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Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869.

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VI. Die Schweiz und ihr Ruhm.
theuerung" dort zu Hause sei, sondern finde das Mißverhält-
niß zwischen Leistung und Bezifferung in gewissen anderen
Ländern durchschnittlich größer. In Anschlag kommt, daß
die Schweiz seit Langem das Lieblingswandergebiet aller Na-
tionen ist, weil in der That kein anderes Gebirge so reich ge-
segnet ist mit Erhabenem, Schönem, Lieblichem, Alles ver-
hältnißmäßig nahe zusammen liegt, wodurch sein touristischer
Werth, folglich auch Zahl und Ansprüche der Speculanten
darauf erhöht werden; Behörden, Stadt- und Landleute, seit
Generationen vertraut mit Allem, was ein Touristenherz nur
wünschen kann, haben Blick und Schick dafür; die besuchtesten
Landestheile sind auf eine kurze Saison beschränkt; Brodstoffe
müssen eingeführt werden, das Land gehört also nicht unter die
"gesegneten", obwohl viel Milch und Honig da fließt. Mit
alledem soll indeß nicht geleugnet werden, daß auch hier noch
Manches zu wünschen bleibt, namentlich brauchte der Patrio-
tismus der Wirthe nicht, wie es häufig vorkommt, sich so weit
zu erstrecken, daß Jeder von uns Anderen, der nicht im Besitz
des Schwytzerdütsch ist, von ihnen mit Geldbußen belegt wird.
Wenn Sie, m. HH. schweizer Gasthalter, uns Alle wie Lands-
leute behandeln wollten, würden wir Ihnen dagegen den Ge-
fallen thun, die deutsche Orthographie verleugnend, so oft
wir Briefe an Sie richten, nie aus Ihrem Lande ein Adjectiv
mit kleinem Anfangsbuchstaben zu machen, sondern dasselbe,
wie es das eidgenössische Nationalgefühl will, stets substan-
tivisch groß schreiben, also: Schweizerwirth, Schweizerreise,
Schweizerkäse, Schweizersoldat. -- Kehren wir nun zurück
zu unsren ökonomischen Bestrebu[ngen].

Wird im Gasthofe länger verweilt, so ist es wohlgethan,
die Rechnung nicht wochenlang auflaufen zu lassen, ferner
Außergewöhnliches gleich baar zu bezahlen, so daß blos die
täglich wiederkehrenden Sätze auf dem Papier erscheinen und
alles übersichtlich und "glatt" bleibt. -- Nur jugendlicher
Leichtsinn oder Verschwendung nimmt, wo es größere Ein-
käufe zu machen oder zu miethen gibt, Kellner, Hausknechte,

VI. Die Schweiz und ihr Ruhm.
theuerung“ dort zu Hauſe ſei, ſondern finde das Mißverhält-
niß zwiſchen Leiſtung und Bezifferung in gewiſſen anderen
Ländern durchſchnittlich größer. In Anſchlag kommt, daß
die Schweiz ſeit Langem das Lieblingswandergebiet aller Na-
tionen iſt, weil in der That kein anderes Gebirge ſo reich ge-
ſegnet iſt mit Erhabenem, Schönem, Lieblichem, Alles ver-
hältnißmäßig nahe zuſammen liegt, wodurch ſein touriſtiſcher
Werth, folglich auch Zahl und Anſprüche der Speculanten
darauf erhöht werden; Behörden, Stadt- und Landleute, ſeit
Generationen vertraut mit Allem, was ein Touriſtenherz nur
wünſchen kann, haben Blick und Schick dafür; die beſuchteſten
Landestheile ſind auf eine kurze Saiſon beſchränkt; Brodſtoffe
müſſen eingeführt werden, das Land gehört alſo nicht unter die
„geſegneten“, obwohl viel Milch und Honig da fließt. Mit
alledem ſoll indeß nicht geleugnet werden, daß auch hier noch
Manches zu wünſchen bleibt, namentlich brauchte der Patrio-
tismus der Wirthe nicht, wie es häufig vorkommt, ſich ſo weit
zu erſtrecken, daß Jeder von uns Anderen, der nicht im Beſitz
des Schwytzerdütſch iſt, von ihnen mit Geldbußen belegt wird.
Wenn Sie, m. HH. ſchweizer Gaſthalter, uns Alle wie Lands-
leute behandeln wollten, würden wir Ihnen dagegen den Ge-
fallen thun, die deutſche Orthographie verleugnend, ſo oft
wir Briefe an Sie richten, nie aus Ihrem Lande ein Adjectiv
mit kleinem Anfangsbuchſtaben zu machen, ſondern daſſelbe,
wie es das eidgenöſſiſche Nationalgefühl will, ſtets ſubſtan-
tiviſch groß ſchreiben, alſo: Schweizerwirth, Schweizerreiſe,
Schweizerkäſe, Schweizerſoldat. — Kehren wir nun zurück
zu unſren ökonomiſchen Beſtrebu[ngen].

