1) Gypsestrich. Gilly giebt hiervon folgende Beschreibung: Jn einigen Gegenden wo viel Gyps, dagegen aber wenig Holz ist, z. B. im Magdeburgschen, Halberstädtschen, werden sowohl in den Wohnungen als in den Wirthschaftsgebäuden, und vorzüglich auf den Kornböden sogenannte Gypsestriche anstatt der Dielenböden angefer- tigt, und zwar folgendermaßen:
(Anmerkung. Jn den Wohnzimmern suche man jedoch die Gypsfußboden zu vermeiden, weil sie sehr kälten und der Gesund- heit nachtheilig sind.)
Jn der untern Etage über gewölbten Kellern werden die Ge- wölbe wie gewöhnlich mit Erde oder Schutt ausgefüllt, mit Sand ge- ebnet und hierauf der Gyps gegossen; jedoch ist auf Trockenheit dieser Ausfüllung zu sehen, indem der Gyps nur in trocknen Räu- men dauerhaft ist. Jn den oberen Etagen werden die Decken mit Staakhölzern, welche mit Lehmstroh umwunden und in die Balken geschoben werden, dergestalt ausgewindelt, daß die Ausfüllung der Fächer zwischen den Balken mit deren Oberfläche bündig oder gleich sei; dahingegen stehen die Balken unten vor, oder es bleibt unten ein Theil ihrer Höhe oder Dicke sichtbar; hat man schwache Balken, die durch Falzen noch mehr geschwächt werden können, so werden die mit Lehmstaaken umwundenen Staakhölzer nur oben auf die Balken über- gelegt, in welchem Falle die ganze Dicke oder Höhe der Balken von unten sichtbar bleibt. Jn beiden Fällen werden die Lehmfache von unten geebnet, die Balken gespriegelt oder geputzt; wollte man aber auch von unten eine ganz gerade Decke haben, so müssen die Balken mit Brettern verschalt und darauf gerohrt und geputzt werden.
Ueber die gerade geebneten Windelboden wird etwas trockner Sand gebracht und alsdann der Gypsboden, einen bis einen und drei- viertheil Zoll dick, darauf gegossen ( Zoll würde aber die angemes- senste Dicke sein); von einer Wand ab wird nämlich in einer Entfer- nung von 3--31/2 Fuß eine Latte vollkommen wagerecht befestigt, und dadurch ein so breites Feld abgetheilt, daß solches mit einem Streichholze bequem überreicht werden kann; dieses Feld wird sodann nochmals mit trocknem Sande nach der Wage geebnet. Da sich nun der Gyps auf einer solchen Fläche in Zeit von 36 bis 48 Stunden nach allen Seiten etwa um einen Zoll ausdehnt, so muß bei der Lat- tenlegung an den Wänden herum so viel Spielraum gelassen werden. Ohne diese Vorsicht würde der Gypsboden sich bei der Ausdehnung
§. 67. Eſtriche.
1) Gypseſtrich. Gilly giebt hiervon folgende Beſchreibung: Jn einigen Gegenden wo viel Gyps, dagegen aber wenig Holz iſt, z. B. im Magdeburgſchen, Halberſtädtſchen, werden ſowohl in den Wohnungen als in den Wirthſchaftsgebäuden, und vorzüglich auf den Kornböden ſogenannte Gypseſtriche anſtatt der Dielenböden angefer- tigt, und zwar folgendermaßen:
(Anmerkung. Jn den Wohnzimmern ſuche man jedoch die Gypsfußboden zu vermeiden, weil ſie ſehr kälten und der Geſund- heit nachtheilig ſind.)
Jn der untern Etage über gewölbten Kellern werden die Ge- wölbe wie gewöhnlich mit Erde oder Schutt ausgefüllt, mit Sand ge- ebnet und hierauf der Gyps gegoſſen; jedoch iſt auf Trockenheit dieſer Ausfüllung zu ſehen, indem der Gyps nur in trocknen Räu- men dauerhaft iſt. Jn den oberen Etagen werden die Decken mit Staakhölzern, welche mit Lehmſtroh umwunden und in die Balken geſchoben werden, dergeſtalt ausgewindelt, daß die Ausfüllung der Fächer zwiſchen den Balken mit deren Oberfläche bündig oder gleich ſei; dahingegen ſtehen die Balken unten vor, oder es bleibt unten ein Theil ihrer Höhe oder Dicke ſichtbar; hat man ſchwache Balken, die durch Falzen noch mehr geſchwächt werden können, ſo werden die mit Lehmſtaaken umwundenen Staakhölzer nur oben auf die Balken über- gelegt, in welchem Falle die ganze Dicke oder Höhe der Balken von unten ſichtbar bleibt. Jn beiden Fällen werden die Lehmfache von unten geebnet, die Balken geſpriegelt oder geputzt; wollte man aber auch von unten eine ganz gerade Decke haben, ſo müſſen die Balken mit Brettern verſchalt und darauf gerohrt und geputzt werden.
