Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783.Gesellschaft treten, wird in der Folge ge- hungs- anders verstanden, und wenn sie gefragt worden
wären, so und nicht anders erklärt haben würden; so muß diese moralisch gewisse Erklärung, als eine stillschweigende, vorausgesetzte Bedingung des Contrakts angenommen, vor Gericht eben so gül- tig seyn, als wenn sie ausdrücklich verabredet wor- den wäre. Nun ist offenbar, daß das Ehepaar bey Schliessung des Contrakts, da sie beiderfeits, we- nigstens äusserlich, noch der jüdischen Religion zu- gethan gewesen, keinen andern Sinn gehabt als den gemeinschaftlichen Hausstand nach jüdischen Lebensregeln zu führen, und die Kinder nach jüdi- schen Grundsätzen zu erziehen. Wenigstens hat die Partey, der es um die Religion ein Ernst war, nichts anders voraus setzen können, und wäre da- mals eine Veränderung von dieser Art besorglich gewesen, und die Bedingung zur Sprache gekom- men, sie würde sich sicherlich nicht anders erklärt haben. Sie wußte und erwartete nichts anders, als einen Hausstand nach väterlichen Lebensregeln anzutreten, und Kinder zu erzeugen, die sie nach väterlichen Grundsätzen würde erziehen können. Wenn dieser Person der Unterschied wichtig ist, wenn es notorisch ist, daß ihr der Unterschied der Religion Geſellſchaft treten, wird in der Folge ge- hungs- anders verſtanden, und wenn ſie gefragt worden
waͤren, ſo und nicht anders erklaͤrt haben wuͤrden; ſo muß dieſe moraliſch gewiſſe Erklaͤrung, als eine ſtillſchweigende, vorausgeſetzte Bedingung des Contrakts angenommen, vor Gericht eben ſo guͤl- tig ſeyn, als wenn ſie ausdruͤcklich verabredet wor- den waͤre. Nun iſt offenbar, daß das Ehepaar bey Schlieſſung des Contrakts, da ſie beiderfeits, we- nigſtens aͤuſſerlich, noch der juͤdiſchen Religion zu- gethan geweſen, keinen andern Sinn gehabt als den gemeinſchaftlichen Hausſtand nach juͤdiſchen Lebensregeln zu fuͤhren, und die Kinder nach juͤdi- ſchen Grundſaͤtzen zu erziehen. Wenigſtens hat die Partey, der es um die Religion ein Ernſt war, nichts anders voraus ſetzen koͤnnen, und waͤre da- mals eine Veraͤnderung von dieſer Art beſorglich geweſen, und die Bedingung zur Sprache gekom- men, ſie wuͤrde ſich ſicherlich nicht anders erklaͤrt haben. Sie wußte und erwartete nichts anders, als einen Hausſtand nach vaͤterlichen Lebensregeln anzutreten, und Kinder zu erzeugen, die ſie nach vaͤterlichen Grundſaͤtzen wuͤrde erziehen koͤnnen. Wenn dieſer Perſon der Unterſchied wichtig iſt, wenn es notoriſch iſt, daß ihr der Unterſchied der Religion <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0049" n="43"/> Geſellſchaft treten, wird in der Folge ge-<lb/> zeigt werden. Mithin iſt auch die Erzie-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">hungs-</fw><lb/><note next="#seg2pn_2_4" xml:id="seg2pn_2_3" prev="#seg2pn_2_2" place="foot" n="*)"><p>anders verſtanden, und wenn ſie gefragt worden<lb/> waͤren, ſo und nicht anders erklaͤrt haben wuͤrden;<lb/> ſo muß dieſe moraliſch gewiſſe Erklaͤrung, als eine<lb/> ſtillſchweigende, vorausgeſetzte Bedingung des<lb/> Contrakts angenommen, vor Gericht eben ſo guͤl-<lb/> tig ſeyn, als wenn ſie ausdruͤcklich verabredet wor-<lb/> den waͤre. Nun iſt offenbar, daß das Ehepaar bey<lb/> Schlieſſung des Contrakts, da ſie beiderfeits, we-<lb/> nigſtens aͤuſſerlich, noch der juͤdiſchen Religion zu-<lb/> gethan geweſen, keinen andern Sinn gehabt als<lb/> den gemeinſchaftlichen Hausſtand nach juͤdiſchen<lb/> Lebensregeln zu fuͤhren, und die Kinder nach juͤdi-<lb/> ſchen Grundſaͤtzen zu erziehen. Wenigſtens hat<lb/> die Partey, der es um die Religion ein Ernſt war,<lb/> nichts anders voraus ſetzen koͤnnen, und waͤre da-<lb/> mals eine Veraͤnderung von dieſer Art beſorglich<lb/> geweſen, und die Bedingung zur Sprache gekom-<lb/> men, ſie wuͤrde ſich ſicherlich nicht anders erklaͤrt<lb/> haben. Sie wußte und erwartete nichts anders,<lb/> als einen Hausſtand nach vaͤterlichen Lebensregeln<lb/> anzutreten, und Kinder zu erzeugen, die ſie nach<lb/> vaͤterlichen Grundſaͤtzen wuͤrde erziehen koͤnnen.<lb/> Wenn dieſer Perſon der Unterſchied wichtig iſt,<lb/> wenn es notoriſch iſt, daß ihr der Unterſchied der</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Religion</fw></note><lb/></p> </body> </text> </TEI> [43/0049]
Geſellſchaft treten, wird in der Folge ge-
zeigt werden. Mithin iſt auch die Erzie-
hungs-
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*) anders verſtanden, und wenn ſie gefragt worden
waͤren, ſo und nicht anders erklaͤrt haben wuͤrden;
ſo muß dieſe moraliſch gewiſſe Erklaͤrung, als eine
ſtillſchweigende, vorausgeſetzte Bedingung des
Contrakts angenommen, vor Gericht eben ſo guͤl-
tig ſeyn, als wenn ſie ausdruͤcklich verabredet wor-
den waͤre. Nun iſt offenbar, daß das Ehepaar bey
Schlieſſung des Contrakts, da ſie beiderfeits, we-
nigſtens aͤuſſerlich, noch der juͤdiſchen Religion zu-
gethan geweſen, keinen andern Sinn gehabt als
den gemeinſchaftlichen Hausſtand nach juͤdiſchen
Lebensregeln zu fuͤhren, und die Kinder nach juͤdi-
ſchen Grundſaͤtzen zu erziehen. Wenigſtens hat
die Partey, der es um die Religion ein Ernſt war,
nichts anders voraus ſetzen koͤnnen, und waͤre da-
mals eine Veraͤnderung von dieſer Art beſorglich
geweſen, und die Bedingung zur Sprache gekom-
men, ſie wuͤrde ſich ſicherlich nicht anders erklaͤrt
haben. Sie wußte und erwartete nichts anders,
als einen Hausſtand nach vaͤterlichen Lebensregeln
anzutreten, und Kinder zu erzeugen, die ſie nach
vaͤterlichen Grundſaͤtzen wuͤrde erziehen koͤnnen.
Wenn dieſer Perſon der Unterſchied wichtig iſt,
wenn es notoriſch iſt, daß ihr der Unterſchied der
Religion
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