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Meyer, Leonhardt: Theatrum Historicvm [...] Erzehlung der fürnemsten und nuzlichsten Historien und Geschichten. Schaffhausen, 1665.

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Herr von Thou/ und Herr Desfiat zwej vornehme Herren zu Lyon hingerichtet. Im Jahr 1642. den 12. Herbstmonat wurde Henrich Desfiat de Cinq Mars/ Groß Staklmeister Königl. Majestet in Frankreich/ aus seiner Gefängniß für Gericht gestellet/ und von dem Herrn Presidenten von Grenoble/ samt vielen andern Parlaments Herren/ welche der Konig absonderlich dazu ernennet/ angehöret: und nachdem er seine Aussage gethan/ hat er sich vil standhaffter / als zuvor bezeuget: weil er mit grosser ungedult solchen Gerichtstag erwartet.

Auno 1642. Als nun darauf auch der Herr von Thon befraget worden/ ob er von Herren Desfiats Verrähterej wider den König gewust: hat er geantwortet: Ich könte wol längnen/ daß ich solches gewust: weil mich niemand als Herr Desfiat (welcher doch gleichfalls straffbar/ und wider mich nicht zeugen kan) beschuldigen wird. Ist also mein Leben und Tod/ nach den Gesezen/ in meinen Händen: ich bekenne aber willig und ungezwungen/ daß ich wegen angestellter Rottierung gute Wissenschafft getragen: weil ich in dreyen Monaten en meiner Gefängniß/ zu sterben/ und dieses elende Leben zuverachten/ studirte. Die Gestalt des Todes bedunket mich viel schöner/ als das Leben / und will ich eine so gute Gelegenheit/ selig zu sterben/ nicht aus den Händen assen. Zum andern ist mein verbrechen so abscheulich und sträfflich nicht: weil ich zwar nun die Verrähterey gewust: selbe aber beweglich widerrahten und davon abgemahnet: ihn aber/ als meinen vertrauten Freund/ der sich auch meiner Gegentreue versichert/ nicht angeben / und um das Leben bringen wollen: welches ich mir selbsten abspreche/ und mich zu dem Tode verdamme.

Bald hernach hat man ihnen angezeigt/ sie solten sich zu sterben bereit machen: welches sie mit grosser Standhafftigkeit angehöret/ und der Herr von Thou hat mit lachendem Mund zu Herrn Desiat gesagt: Nun wolan? ihr bringt mich um das Leben? Ich hätte ursach mich über euch zubeklagen: ich liebe und danke euch aber deswegen. Es muß mit tapfferem Muht gestorben seyn. Das Paradiß/ für diß Leben/ ist ein guter Tausch. Hierauf haben sie einander umfangen/ und sich erfreut/ mit einander zu sterben/ weil sie in ihrem Leben jederzeit gute Freunde gewesen. Als nun der Gerichtschreiber kame/ welcher ihnen das urtheil fürlesen sollen: hat der Herr von Thou gesagt: Wie lieblich sind die Füsse derer / die fride verkündigen? In dem urtheil sind die Brieffe angezogen worden/ welche Desfiat mit den Spaniern gewechselt: und weil Herr von Thou solches gewust/ und nicht geoffenbaret: sind sie aller Ehren entsezt: zu dem Tod verurtheilet: ihre Güter dem Könige heimgefallen.

Der Herr von Thou hat in seiner Gefängniß sonderlich gelesen deß Bellarmini Büchlein (de arte bene moriendi) von der Kunst wol zu sterben/ sich GOtt ergeben/ die H. Sacrament / gebraucht/ und sich mit einem eifferigem Gebätt getröstet/ sagend: daß dise Standhafftigkeit zu sterben/ welche er erzeigt/ eine besondre Gabe Gottes sej/ und eine unverdiente Gnade/ daß er voll Trostes zu dem Tode geführt werde. Er sagte vielmals die Wort in der 2. an die Cor. am 4. Vnser Trübsal die zeitlich und liecht ist/ schaffet eine ewige/ und über alle masse wichtige Herrlichkeit /

Herr von Thou/ und Herr Desfiat zwej vornehme Herren zu Lyon hingerichtet. Im Jahr 1642. den 12. Herbstmonat wurde Henrich Desfiat de Cinq Mars/ Groß Staklmeister Königl. Majestet in Frankreich/ aus seiner Gefängniß für Gericht gestellet/ und von dem Herrn Presidenten von Grenoble/ samt vielen andern Parlaments Herren/ welche der Konig absonderlich dazu ernennet/ angehöret: und nachdem er seine Aussage gethan/ hat er sich vil standhaffter / als zuvor bezeuget: weil er mit grosser ungedult solchen Gerichtstag erwartet.