Ueber die gerade geebneten Windelboden wird etwas trockner Sand gebracht und alsdann der Gypsboden, einen bis einen und drei- viertheil Zoll dick, darauf gegoſſen ( Zoll würde aber die angemeſ- ſenſte Dicke ſein); von einer Wand ab wird nämlich in einer Entfer- nung von 3—3½ Fuß eine Latte vollkommen wagerecht befeſtigt, und dadurch ein ſo breites Feld abgetheilt, daß ſolches mit einem Streichholze bequem überreicht werden kann; dieſes Feld wird ſodann nochmals mit trocknem Sande nach der Wage geebnet. Da ſich nun der Gyps auf einer ſolchen Fläche in Zeit von 36 bis 48 Stunden nach allen Seiten etwa um einen Zoll ausdehnt, ſo muß bei der Lat- tenlegung an den Wänden herum ſo viel Spielraum gelaſſen werden. Ohne dieſe Vorſicht würde der Gypsboden ſich bei der Ausdehnung
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§. 67. Eſtriche.
1) Gypseſtrich. Gilly giebt hiervon folgende Beſchreibung:
Jn einigen Gegenden wo viel Gyps, dagegen aber wenig Holz iſt,
z. B. im Magdeburgſchen, Halberſtädtſchen, werden ſowohl in den
Wohnungen als in den Wirthſchaftsgebäuden, und vorzüglich auf den
Kornböden ſogenannte Gypseſtriche anſtatt der Dielenböden angefer-
tigt, und zwar folgendermaßen:
(Anmerkung. Jn den Wohnzimmern ſuche man jedoch die
Gypsfußboden zu vermeiden, weil ſie ſehr kälten und der Geſund-
heit nachtheilig ſind.)
Jn der untern Etage über gewölbten Kellern werden die Ge-
wölbe wie gewöhnlich mit Erde oder Schutt ausgefüllt, mit Sand ge-
ebnet und hierauf der Gyps gegoſſen; jedoch iſt auf Trockenheit
dieſer Ausfüllung zu ſehen, indem der Gyps nur in trocknen Räu-
men dauerhaft iſt. Jn den oberen Etagen werden die Decken mit
Staakhölzern, welche mit Lehmſtroh umwunden und in die Balken
geſchoben werden, dergeſtalt ausgewindelt, daß die Ausfüllung der
Fächer zwiſchen den Balken mit deren Oberfläche bündig oder gleich
ſei; dahingegen ſtehen die Balken unten vor, oder es bleibt unten ein
Theil ihrer Höhe oder Dicke ſichtbar; hat man ſchwache Balken, die
durch Falzen noch mehr geſchwächt werden können, ſo werden die mit
Lehmſtaaken umwundenen Staakhölzer nur oben auf die Balken über-
gelegt, in welchem Falle die ganze Dicke oder Höhe der Balken von
unten ſichtbar bleibt. Jn beiden Fällen werden die Lehmfache von
unten geebnet, die Balken geſpriegelt oder geputzt; wollte man aber
auch von unten eine ganz gerade Decke haben, ſo müſſen die Balken
mit Brettern verſchalt und darauf gerohrt und geputzt werden.
Ueber die gerade geebneten Windelboden wird etwas trockner
Sand gebracht und alsdann der Gypsboden, einen bis einen und drei-
viertheil Zoll dick, darauf gegoſſen ([FORMEL] Zoll würde aber die angemeſ-
ſenſte Dicke ſein); von einer Wand ab wird nämlich in einer Entfer-
nung von 3—3½ Fuß eine Latte vollkommen wagerecht befeſtigt,
und dadurch ein ſo breites Feld abgetheilt, daß ſolches mit einem
Streichholze bequem überreicht werden kann; dieſes Feld wird ſodann
nochmals mit trocknem Sande nach der Wage geebnet. Da ſich nun
der Gyps auf einer ſolchen Fläche in Zeit von 36 bis 48 Stunden
nach allen Seiten etwa um einen Zoll ausdehnt, ſo muß bei der Lat-
tenlegung an den Wänden herum ſo viel Spielraum gelaſſen werden.
Ohne dieſe Vorſicht würde der Gypsboden ſich bei der Ausdehnung
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Menzel, Carl August (Hrsg.): Der praktische Maurer. Halle, 1847, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_maurer_1847/298>, abgerufen am 22.11.2024.
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