Wird im Gaſthofe länger verweilt, ſo iſt es wohlgethan,
die Rechnung nicht wochenlang auflaufen zu laſſen, ferner
Außergewöhnliches gleich baar zu bezahlen, ſo daß blos die
täglich wiederkehrenden Sätze auf dem Papier erſcheinen und
alles überſichtlich und „glatt“ bleibt. — Nur jugendlicher
Leichtſinn oder Verſchwendung nimmt, wo es größere Ein-
käufe zu machen oder zu miethen gibt, Kellner, Hausknechte,

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[198/0212] VI. Die Schweiz und ihr Ruhm. theuerung“ dort zu Hauſe ſei, ſondern finde das Mißverhält- niß zwiſchen Leiſtung und Bezifferung in gewiſſen anderen Ländern durchſchnittlich größer. In Anſchlag kommt, daß die Schweiz ſeit Langem das Lieblingswandergebiet aller Na- tionen iſt, weil in der That kein anderes Gebirge ſo reich ge- ſegnet iſt mit Erhabenem, Schönem, Lieblichem, Alles ver- hältnißmäßig nahe zuſammen liegt, wodurch ſein touriſtiſcher Werth, folglich auch Zahl und Anſprüche der Speculanten darauf erhöht werden; Behörden, Stadt- und Landleute, ſeit Generationen vertraut mit Allem, was ein Touriſtenherz nur wünſchen kann, haben Blick und Schick dafür; die beſuchteſten Landestheile ſind auf eine kurze Saiſon beſchränkt; Brodſtoffe müſſen eingeführt werden, das Land gehört alſo nicht unter die „geſegneten“, obwohl viel Milch und Honig da fließt. Mit alledem ſoll indeß nicht geleugnet werden, daß auch hier noch Manches zu wünſchen bleibt, namentlich brauchte der Patrio- tismus der Wirthe nicht, wie es häufig vorkommt, ſich ſo weit zu erſtrecken, daß Jeder von uns Anderen, der nicht im Beſitz des Schwytzerdütſch iſt, von ihnen mit Geldbußen belegt wird. Wenn Sie, m. HH. ſchweizer Gaſthalter, uns Alle wie Lands- leute behandeln wollten, würden wir Ihnen dagegen den Ge- fallen thun, die deutſche Orthographie verleugnend, ſo oft wir Briefe an Sie richten, nie aus Ihrem Lande ein Adjectiv mit kleinem Anfangsbuchſtaben zu machen, ſondern daſſelbe, wie es das eidgenöſſiſche Nationalgefühl will, ſtets ſubſtan- tiviſch groß ſchreiben, alſo: Schweizerwirth, Schweizerreiſe, Schweizerkäſe, Schweizerſoldat. — Kehren wir nun zurück zu unſren ökonomiſchen Beſtrebungen. Wird im Gaſthofe länger verweilt, ſo iſt es wohlgethan, die Rechnung nicht wochenlang auflaufen zu laſſen, ferner Außergewöhnliches gleich baar zu bezahlen, ſo daß blos die täglich wiederkehrenden Sätze auf dem Papier erſcheinen und alles überſichtlich und „glatt“ bleibt. — Nur jugendlicher Leichtſinn oder Verſchwendung nimmt, wo es größere Ein- käufe zu machen oder zu miethen gibt, Kellner, Hausknechte,

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/michelis_reiseschule_1869/212>, abgerufen am 24.11.2024.