Michelet, Karl Ludwig: Die Lösung der gesellschaftlichen Frage. Frankfurt (Oder) u. a., 1849.ins Land ziehen, bis unser ganzes Eigenthum dem Fremden ver- Diese äußersten Richtungen in der Staatswirthschaft haben ins Land ziehen, bis unſer ganzes Eigenthum dem Fremden ver- Dieſe äußerſten Richtungen in der Staatswirthſchaft haben <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0067" n="57"/> ins Land ziehen, bis unſer ganzes Eigenthum dem Fremden ver-<lb/> pfändet iſt. Das iſt das Loos des minder begünſtigten Landes<lb/> beim freien Handel. Nur wenn alle Völker gleiche Laſten hätten,<lb/> könnten auch alle frei mit einander handeln; denn ſie gingen von<lb/> gleichen Vorausſetzungen aus, um gleiche Erfolge zu erzielen.<lb/> Daher muß auch nur innerhalb deſſelben Volkes freier Verkehr<lb/> herrſchen, und jede fremde Waare ausgeſchloſſen bleiben. Ein-<lb/> führende Völker werden ausgeſogen; ausführende bereichern ſich.<lb/> Die Engliſchen Arbeiter arbeiten für’s Ausland, nicht um deſſen<lb/> Erzeugniſſe zu verzehren, ſondern um das Vermögen ihrer Herren<lb/> zu vergrößern. Die Vollendung der Geſellſchaft iſt das <hi rendition="#g">Ein-<lb/> fuhr-Verbot,</hi> — „der <hi rendition="#g">geſchloſſene Handelsſtaat,</hi>‟ wie<lb/> ihn einer unſerer beſten Denker entworfen hat.</p><lb/> <p>Dieſe äußerſten Richtungen in der Staatswirthſchaft haben<lb/> nun einer vermittelnden Lehre das Daſein gegeben, der Lehre von<lb/> der <hi rendition="#g">Handelsbilanz.</hi> Man müſſe weder den Handel mit frem-<lb/> den Völkern ſchlechthin frei laſſen, noch ſchlechthin verbieten; ſon-<lb/> dern das Gleichgewicht fordere, daß man ſo viel Zoll auferlege,<lb/> damit die fremde Waare der einheimiſchen gleichgeſtellt werde,<lb/> wenn ſie an und für ſich wohlfeiler wäre. Die <hi rendition="#g">Differential-<lb/> zölle</hi> würden ſo die wahre Verbrüderung der Völker ſein, als<lb/> der ſynthetiſche Ausdruck zwiſchen Freiheit und Monopol; ſie er-<lb/> kennen die Freiheit an, indem ſie ihr die Bedingungen der Gleich-<lb/> heit auflegen. Zugleich ſchützt ein ſolcher Zoll, weil er nur die<lb/> Concurrenz unter gleichen Kräften zuläßt. Er iſt die Mitte zwi-<lb/> ſchen dem Schutzzoll und der unumſchränkten Freiheit; und durch<lb/> ihn genießen Alle gleichmäßig die Gaben der Natur. — Hier-<lb/> gegen iſt zu bemerken, daß der Differentialzoll die Concurrenz<lb/> vielmehr vollſtändig aufhebt. Denn wenn er genügend iſt, um<lb/> den inländiſchen Gewerbfleiß zu ſchützen, ſo werden nur die in-<lb/> ländiſchen Verkäufer im Lande Abſatz haben. Wenn aber eine<lb/> ausländiſche Erfindung die fremde Waare verbeſſert, und nun mit<lb/> Vortheil gegen das Jnland wetteifert, dann muß dieſes den Dif-<lb/> ferentialzoll wieder erhöhen, damit der heimiſche Arbeiter in der<lb/> Concurrenz nicht unterliege. Wer alſo die Bedingungen der Arbeit<lb/> ausgleichen will, greift den Handel in ſeinem innern Weſen an;<lb/> denn er vernichtet die Concurrenz. — Der Verſuch, der hier ein-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [57/0067]
ins Land ziehen, bis unſer ganzes Eigenthum dem Fremden ver-
pfändet iſt. Das iſt das Loos des minder begünſtigten Landes
beim freien Handel. Nur wenn alle Völker gleiche Laſten hätten,
könnten auch alle frei mit einander handeln; denn ſie gingen von
gleichen Vorausſetzungen aus, um gleiche Erfolge zu erzielen.
Daher muß auch nur innerhalb deſſelben Volkes freier Verkehr
herrſchen, und jede fremde Waare ausgeſchloſſen bleiben. Ein-
führende Völker werden ausgeſogen; ausführende bereichern ſich.
Die Engliſchen Arbeiter arbeiten für’s Ausland, nicht um deſſen
Erzeugniſſe zu verzehren, ſondern um das Vermögen ihrer Herren
zu vergrößern. Die Vollendung der Geſellſchaft iſt das Ein-
fuhr-Verbot, — „der geſchloſſene Handelsſtaat,‟ wie
ihn einer unſerer beſten Denker entworfen hat.
Dieſe äußerſten Richtungen in der Staatswirthſchaft haben
nun einer vermittelnden Lehre das Daſein gegeben, der Lehre von
der Handelsbilanz. Man müſſe weder den Handel mit frem-
den Völkern ſchlechthin frei laſſen, noch ſchlechthin verbieten; ſon-
dern das Gleichgewicht fordere, daß man ſo viel Zoll auferlege,
damit die fremde Waare der einheimiſchen gleichgeſtellt werde,
wenn ſie an und für ſich wohlfeiler wäre. Die Differential-
zölle würden ſo die wahre Verbrüderung der Völker ſein, als
der ſynthetiſche Ausdruck zwiſchen Freiheit und Monopol; ſie er-
kennen die Freiheit an, indem ſie ihr die Bedingungen der Gleich-
heit auflegen. Zugleich ſchützt ein ſolcher Zoll, weil er nur die
Concurrenz unter gleichen Kräften zuläßt. Er iſt die Mitte zwi-
ſchen dem Schutzzoll und der unumſchränkten Freiheit; und durch
ihn genießen Alle gleichmäßig die Gaben der Natur. — Hier-
gegen iſt zu bemerken, daß der Differentialzoll die Concurrenz
vielmehr vollſtändig aufhebt. Denn wenn er genügend iſt, um
den inländiſchen Gewerbfleiß zu ſchützen, ſo werden nur die in-
ländiſchen Verkäufer im Lande Abſatz haben. Wenn aber eine
ausländiſche Erfindung die fremde Waare verbeſſert, und nun mit
Vortheil gegen das Jnland wetteifert, dann muß dieſes den Dif-
ferentialzoll wieder erhöhen, damit der heimiſche Arbeiter in der
Concurrenz nicht unterliege. Wer alſo die Bedingungen der Arbeit
ausgleichen will, greift den Handel in ſeinem innern Weſen an;
denn er vernichtet die Concurrenz. — Der Verſuch, der hier ein-
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