Auno 1642. Als nun darauf auch der Herr von Thon befraget worden/ ob er von Herren Desfiats Verrähterej wider den König gewust: hat er geantwortet: Ich könte wol längnen/ daß ich solches gewust: weil mich niemand als Herr Desfiat (welcher doch gleichfalls straffbar/ und wider mich nicht zeugen kan) beschuldigen wird. Ist also mein Leben und Tod/ nach den Gesezen/ in meinen Händen: ich bekenne aber willig und ungezwungen/ daß ich wegen angestellter Rottierung gute Wissenschafft getragen: weil ich in dreyen Monaten en meiner Gefängniß/ zu sterben/ und dieses elende Leben zuverachten/ studirte. Die Gestalt des Todes bedunket mich viel schöner/ als das Leben / und will ich eine so gute Gelegenheit/ selig zu sterben/ nicht aus den Händen assen. Zum andern ist mein verbrechen so abscheulich und sträfflich nicht: weil ich zwar nun die Verrähterey gewust: selbe aber beweglich widerrahten und davon abgemahnet: ihn aber/ als meinen vertrauten Freund/ der sich auch meiner Gegentreue versichert/ nicht angeben / und um das Leben bringen wollen: welches ich mir selbsten abspreche/ und mich zu dem Tode verdamme.

Bald hernach hat man ihnen angezeigt/ sie solten sich zu sterben bereit machen: welches sie mit grosser Standhafftigkeit angehöret/ und der Herr von Thou hat mit lachendem Mund zu Herrn Desiat gesagt: Nun wolan? ihr bringt mich um das Leben? Ich hätte ursach mich über euch zubeklagen: ich liebe und danke euch aber deswegen. Es muß mit tapfferem Muht gestorben seyn. Das Paradiß/ für diß Leben/ ist ein guter Tausch. Hierauf haben sie einander umfangen/ und sich erfreut/ mit einander zu sterben/ weil sie in ihrem Leben jederzeit gute Freunde gewesen. Als nun der Gerichtschreiber kame/ welcher ihnen das urtheil fürlesen sollen: hat der Herr von Thou gesagt: Wie lieblich sind die Füsse derer / die fride verkündigen? In dem urtheil sind die Brieffe angezogen worden/ welche Desfiat mit den Spaniern gewechselt: und weil Herr von Thou solches gewust/ und nicht geoffenbaret: sind sie aller Ehren entsezt: zu dem Tod verurtheilet: ihre Güter dem Könige heimgefallen.

Der Herr von Thou hat in seiner Gefängniß sonderlich gelesen deß Bellarmini Büchlein (de arte bene moriendi) von der Kunst wol zu sterben/ sich GOtt ergeben/ die H. Sacrament / gebraucht/ und sich mit einem eifferigem Gebätt getröstet/ sagend: daß dise Standhafftigkeit zu sterben/ welche er erzeigt/ eine besondre Gabe Gottes sej/ und eine unverdiente Gnade/ daß er voll Trostes zu dem Tode geführt werde. Er sagte vielmals die Wort in der 2. an die Cor. am 4. Vnser Trübsal die zeitlich und liecht ist/ schaffet eine ewige/ und über alle masse wichtige Herrlichkeit /

