuweichen. Diesen Fall, der so oft zu lauten und hitzigen Streitigkeiten Gelegenheit gegeben, habe ich im vorigen Abschnitte umständlich berührt, und nach meinen Grundsätzen zu erörtern gesucht. Auf das angeführte Gleichniß aber scheinet er mir eben so wenig zu passen. Man erinnerte sich des Unterschiedes, den ich gemacht, zwischen Hand- lungen, die als Handlungen verlangt werden, und solchen, die blos als Zeichen der Gesiunun- gen gölten. Eine Vorhaut ist abgeschnitten, der Beschneider mag von dem Gebrauche selbst
denken
tung ferner zu uͤbernehmen; ſo wird er aller- dings auf die Belohnung Verzicht thun muͤſſen, die er dafuͤr ſich ausbedungen. Was hat dieſes aber mit den Vorrechten gemein, die man einer Perſon einraͤumt, weil ſie dieſer oder jener Lehre beyſtimmet, dieſe oder jene ewige Wahrheit an- nimmt, oder verwirft? — Alles, womit die er- dichtete Inſtanz einige Aehnlichkeit haben koͤnn- te, waͤre etwa der Fall, da der Staat Lehrer beſtellt und beſoldet, die gewiſſe Lehren ſo und nicht anders ausbreiten ſollen: dieſe aber nach- her ſich im Gewiſſen verbunden erachteten, von den ihnen vorgeſchriebenen Lehren abzuweichen. Dieſen Fall, der ſo oft zu lauten und hitzigen Streitigkeiten Gelegenheit gegeben, habe ich im vorigen Abſchnitte umſtaͤndlich beruͤhrt, und nach meinen Grundſaͤtzen zu eroͤrtern geſucht. Auf das angefuͤhrte Gleichniß aber ſcheinet er mir eben ſo wenig zu paſſen. Man erinnerte ſich des Unterſchiedes, den ich gemacht, zwiſchen Hand- lungen, die als Handlungen verlangt werden, und ſolchen, die blos als Zeichen der Geſiunun- gen goͤlten. Eine Vorhaut iſt abgeſchnitten, der Beſchneider mag von dem Gebrauche ſelbſt
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tung ferner zu uͤbernehmen; ſo wird er aller-
dings auf die Belohnung Verzicht thun muͤſſen,
die er dafuͤr ſich ausbedungen. Was hat dieſes
aber mit den Vorrechten gemein, die man einer
Perſon einraͤumt, weil ſie dieſer oder jener Lehre
beyſtimmet, dieſe oder jene ewige Wahrheit an-
nimmt, oder verwirft? — Alles, womit die er-
dichtete Inſtanz einige Aehnlichkeit haben koͤnn-
te, waͤre etwa der Fall, da der Staat Lehrer
beſtellt und beſoldet, die gewiſſe Lehren ſo und
nicht anders ausbreiten ſollen: dieſe aber nach-
her ſich im Gewiſſen verbunden erachteten, von
den ihnen vorgeſchriebenen Lehren abzuweichen.
Dieſen Fall, der ſo oft zu lauten und hitzigen
Streitigkeiten Gelegenheit gegeben, habe ich im
vorigen Abſchnitte umſtaͤndlich beruͤhrt, und nach
meinen Grundſaͤtzen zu eroͤrtern geſucht. Auf
das angefuͤhrte Gleichniß aber ſcheinet er mir
eben ſo wenig zu paſſen. Man erinnerte ſich des
Unterſchiedes, den ich gemacht, zwiſchen Hand-
lungen, die als Handlungen verlangt werden,
und ſolchen, die blos als Zeichen der Geſiunun-
gen goͤlten. Eine Vorhaut iſt abgeſchnitten,
der Beſchneider mag von dem Gebrauche ſelbſt
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Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mendelssohn_jerusalem_1783/118>, abgerufen am 19.07.2024.
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