Ein erschreckter Bürger habe ihn benachrichtigt, hinter St. Justina stehe ein gefährlicher Zweikampf bevor zwischen zwei Offizieren der venetianischen Armee. Er sei hin¬ geeilt, von seinen tapfern Leuten zusammenraffend, was er auf dem Wege gefunden, und habe schon von ferne die Gruppe der Kampfbereiten und der um sie versam¬ melten Neugierigen erblickt, auch deutlich erkennen können, wie nur der Eine der Herren Grisonen mit grausamer Wuth und rasenden Geberden auf dem Kampfe bestand, der Andere aber kaltblütig mit Ernst und Würde ihn zu beschwichtigen suchte, von den vernünftigen Vor¬ stellungen und höflichen Bitten der anwesenden padua¬ nischen Bürger hierin unterstützt, und sich dann mäßig und nur gezwungen vertheidigte. Er habe sich seinem Gefolge voran aufs eiligste genähert, um, wie sein ehren¬ volles Amt erheische, seinen Leib als Schranke zwischen die Frevler am Gesetze zu werfen und den Degenspitzen im Namen der Republik Halt zu gebieten. Als er dieß mit eigener Lebensgefahr gethan, sei zwar der Eine gehorsam zurückgewichen, der Andere aber durchbohrt mit einem Fluche zusammengestürzt. Nach seinem Dafür¬ halten habe sich der Sinnlose mit blinder Wuth in die nur zur Vertheidigung ihm entgegengehaltene Waffe des Andern geworfen, einen Augenblick eh' er die beiden Degen mit dem seinigen niedergeschmettert. -- So
Ein erſchreckter Bürger habe ihn benachrichtigt, hinter St. Juſtina ſtehe ein gefährlicher Zweikampf bevor zwiſchen zwei Offizieren der venetianiſchen Armee. Er ſei hin¬ geeilt, von ſeinen tapfern Leuten zuſammenraffend, was er auf dem Wege gefunden, und habe ſchon von ferne die Gruppe der Kampfbereiten und der um ſie verſam¬ melten Neugierigen erblickt, auch deutlich erkennen können, wie nur der Eine der Herren Griſonen mit grauſamer Wuth und raſenden Geberden auf dem Kampfe beſtand, der Andere aber kaltblütig mit Ernſt und Würde ihn zu beſchwichtigen ſuchte, von den vernünftigen Vor¬ ſtellungen und höflichen Bitten der anweſenden padua¬ niſchen Bürger hierin unterſtützt, und ſich dann mäßig und nur gezwungen vertheidigte. Er habe ſich ſeinem Gefolge voran aufs eiligſte genähert, um, wie ſein ehren¬ volles Amt erheiſche, ſeinen Leib als Schranke zwiſchen die Frevler am Geſetze zu werfen und den Degenſpitzen im Namen der Republik Halt zu gebieten. Als er dieß mit eigener Lebensgefahr gethan, ſei zwar der Eine gehorſam zurückgewichen, der Andere aber durchbohrt mit einem Fluche zuſammengeſtürzt. Nach ſeinem Dafür¬ halten habe ſich der Sinnloſe mit blinder Wuth in die nur zur Vertheidigung ihm entgegengehaltene Waffe des Andern geworfen, einen Augenblick eh' er die beiden Degen mit dem ſeinigen niedergeſchmettert. — So
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Ein erſchreckter Bürger habe ihn benachrichtigt, hinter
St. Juſtina ſtehe ein gefährlicher Zweikampf bevor zwiſchen
zwei Offizieren der venetianiſchen Armee. Er ſei hin¬
geeilt, von ſeinen tapfern Leuten zuſammenraffend, was
er auf dem Wege gefunden, und habe ſchon von ferne
die Gruppe der Kampfbereiten und der um ſie verſam¬
melten Neugierigen erblickt, auch deutlich erkennen können,
wie nur der Eine der Herren Griſonen mit grauſamer
Wuth und raſenden Geberden auf dem Kampfe beſtand,
der Andere aber kaltblütig mit Ernſt und Würde ihn
zu beſchwichtigen ſuchte, von den vernünftigen Vor¬
ſtellungen und höflichen Bitten der anweſenden padua¬
niſchen Bürger hierin unterſtützt, und ſich dann mäßig
und nur gezwungen vertheidigte. Er habe ſich ſeinem
Gefolge voran aufs eiligſte genähert, um, wie ſein ehren¬
volles Amt erheiſche, ſeinen Leib als Schranke zwiſchen
die Frevler am Geſetze zu werfen und den Degenſpitzen
im Namen der Republik Halt zu gebieten. Als er dieß
mit eigener Lebensgefahr gethan, ſei zwar der Eine
gehorſam zurückgewichen, der Andere aber durchbohrt
mit einem Fluche zuſammengeſtürzt. Nach ſeinem Dafür¬
halten habe ſich der Sinnloſe mit blinder Wuth in die
nur zur Vertheidigung ihm entgegengehaltene Waffe des
Andern geworfen, einen Augenblick eh' er die beiden
Degen mit dem ſeinigen niedergeſchmettert. — So
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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/201>, abgerufen am 23.11.2024.
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