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        <p><note place="left">Auno 1642.</note> Als nun darauf auch der Herr von Thon befraget            worden/ ob er von Herren Desfiats Verrähterej wider den König gewust: hat er geantwortet:            Ich könte wol längnen/ daß ich solches gewust: weil mich niemand als Herr Desfiat            (welcher doch gleichfalls straffbar/ und wider mich nicht zeugen kan) beschuldigen wird.            Ist also mein Leben und Tod/ nach den Gesezen/ in meinen Händen: ich bekenne aber willig            und ungezwungen/ daß ich wegen angestellter Rottierung gute Wissenschafft getragen: weil            ich in dreyen Monaten en meiner Gefängniß/ zu sterben/ und dieses elende Leben            zuverachten/ studirte. Die Gestalt des Todes bedunket mich viel schöner/ als das Leben /            und will ich eine so gute Gelegenheit/ selig zu sterben/ nicht aus den Händen assen. Zum            andern ist mein verbrechen so abscheulich und sträfflich nicht: weil ich zwar nun die            Verrähterey gewust: selbe aber beweglich widerrahten und davon abgemahnet: ihn aber/ als            meinen vertrauten Freund/ der sich auch meiner Gegentreue versichert/ nicht angeben /            und um das Leben bringen wollen: welches ich mir selbsten abspreche/ und mich zu dem Tode            verdamme.</p>
        <p>Bald hernach hat man ihnen angezeigt/ sie solten sich zu sterben bereit machen: welches            sie mit grosser Standhafftigkeit angehöret/ und der Herr von Thou hat mit lachendem Mund            zu Herrn Desiat gesagt: Nun wolan? ihr bringt mich um das Leben? Ich hätte ursach mich            über euch zubeklagen: ich liebe und danke euch aber deswegen. Es muß mit tapfferem Muht            gestorben seyn. Das Paradiß/ für diß Leben/ ist ein guter Tausch. Hierauf haben sie            einander umfangen/ und sich erfreut/ mit einander zu sterben/ weil sie in ihrem Leben            jederzeit gute Freunde gewesen. Als nun der Gerichtschreiber kame/ welcher ihnen das            urtheil fürlesen sollen: hat der Herr von Thou gesagt: Wie lieblich sind die Füsse derer /            die fride verkündigen? In dem urtheil sind die Brieffe angezogen worden/ welche Desfiat            mit den Spaniern gewechselt: und weil Herr von Thou solches gewust/ und nicht            geoffenbaret: sind sie aller Ehren entsezt: zu dem Tod verurtheilet: ihre Güter dem Könige            heimgefallen.</p>
        <p>Der Herr von Thou hat in seiner Gefängniß sonderlich gelesen deß Bellarmini Büchlein (de            arte bene moriendi) von der Kunst wol zu sterben/ sich GOtt ergeben/ die H. Sacrament /            gebraucht/ und sich mit einem eifferigem Gebätt getröstet/ sagend: daß dise            Standhafftigkeit zu sterben/ welche er erzeigt/ eine besondre Gabe Gottes sej/ und eine            unverdiente Gnade/ daß er voll Trostes zu dem Tode geführt werde. Er sagte vielmals die            Wort in der 2. an die Cor. am 4. Vnser Trübsal die zeitlich und liecht ist/ schaffet eine            ewige/ und über alle masse wichtige Herrlichkeit /
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[414/0452] Im Jahr 1642. den 12. Herbstmonat wurde Henrich Desfiat de Cinq Mars/ Groß Staklmeister Königl. Majestet in Frankreich/ aus seiner Gefängniß für Gericht gestellet/ und von dem Herrn Presidenten von Grenoble/ samt vielen andern Parlaments Herren/ welche der Konig absonderlich dazu ernennet/ angehöret: und nachdem er seine Aussage gethan/ hat er sich vil standhaffter / als zuvor bezeuget: weil er mit grosser ungedult solchen Gerichtstag erwartet. Herr von Thou/ und Herr Desfiat zwej vornehme Herren zu Lyon hingerichtet. Als nun darauf auch der Herr von Thon befraget worden/ ob er von Herren Desfiats Verrähterej wider den König gewust: hat er geantwortet: Ich könte wol längnen/ daß ich solches gewust: weil mich niemand als Herr Desfiat (welcher doch gleichfalls straffbar/ und wider mich nicht zeugen kan) beschuldigen wird. Ist also mein Leben und Tod/ nach den Gesezen/ in meinen Händen: ich bekenne aber willig und ungezwungen/ daß ich wegen angestellter Rottierung gute Wissenschafft getragen: weil ich in dreyen Monaten en meiner Gefängniß/ zu sterben/ und dieses elende Leben zuverachten/ studirte. Die Gestalt des Todes bedunket mich viel schöner/ als das Leben / und will ich eine so gute Gelegenheit/ selig zu sterben/ nicht aus den Händen assen. Zum andern ist mein verbrechen so abscheulich und sträfflich nicht: weil ich zwar nun die Verrähterey gewust: selbe aber beweglich widerrahten und davon abgemahnet: ihn aber/ als meinen vertrauten Freund/ der sich auch meiner Gegentreue versichert/ nicht angeben / und um das Leben bringen wollen: welches ich mir selbsten abspreche/ und mich zu dem Tode verdamme. Auno 1642. Bald hernach hat man ihnen angezeigt/ sie solten sich zu sterben bereit machen: welches sie mit grosser Standhafftigkeit angehöret/ und der Herr von Thou hat mit lachendem Mund zu Herrn Desiat gesagt: Nun wolan? ihr bringt mich um das Leben? Ich hätte ursach mich über euch zubeklagen: ich liebe und danke euch aber deswegen. Es muß mit tapfferem Muht gestorben seyn. Das Paradiß/ für diß Leben/ ist ein guter Tausch. Hierauf haben sie einander umfangen/ und sich erfreut/ mit einander zu sterben/ weil sie in ihrem Leben jederzeit gute Freunde gewesen. Als nun der Gerichtschreiber kame/ welcher ihnen das urtheil fürlesen sollen: hat der Herr von Thou gesagt: Wie lieblich sind die Füsse derer / die fride verkündigen? In dem urtheil sind die Brieffe angezogen worden/ welche Desfiat mit den Spaniern gewechselt: und weil Herr von Thou solches gewust/ und nicht geoffenbaret: sind sie aller Ehren entsezt: zu dem Tod verurtheilet: ihre Güter dem Könige heimgefallen. Der Herr von Thou hat in seiner Gefängniß sonderlich gelesen deß Bellarmini Büchlein (de arte bene moriendi) von der Kunst wol zu sterben/ sich GOtt ergeben/ die H. Sacrament / gebraucht/ und sich mit einem eifferigem Gebätt getröstet/ sagend: daß dise Standhafftigkeit zu sterben/ welche er erzeigt/ eine besondre Gabe Gottes sej/ und eine unverdiente Gnade/ daß er voll Trostes zu dem Tode geführt werde. Er sagte vielmals die Wort in der 2. an die Cor. am 4. Vnser Trübsal die zeitlich und liecht ist/ schaffet eine ewige/ und über alle masse wichtige Herrlichkeit /

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Zitationshilfe: Meyer, Leonhardt: Theatrum Historicvm [...] Erzehlung der fürnemsten und nuzlichsten Historien und Geschichten. Schaffhausen, 1665, S. 414. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_theatrum_1665/452>, abgerufen am 22.11.2024.