Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 2. Stuttgart, 1828.

Bild:
<< vorherige Seite

wärts zu dem geheimsten Wesen der Materie führt,
und in der Richtung, welche von den physischen Er¬
scheinungen im Menschen zu den psychischen führt.
In allen diesen Richtungen reicht die menschliche Er¬
kenntniß nur bis zu einer gewissen Gränze und jen¬
seit derselben beginnt statt der Wissenschaft die Hy¬
pothesenjägerei oder die Poesie, an deren Resultate
man nur noch einen ästhetischen Maaßstab anlegen
kann, die aber allerdings zu den reizendsten Dichtun¬
gen gehören.

In drei Richtungen gränzt das Reich des Wis¬
sens an ein unbekanntes Reich, wo nur die Ahnung
eindringt. Zuerst in der Astronomie. Wir haben
nur einen Punkt, von wo aus unser schwacher, kur¬
zer Blick eine verhältnißmäßig nur enge Sphäre in
der Unermeßlichkeit des Weltalls überschaut; und
was wir schauen, sind nur Wirkungen unbekannter
Ursachen, und ihre Erkenntniß ist durch das relative
Verhältniß unsres Planeten und unsres Erkenntni߬
vermögens bedingt. Nur in der kleinen Sphäre un¬
sres Sonnensystems ist es uns möglich, die Erschei¬
nungen
der darin begriffenen Himmelskörper zu er¬
kennen, und sofern dieselben regelmäßig erfolgen, ist
es uns möglich, auch diese Regel zu begreifen. Die
wahre Ursache dieser Erscheinungen aber, wie das
Unregelmäßige daran, z. B. der Cometen, bleibt uns
ein Räthsel. Endlich bleibt uns alles, was jenseits
unsers Sonnensystems liegt, ewig verborgen. Wir
sehn einige benachbarte Fixsterne, wir bemerken hin

waͤrts zu dem geheimſten Weſen der Materie fuͤhrt,
und in der Richtung, welche von den phyſiſchen Er¬
ſcheinungen im Menſchen zu den pſychiſchen fuͤhrt.
In allen dieſen Richtungen reicht die menſchliche Er¬
kenntniß nur bis zu einer gewiſſen Graͤnze und jen¬
ſeit derſelben beginnt ſtatt der Wiſſenſchaft die Hy¬
potheſenjaͤgerei oder die Poeſie, an deren Reſultate
man nur noch einen aͤſthetiſchen Maaßſtab anlegen
kann, die aber allerdings zu den reizendſten Dichtun¬
gen gehoͤren.

In drei Richtungen graͤnzt das Reich des Wiſ¬
ſens an ein unbekanntes Reich, wo nur die Ahnung
eindringt. Zuerſt in der Aſtronomie. Wir haben
nur einen Punkt, von wo aus unſer ſchwacher, kur¬
zer Blick eine verhaͤltnißmaͤßig nur enge Sphaͤre in
der Unermeßlichkeit des Weltalls uͤberſchaut; und
was wir ſchauen, ſind nur Wirkungen unbekannter
Urſachen, und ihre Erkenntniß iſt durch das relative
Verhaͤltniß unſres Planeten und unſres Erkenntni߬
vermoͤgens bedingt. Nur in der kleinen Sphaͤre un¬
ſres Sonnenſyſtems iſt es uns moͤglich, die Erſchei¬
nungen
der darin begriffenen Himmelskoͤrper zu er¬
kennen, und ſofern dieſelben regelmaͤßig erfolgen, iſt
es uns moͤglich, auch dieſe Regel zu begreifen. Die
wahre Urſache dieſer Erſcheinungen aber, wie das
Unregelmaͤßige daran, z. B. der Cometen, bleibt uns
ein Raͤthſel. Endlich bleibt uns alles, was jenſeits
unſers Sonnenſyſtems liegt, ewig verborgen. Wir
ſehn einige benachbarte Fixſterne, wir bemerken hin

