die Dinge, welche durch sie bezeichnet werden, daß man den ganzen Umfang aller vernehmli- chen Laute gar bald umfassen und in Classen ab- theilen könne. Und sonach kann man diese Ein- theilung, Anfangs unvollständig versucht, mit der Zeit ergänzt und immer verbessert, und jeder Classe ein ihr entsprechendes Schriftzeichen aus der Hieroglyphik zugeeignet haben. Es bleibt zwar auch so noch eine der herrlichsten Entde- ckungen des menschlichen Geistes; allein man sie- het doch wenigstens, wie die Menschen haben allmählig, ohne Flug der Erfindungskraft, dar- auf geführt werden können, sich das Unermeß- liche als meßbar zu denken, gleichsam den ge- stirnten Himmel in Figuren abzutheilen, und so jedem Sterne seinem Ort anzuweisen, ohne die Anzahl der Sterne zu wissen. Ich glaube, bey den hörbaren Zeichen war die Spur leichter zu entdecken, der man nur nachgehen durfte, um die Figuren wahrzunehmen, in welche sich das un- ermeßliche Heer der menschlichen Begriffe brin- gen ließe; und sodann war es so schwer nicht mehr, die Anwendung davon auf die Schrift zu machen, und auch diese zu schichten, und in
Classen
die Dinge, welche durch ſie bezeichnet werden, daß man den ganzen Umfang aller vernehmli- chen Laute gar bald umfaſſen und in Claſſen ab- theilen koͤnne. Und ſonach kann man dieſe Ein- theilung, Anfangs unvollſtaͤndig verſucht, mit der Zeit ergaͤnzt und immer verbeſſert, und jeder Claſſe ein ihr entſprechendes Schriftzeichen aus der Hieroglyphik zugeeignet haben. Es bleibt zwar auch ſo noch eine der herrlichſten Entde- ckungen des menſchlichen Geiſtes; allein man ſie- het doch wenigſtens, wie die Menſchen haben allmaͤhlig, ohne Flug der Erfindungskraft, dar- auf gefuͤhrt werden koͤnnen, ſich das Unermeß- liche als meßbar zu denken, gleichſam den ge- ſtirnten Himmel in Figuren abzutheilen, und ſo jedem Sterne ſeinem Ort anzuweiſen, ohne die Anzahl der Sterne zu wiſſen. Ich glaube, bey den hoͤrbaren Zeichen war die Spur leichter zu entdecken, der man nur nachgehen durfte, um die Figuren wahrzunehmen, in welche ſich das un- ermeßliche Heer der menſchlichen Begriffe brin- gen ließe; und ſodann war es ſo ſchwer nicht mehr, die Anwendung davon auf die Schrift zu machen, und auch dieſe zu ſchichten, und in
Claſſen
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0176"n="74"/>
die Dinge, welche durch ſie bezeichnet werden,<lb/>
daß man den ganzen Umfang aller vernehmli-<lb/>
chen Laute gar bald umfaſſen und in Claſſen ab-<lb/>
theilen koͤnne. Und ſonach kann man dieſe Ein-<lb/>
theilung, Anfangs unvollſtaͤndig verſucht, mit<lb/>
der Zeit ergaͤnzt und immer verbeſſert, und jeder<lb/>
Claſſe ein ihr entſprechendes Schriftzeichen aus<lb/>
der Hieroglyphik zugeeignet haben. Es bleibt<lb/>
zwar auch ſo noch eine der herrlichſten Entde-<lb/>
ckungen des menſchlichen Geiſtes; allein man ſie-<lb/>
het doch wenigſtens, wie die Menſchen haben<lb/>
allmaͤhlig, ohne Flug der Erfindungskraft, dar-<lb/>
auf gefuͤhrt werden koͤnnen, ſich das Unermeß-<lb/>
liche als meßbar zu denken, gleichſam den ge-<lb/>ſtirnten Himmel in Figuren abzutheilen, und ſo<lb/>
jedem Sterne ſeinem Ort anzuweiſen, ohne die<lb/>
Anzahl der Sterne zu wiſſen. Ich glaube, bey<lb/>
den hoͤrbaren Zeichen war die Spur leichter zu<lb/>
entdecken, der man nur nachgehen durfte, um<lb/>
die Figuren wahrzunehmen, in welche ſich das un-<lb/>
ermeßliche Heer der menſchlichen Begriffe brin-<lb/>
gen ließe; und ſodann war es ſo ſchwer nicht<lb/>
mehr, die Anwendung davon auf die Schrift zu<lb/>
machen, und auch dieſe zu ſchichten, und in<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Claſſen</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[74/0176]
die Dinge, welche durch ſie bezeichnet werden,
daß man den ganzen Umfang aller vernehmli-
chen Laute gar bald umfaſſen und in Claſſen ab-
theilen koͤnne. Und ſonach kann man dieſe Ein-
theilung, Anfangs unvollſtaͤndig verſucht, mit
der Zeit ergaͤnzt und immer verbeſſert, und jeder
Claſſe ein ihr entſprechendes Schriftzeichen aus
der Hieroglyphik zugeeignet haben. Es bleibt
zwar auch ſo noch eine der herrlichſten Entde-
ckungen des menſchlichen Geiſtes; allein man ſie-
het doch wenigſtens, wie die Menſchen haben
allmaͤhlig, ohne Flug der Erfindungskraft, dar-
auf gefuͤhrt werden koͤnnen, ſich das Unermeß-
liche als meßbar zu denken, gleichſam den ge-
ſtirnten Himmel in Figuren abzutheilen, und ſo
jedem Sterne ſeinem Ort anzuweiſen, ohne die
Anzahl der Sterne zu wiſſen. Ich glaube, bey
den hoͤrbaren Zeichen war die Spur leichter zu
entdecken, der man nur nachgehen durfte, um
die Figuren wahrzunehmen, in welche ſich das un-
ermeßliche Heer der menſchlichen Begriffe brin-
gen ließe; und ſodann war es ſo ſchwer nicht
mehr, die Anwendung davon auf die Schrift zu
machen, und auch dieſe zu ſchichten, und in
Claſſen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mendelssohn_jerusalem_1783/176>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.