Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 2. Stuttgart, 1828.Tiefsinn und an einer gewissen Gluth der Andacht, Desto wichtiger ist die zweite Gattung geworden. Hoffmann machte leibhaftig mit dem Teufel Tiefſinn und an einer gewiſſen Gluth der Andacht, Deſto wichtiger iſt die zweite Gattung geworden. Hoffmann machte leibhaftig mit dem Teufel <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0115" n="105"/> Tiefſinn und an einer gewiſſen Gluth der Andacht,<lb/> beſonders in den lyriſchen Stellen, die ihnen außer¬<lb/> halb der Buͤhne einen Werth verleihen. Auch hat er<lb/> faſt immer nur die Lichtſeite jenes Fatalismus auf¬<lb/> gefaßt, ſein einziges vollkommnes Nachtſtuͤck war der<lb/> vierundzwanzigſte Februar. In den letzten Jahren<lb/> iſt jene erſte Gattung der fataliſtiſchen Poeſie mit<lb/> dem ganzen Apparat von myſtiſchen Geſellſchaften und<lb/> menſchenbegluͤckenden Zauberbuͤnden im Verborgnen bei¬<lb/> nah verſchollen. Man lacht nur noch daruͤber.</p><lb/> <p>Deſto wichtiger iſt die zweite Gattung geworden.<lb/> welche denſelben Fatalismus aber von der Nachtſeite<lb/> auffaßt. Hier ſind die ſchwarzen daͤmoniſchen Maͤchte<lb/> die geheimen Maſchiniſten des Wunderbaren, und man<lb/> hat ſie bald mehr in chriſtlichem Sinn als den Teu¬<lb/> fel, den Verſucher und Verderber, bald mehr im<lb/> antiken Sinn als die Nemeſis oder als die Hekate<lb/> und die Furien dargeſtellt, und zwar wieder bald in<lb/> Romanen und Novellen, bald in Tragoͤdien. Dort<lb/> war Hoffmann, hier iſt Muͤllner der Chorfuͤhrer.<lb/> Beide haben unzaͤhlige Nachahmer gefunden und ſind<lb/> gegenwaͤrtig noch ſtark in der Mode.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Hoffmann</hi> machte leibhaftig mit dem Teufel<lb/> ein Buͤndniß, aber nur, um ihn und ſich dadurch in<lb/> die Poeſie einzufuͤhren. Dieſen etwas bizarren Ge¬<lb/> ſchmack mußte die Originalitaͤt und der fruͤher ſchaa¬<lb/> renweis emigrirte, jetzt ſchaarenweis heimkehrende<lb/> Aberglaube beſchoͤnigen und zuletzt konnte der Dichter<lb/> ſich immer wie in eine unuͤberwindliche Feſtung auf<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [105/0115]
Tiefſinn und an einer gewiſſen Gluth der Andacht,
beſonders in den lyriſchen Stellen, die ihnen außer¬
halb der Buͤhne einen Werth verleihen. Auch hat er
faſt immer nur die Lichtſeite jenes Fatalismus auf¬
gefaßt, ſein einziges vollkommnes Nachtſtuͤck war der
vierundzwanzigſte Februar. In den letzten Jahren
iſt jene erſte Gattung der fataliſtiſchen Poeſie mit
dem ganzen Apparat von myſtiſchen Geſellſchaften und
menſchenbegluͤckenden Zauberbuͤnden im Verborgnen bei¬
nah verſchollen. Man lacht nur noch daruͤber.
Deſto wichtiger iſt die zweite Gattung geworden.
welche denſelben Fatalismus aber von der Nachtſeite
auffaßt. Hier ſind die ſchwarzen daͤmoniſchen Maͤchte
die geheimen Maſchiniſten des Wunderbaren, und man
hat ſie bald mehr in chriſtlichem Sinn als den Teu¬
fel, den Verſucher und Verderber, bald mehr im
antiken Sinn als die Nemeſis oder als die Hekate
und die Furien dargeſtellt, und zwar wieder bald in
Romanen und Novellen, bald in Tragoͤdien. Dort
war Hoffmann, hier iſt Muͤllner der Chorfuͤhrer.
Beide haben unzaͤhlige Nachahmer gefunden und ſind
gegenwaͤrtig noch ſtark in der Mode.
Hoffmann machte leibhaftig mit dem Teufel
ein Buͤndniß, aber nur, um ihn und ſich dadurch in
die Poeſie einzufuͤhren. Dieſen etwas bizarren Ge¬
ſchmack mußte die Originalitaͤt und der fruͤher ſchaa¬
renweis emigrirte, jetzt ſchaarenweis heimkehrende
Aberglaube beſchoͤnigen und zuletzt konnte der Dichter
ſich immer wie in eine unuͤberwindliche Feſtung auf
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