Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Nebenmensch ein unvollkommenes Recht.
Da aber der Genuß dieses Rechts wenig-
stens in vielen Fällen zur Erhaltung nicht
unumgänglich nothwendig ist; so ist es ein
entbehrliches Gut, das, vermöge des Er-
wiesenen, abgetreten, und vermittelst einer
hinlänglichen Willenserklärung, einem An-
dern überlassen werden kann. Eine Hand-
lung, wodurch dieses geschiehet, heißt ein
Versprechen, und wenn von der andern
Seite die Annahme hinzukömmt, d.i. die
Einwilligung in dieses Uebertragen der
Rechte hinlänglich zu erkennen gegeben
wird; so entstehet ein Vertrag. Demnach
ist ein Vertrag nichts anders, als von der
einen Seite die Ueberlassung, und von der
andern Seite, die Annahme des Rechts,
in Absicht auf gewisse, dem Versprecher
entbehrliche Güter, die Collisionsfälle zu
entscheiden.

Ein solcher Vertrag muß vermöge des
vorhin Erwiesenen, gehalten werden. Das
Entscheidungsrecht, welches vorhin einen
Theil meiner Güter ausmachte, d. i. das
Meine war, ist durch diese Abtretung das

Gut
D 2

Nebenmenſch ein unvollkommenes Recht.
Da aber der Genuß dieſes Rechts wenig-
ſtens in vielen Faͤllen zur Erhaltung nicht
unumgaͤnglich nothwendig iſt; ſo iſt es ein
entbehrliches Gut, das, vermoͤge des Er-
wieſenen, abgetreten, und vermittelſt einer
hinlaͤnglichen Willenserklaͤrung, einem An-
dern uͤberlaſſen werden kann. Eine Hand-
lung, wodurch dieſes geſchiehet, heißt ein
Verſprechen, und wenn von der andern
Seite die Annahme hinzukoͤmmt, d.i. die
Einwilligung in dieſes Uebertragen der
Rechte hinlaͤnglich zu erkennen gegeben
wird; ſo entſtehet ein Vertrag. Demnach
iſt ein Vertrag nichts anders, als von der
einen Seite die Ueberlaſſung, und von der
andern Seite, die Annahme des Rechts,
in Abſicht auf gewiſſe, dem Verſprecher
entbehrliche Guͤter, die Colliſionsfaͤlle zu
entſcheiden.

Ein ſolcher Vertrag muß vermoͤge des
vorhin Erwieſenen, gehalten werden. Das
Entſcheidungsrecht, welches vorhin einen
Theil meiner Guͤter ausmachte, d. i. das
Meine war, iſt durch dieſe Abtretung das

Gut
D 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0057" n="51"/>
Nebenmen&#x017F;ch ein unvollkommenes Recht.<lb/>
Da aber der Genuß die&#x017F;es Rechts wenig-<lb/>
&#x017F;tens in vielen Fa&#x0364;llen zur Erhaltung nicht<lb/>
unumga&#x0364;nglich nothwendig i&#x017F;t; &#x017F;o i&#x017F;t es ein<lb/>
entbehrliches Gut, das, vermo&#x0364;ge des Er-<lb/>
wie&#x017F;enen, abgetreten, und vermittel&#x017F;t einer<lb/>
hinla&#x0364;nglichen Willenserkla&#x0364;rung, einem An-<lb/>
dern u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en werden kann. Eine Hand-<lb/>
lung, wodurch die&#x017F;es ge&#x017F;chiehet, heißt ein<lb/><hi rendition="#fr">Ver&#x017F;prechen</hi>, und wenn von der andern<lb/>
Seite die Annahme hinzuko&#x0364;mmt, d.i. die<lb/>
Einwilligung in die&#x017F;es Uebertragen der<lb/>
Rechte hinla&#x0364;nglich zu erkennen gegeben<lb/>
wird; &#x017F;o ent&#x017F;tehet ein <hi rendition="#fr">Vertrag</hi>. Demnach<lb/>
i&#x017F;t ein Vertrag nichts anders, als von der<lb/>
einen Seite die Ueberla&#x017F;&#x017F;ung, und von der<lb/>
andern Seite, die Annahme des Rechts,<lb/>
in Ab&#x017F;icht auf gewi&#x017F;&#x017F;e, dem Ver&#x017F;precher<lb/>
entbehrliche Gu&#x0364;ter, die Colli&#x017F;ionsfa&#x0364;lle zu<lb/>
ent&#x017F;cheiden.</p><lb/>
      <p>Ein &#x017F;olcher Vertrag muß vermo&#x0364;ge des<lb/>
vorhin Erwie&#x017F;enen, gehalten werden. Das<lb/>
Ent&#x017F;cheidungsrecht, welches vorhin einen<lb/>
Theil meiner Gu&#x0364;ter ausmachte, d. i. das<lb/>
Meine war, i&#x017F;t durch die&#x017F;e Abtretung das<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Gut</fw><lb/></p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[51/0057] Nebenmenſch ein unvollkommenes Recht. Da aber der Genuß dieſes Rechts wenig- ſtens in vielen Faͤllen zur Erhaltung nicht unumgaͤnglich nothwendig iſt; ſo iſt es ein entbehrliches Gut, das, vermoͤge des Er- wieſenen, abgetreten, und vermittelſt einer hinlaͤnglichen Willenserklaͤrung, einem An- dern uͤberlaſſen werden kann. Eine Hand- lung, wodurch dieſes geſchiehet, heißt ein Verſprechen, und wenn von der andern Seite die Annahme hinzukoͤmmt, d.i. die Einwilligung in dieſes Uebertragen der Rechte hinlaͤnglich zu erkennen gegeben wird; ſo entſtehet ein Vertrag. Demnach iſt ein Vertrag nichts anders, als von der einen Seite die Ueberlaſſung, und von der andern Seite, die Annahme des Rechts, in Abſicht auf gewiſſe, dem Verſprecher entbehrliche Guͤter, die Colliſionsfaͤlle zu entſcheiden. Ein ſolcher Vertrag muß vermoͤge des vorhin Erwieſenen, gehalten werden. Das Entſcheidungsrecht, welches vorhin einen Theil meiner Guͤter ausmachte, d. i. das Meine war, iſt durch dieſe Abtretung das Gut D 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mendelssohn_jerusalem_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mendelssohn_jerusalem_1783/57
Zitationshilfe: Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mendelssohn_jerusalem_1783/57>, abgerufen am 21.11.2024.