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Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783.

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denken und glauben, was er will; so wie ein
Schuldherr, dem die Gerichte zu seiner Befrie-
digung verholfen, bezahlt ist, der Schuldner
mag von der Pflicht zu bezahlen, denken, wie er
will. Wie kann aber hiervon die Anwendung
auf den Lehrer der Religionswahrheiten gemacht
werden, dessen Lehren sicherlich wenig Frommen
bringen, wenn nicht Geist und Herz damit über-
einstimmen; wenn sie nicht aus innerer Ueber-
zeugung fließen? -- Ich habe bereits an dem
angeführten Orte zu erkennen gegeben, daß ich
mich nicht getraue, einem auf diese Weise in die
Enge getriebenen Lehrer vorzuschreiben, wie er
sich als rechtschaffener Mann zu verhalten habe;
oder Vorwürfe zu machen, wenn er sich anders
verhält; und daß nach meinem Bedünken alles
auf Zeit, Umstände und Verfassung ankomme, in
welchen er sich befindet. Wer darf hier über die
Gewissenhaftigkeit seines Nächsten den Stab bre-
chen? Wer ihr zu einer so kritischen Entschei-
dung eine Waage aufdringen, die sie vielleicht
nicht für die richtige erkennt?

Indessen liegt diese Untersuchung nicht so
ganz auf meinem Wege, und hat wenig mit den

beiden
Zweiter Abschn. B

denken und glauben, was er will; ſo wie ein
Schuldherr, dem die Gerichte zu ſeiner Befrie-
digung verholfen, bezahlt iſt, der Schuldner
mag von der Pflicht zu bezahlen, denken, wie er
will. Wie kann aber hiervon die Anwendung
auf den Lehrer der Religionswahrheiten gemacht
werden, deſſen Lehren ſicherlich wenig Frommen
bringen, wenn nicht Geiſt und Herz damit uͤber-
einſtimmen; wenn ſie nicht aus innerer Ueber-
zeugung fließen? — Ich habe bereits an dem
angefuͤhrten Orte zu erkennen gegeben, daß ich
mich nicht getraue, einem auf dieſe Weiſe in die
Enge getriebenen Lehrer vorzuſchreiben, wie er
ſich als rechtſchaffener Mann zu verhalten habe;
oder Vorwuͤrfe zu machen, wenn er ſich anders
verhaͤlt; und daß nach meinem Beduͤnken alles
auf Zeit, Umſtaͤnde und Verfaſſung ankomme, in
welchen er ſich befindet. Wer darf hier uͤber die
Gewiſſenhaftigkeit ſeines Naͤchſten den Stab bre-
chen? Wer ihr zu einer ſo kritiſchen Entſchei-
dung eine Waage aufdringen, die ſie vielleicht
nicht fuͤr die richtige erkennt?

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ganz auf meinem Wege, und hat wenig mit den

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[17/0119] denken und glauben, was er will; ſo wie ein Schuldherr, dem die Gerichte zu ſeiner Befrie- digung verholfen, bezahlt iſt, der Schuldner mag von der Pflicht zu bezahlen, denken, wie er will. Wie kann aber hiervon die Anwendung auf den Lehrer der Religionswahrheiten gemacht werden, deſſen Lehren ſicherlich wenig Frommen bringen, wenn nicht Geiſt und Herz damit uͤber- einſtimmen; wenn ſie nicht aus innerer Ueber- zeugung fließen? — Ich habe bereits an dem angefuͤhrten Orte zu erkennen gegeben, daß ich mich nicht getraue, einem auf dieſe Weiſe in die Enge getriebenen Lehrer vorzuſchreiben, wie er ſich als rechtſchaffener Mann zu verhalten habe; oder Vorwuͤrfe zu machen, wenn er ſich anders verhaͤlt; und daß nach meinem Beduͤnken alles auf Zeit, Umſtaͤnde und Verfaſſung ankomme, in welchen er ſich befindet. Wer darf hier uͤber die Gewiſſenhaftigkeit ſeines Naͤchſten den Stab bre- chen? Wer ihr zu einer ſo kritiſchen Entſchei- dung eine Waage aufdringen, die ſie vielleicht nicht fuͤr die richtige erkennt? Indeſſen liegt dieſe Unterſuchung nicht ſo ganz auf meinem Wege, und hat wenig mit den beiden Zweiter Abſchn. B

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Zitationshilfe: Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mendelssohn_jerusalem_1783/119>, abgerufen am 24.11.2024.