Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828.ter in der poetischen Auffassung des Lebens, der Indem solche freie Geister sich über die histori¬ ter in der poetiſchen Auffaſſung des Lebens, der Indem ſolche freie Geiſter ſich uͤber die hiſtori¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0117" n="107"/> ter in der poetiſchen Auffaſſung des Lebens, der<lb/> Kunſt und der Charaktere des Mittelalters, Goͤrres<lb/> als Philoſoph in der reifſten organiſchen Entfaltung<lb/> der altkatholiſchen Grundidee, jene Myſtik wieder¬<lb/> weckt und ihr Raͤthſel uns geloͤst. Franz Baader<lb/> hat ſogar den Verſuch gemacht, die ſpaͤtere Myſtik,<lb/> die aus dem Pietismus der Proteſtanten hervorge¬<lb/> gangen, namentlich die Myſtik Jakob Boͤhmens, fuͤr<lb/> den Katholicismus zu vindiciren. Dergleichen Er¬<lb/> ſcheinungen ſind bedeutungsvoll, da ſie eine Annaͤhe¬<lb/> rung der nur dem Namen nach getrennten, der Idee<lb/> nach verwandten Parteien bezeichnen.</p><lb/> <p>Indem ſolche freie Geiſter ſich uͤber die hiſtori¬<lb/> ſchen Entwickelungen und uͤber den materillen Ver¬<lb/> fall der Kirche erhoben haben, ſind ſie ſehr verſchie¬<lb/> den von den befangenen Geiſtern, welche nur die<lb/> Erſcheinung, die gegenwaͤrtige, verderbte anerkennen<lb/> und vertheidigen, wiewohl ſie dieſen wenigſtens ge¬<lb/> gen die Proteſtanten gelegen kommen. An den Ver¬<lb/> tretern einer hinfaͤlligen Erſcheinung mag man frei¬<lb/> lich vieles auszuſetzen finden, doch ſoll man nicht<lb/> vergeſſen, was die Barbarei, die jeden Kriegszuſtand<lb/> begleitet, dabei verſchuldet hat, ſo gut wie manche<lb/> Gebrechen des Proteſtantismus durch denſelben Um¬<lb/> ſtand entſchuldigt werden. Der Glauben iſt das<lb/> Schoͤnſte im Reich der Geiſter, wie das Weib das<lb/> Schoͤnſte in der Natur. Beide verzerren ſich in die<lb/> aͤußerſte Haͤßlichkeit, wenn ſie ſtatt Liebe Haß fin¬<lb/> den, und in ohnmaͤchtigem Kampfe doch nicht ſterben<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [107/0117]
ter in der poetiſchen Auffaſſung des Lebens, der
Kunſt und der Charaktere des Mittelalters, Goͤrres
als Philoſoph in der reifſten organiſchen Entfaltung
der altkatholiſchen Grundidee, jene Myſtik wieder¬
weckt und ihr Raͤthſel uns geloͤst. Franz Baader
hat ſogar den Verſuch gemacht, die ſpaͤtere Myſtik,
die aus dem Pietismus der Proteſtanten hervorge¬
gangen, namentlich die Myſtik Jakob Boͤhmens, fuͤr
den Katholicismus zu vindiciren. Dergleichen Er¬
ſcheinungen ſind bedeutungsvoll, da ſie eine Annaͤhe¬
rung der nur dem Namen nach getrennten, der Idee
nach verwandten Parteien bezeichnen.
Indem ſolche freie Geiſter ſich uͤber die hiſtori¬
ſchen Entwickelungen und uͤber den materillen Ver¬
fall der Kirche erhoben haben, ſind ſie ſehr verſchie¬
den von den befangenen Geiſtern, welche nur die
Erſcheinung, die gegenwaͤrtige, verderbte anerkennen
und vertheidigen, wiewohl ſie dieſen wenigſtens ge¬
gen die Proteſtanten gelegen kommen. An den Ver¬
tretern einer hinfaͤlligen Erſcheinung mag man frei¬
lich vieles auszuſetzen finden, doch ſoll man nicht
vergeſſen, was die Barbarei, die jeden Kriegszuſtand
begleitet, dabei verſchuldet hat, ſo gut wie manche
Gebrechen des Proteſtantismus durch denſelben Um¬
ſtand entſchuldigt werden. Der Glauben iſt das
Schoͤnſte im Reich der Geiſter, wie das Weib das
Schoͤnſte in der Natur. Beide verzerren ſich in die
aͤußerſte Haͤßlichkeit, wenn ſie ſtatt Liebe Haß fin¬
den, und in ohnmaͤchtigem Kampfe doch nicht ſterben
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