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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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meister eine alte Erinnerung auf: der Brand von
Berbenn. Er sah Jürg, die schöne Leiche in den
Armen, mit jenem aus Gluth und Kälte gemischten
Ausdrucke, den er nie hatte vergessen können. Wie
kommt es, fragte er sich, daß Jürg heute auf dem
Gipfel des Ruhmes gerade so drein schaut, wie damals
in der Tiefe des Elends?

"Seht einmal," flüsterte Sprecher durch die gleich¬
gültige Haltung des ihn nicht beachtenden Reiters ge¬
reizt, "der Abtrünnige trägt die Ordenskette St. Jacobi
von Compostella!"

Waser antwortete nicht, denn ihm zu Häupten
ertönte -- eine Seltenheit zu Anfang des Frühjahrs --
dumpfes Donnerrollen und jäh zerriß ein falber Blitz
die niederhangenden Wolken.

"Der Strahl des Gerichts!" murmelte Sprecher
erbleichend.

Auch Waser glaubte, Feuer vom Himmel habe den
Trotzigen getroffen; aber als seine geblendeten Augen
wieder aufblickten, saß Jenatsch unbewegt auf dem sich
bäumenden, stampfenden Rappen. Er zwang sein Thier
mit fester Hand. Er allein schien Blitz und Donner
nicht bemerkt zu haben.

Waser verweilte nicht mehr lange. Es drängte

meiſter eine alte Erinnerung auf: der Brand von
Berbenn. Er ſah Jürg, die ſchöne Leiche in den
Armen, mit jenem aus Gluth und Kälte gemiſchten
Ausdrucke, den er nie hatte vergeſſen können. Wie
kommt es, fragte er ſich, daß Jürg heute auf dem
Gipfel des Ruhmes gerade ſo drein ſchaut, wie damals
in der Tiefe des Elends?

„Seht einmal,“ flüſterte Sprecher durch die gleich¬
gültige Haltung des ihn nicht beachtenden Reiters ge¬
reizt, „der Abtrünnige trägt die Ordenskette St. Jacobi
von Compoſtella!“

Waſer antwortete nicht, denn ihm zu Häupten
ertönte — eine Seltenheit zu Anfang des Frühjahrs —
dumpfes Donnerrollen und jäh zerriß ein falber Blitz
die niederhangenden Wolken.

„Der Strahl des Gerichts!“ murmelte Sprecher
erbleichend.

Auch Waſer glaubte, Feuer vom Himmel habe den
Trotzigen getroffen; aber als ſeine geblendeten Augen
wieder aufblickten, ſaß Jenatſch unbewegt auf dem ſich
bäumenden, ſtampfenden Rappen. Er zwang ſein Thier
mit feſter Hand. Er allein ſchien Blitz und Donner
nicht bemerkt zu haben.

Waſer verweilte nicht mehr lange. Es drängte

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[382/0392] meiſter eine alte Erinnerung auf: der Brand von Berbenn. Er ſah Jürg, die ſchöne Leiche in den Armen, mit jenem aus Gluth und Kälte gemiſchten Ausdrucke, den er nie hatte vergeſſen können. Wie kommt es, fragte er ſich, daß Jürg heute auf dem Gipfel des Ruhmes gerade ſo drein ſchaut, wie damals in der Tiefe des Elends? „Seht einmal,“ flüſterte Sprecher durch die gleich¬ gültige Haltung des ihn nicht beachtenden Reiters ge¬ reizt, „der Abtrünnige trägt die Ordenskette St. Jacobi von Compoſtella!“ Waſer antwortete nicht, denn ihm zu Häupten ertönte — eine Seltenheit zu Anfang des Frühjahrs — dumpfes Donnerrollen und jäh zerriß ein falber Blitz die niederhangenden Wolken. „Der Strahl des Gerichts!“ murmelte Sprecher erbleichend. Auch Waſer glaubte, Feuer vom Himmel habe den Trotzigen getroffen; aber als ſeine geblendeten Augen wieder aufblickten, ſaß Jenatſch unbewegt auf dem ſich bäumenden, ſtampfenden Rappen. Er zwang ſein Thier mit feſter Hand. Er allein ſchien Blitz und Donner nicht bemerkt zu haben. Waſer verweilte nicht mehr lange. Es drängte

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/392>, abgerufen am 22.11.2024.