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0017" n="7"/>
wa&#x0364;rts zu dem geheim&#x017F;ten We&#x017F;en der Materie fu&#x0364;hrt,<lb/>
und in der Richtung, welche von den phy&#x017F;i&#x017F;chen Er¬<lb/>
&#x017F;cheinungen im Men&#x017F;chen zu den p&#x017F;ychi&#x017F;chen fu&#x0364;hrt.<lb/>
In allen die&#x017F;en Richtungen reicht die men&#x017F;chliche Er¬<lb/>
kenntniß nur bis zu einer gewi&#x017F;&#x017F;en Gra&#x0364;nze und jen¬<lb/>
&#x017F;eit der&#x017F;elben beginnt &#x017F;tatt der Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft die Hy¬<lb/>
pothe&#x017F;enja&#x0364;gerei oder die Poe&#x017F;ie, an deren Re&#x017F;ultate<lb/>
man nur noch einen a&#x0364;&#x017F;theti&#x017F;chen Maaß&#x017F;tab anlegen<lb/>
kann, die aber allerdings zu den reizend&#x017F;ten Dichtun¬<lb/>
gen geho&#x0364;ren.</p><lb/>
        <p>In drei Richtungen gra&#x0364;nzt das Reich des Wi&#x017F;¬<lb/>
&#x017F;ens an ein unbekanntes Reich, wo nur die Ahnung<lb/>
eindringt. Zuer&#x017F;t in der A&#x017F;tronomie. Wir haben<lb/>
nur einen Punkt, von wo aus un&#x017F;er &#x017F;chwacher, kur¬<lb/>
zer Blick eine verha&#x0364;ltnißma&#x0364;ßig nur enge Spha&#x0364;re in<lb/>
der Unermeßlichkeit des Weltalls u&#x0364;ber&#x017F;chaut; und<lb/>
was wir &#x017F;chauen, &#x017F;ind nur Wirkungen unbekannter<lb/>
Ur&#x017F;achen, und ihre Erkenntniß i&#x017F;t durch das relative<lb/>
Verha&#x0364;ltniß un&#x017F;res Planeten und un&#x017F;res Erkenntni߬<lb/>
vermo&#x0364;gens bedingt. Nur in der kleinen Spha&#x0364;re un¬<lb/>
&#x017F;res Sonnen&#x017F;y&#x017F;tems i&#x017F;t es uns mo&#x0364;glich, die <hi rendition="#g">Er&#x017F;chei¬<lb/>
nungen</hi> der darin begriffenen Himmelsko&#x0364;rper zu er¬<lb/>
kennen, und &#x017F;ofern die&#x017F;elben regelma&#x0364;ßig erfolgen, i&#x017F;t<lb/>
es uns mo&#x0364;glich, auch die&#x017F;e Regel zu begreifen. Die<lb/>
wahre Ur&#x017F;ache die&#x017F;er Er&#x017F;cheinungen aber, wie das<lb/>
Unregelma&#x0364;ßige daran, z. B. der Cometen, bleibt uns<lb/>
ein Ra&#x0364;th&#x017F;el. Endlich bleibt uns alles, was jen&#x017F;eits<lb/>
un&#x017F;ers Sonnen&#x017F;y&#x017F;tems liegt, ewig verborgen. Wir<lb/>
&#x017F;ehn einige benachbarte Fix&#x017F;terne, wir bemerken hin<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[7/0017] waͤrts zu dem geheimſten Weſen der Materie fuͤhrt, und in der Richtung, welche von den phyſiſchen Er¬ ſcheinungen im Menſchen zu den pſychiſchen fuͤhrt. In allen dieſen Richtungen reicht die menſchliche Er¬ kenntniß nur bis zu einer gewiſſen Graͤnze und jen¬ ſeit derſelben beginnt ſtatt der Wiſſenſchaft die Hy¬ potheſenjaͤgerei oder die Poeſie, an deren Reſultate man nur noch einen aͤſthetiſchen Maaßſtab anlegen kann, die aber allerdings zu den reizendſten Dichtun¬ gen gehoͤren. In drei Richtungen graͤnzt das Reich des Wiſ¬ ſens an ein unbekanntes Reich, wo nur die Ahnung eindringt. Zuerſt in der Aſtronomie. Wir haben nur einen Punkt, von wo aus unſer ſchwacher, kur¬ zer Blick eine verhaͤltnißmaͤßig nur enge Sphaͤre in der Unermeßlichkeit des Weltalls uͤberſchaut; und was wir ſchauen, ſind nur Wirkungen unbekannter Urſachen, und ihre Erkenntniß iſt durch das relative Verhaͤltniß unſres Planeten und unſres Erkenntni߬ vermoͤgens bedingt. Nur in der kleinen Sphaͤre un¬ ſres Sonnenſyſtems iſt es uns moͤglich, die Erſchei¬ nungen der darin begriffenen Himmelskoͤrper zu er¬ kennen, und ſofern dieſelben regelmaͤßig erfolgen, iſt es uns moͤglich, auch dieſe Regel zu begreifen. Die wahre Urſache dieſer Erſcheinungen aber, wie das Unregelmaͤßige daran, z. B. der Cometen, bleibt uns ein Raͤthſel. Endlich bleibt uns alles, was jenſeits unſers Sonnenſyſtems liegt, ewig verborgen. Wir ſehn einige benachbarte Fixſterne, wir bemerken hin

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur02_1828
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur02_1828/17
Zitationshilfe: Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 2. Stuttgart, 1828, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur02_1828/17>, abgerufen am 21.11.2024.