Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869.VIII. Eisenbahnwesen -- seine Flegeljahre -- Hoffnungen. Kindern und Enkeln von "seiner großen Reise" erzählte, nieaber an eine zweite dachte, ist jetzt oft Entschluß, Vorbereitung und Aufbruch die Sache eines oder weniger Tage. Viele Großstädter betrachten eine jährliche Reise als eine Lebens- bedingung, Einige erheitern sich Winterabende durch Aus- arbeitung und Ausmalung ihres nächsten Sommerfahrplans, die meisten überlegen und berathen nicht lange, welche Länder zu besuchen, welche Punkte zu berühren seien. Hat nur erst einmal unser Eisenbahnwesen seine VIII. Eiſenbahnweſen — ſeine Flegeljahre — Hoffnungen. Kindern und Enkeln von „ſeiner großen Reiſe“ erzählte, nieaber an eine zweite dachte, iſt jetzt oft Entſchluß, Vorbereitung und Aufbruch die Sache eines oder weniger Tage. Viele Großſtädter betrachten eine jährliche Reiſe als eine Lebens- bedingung, Einige erheitern ſich Winterabende durch Aus- arbeitung und Ausmalung ihres nächſten Sommerfahrplans, die meiſten überlegen und berathen nicht lange, welche Länder zu beſuchen, welche Punkte zu berühren ſeien. Hat nur erſt einmal unſer Eiſenbahnweſen ſeine <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0259" n="245"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">VIII.</hi> Eiſenbahnweſen — ſeine Flegeljahre — Hoffnungen.</fw><lb/> Kindern und Enkeln von „ſeiner großen Reiſe“ erzählte, nie<lb/> aber an eine zweite dachte, iſt jetzt oft Entſchluß, Vorbereitung<lb/> und Aufbruch die Sache eines oder weniger Tage. Viele<lb/> Großſtädter betrachten eine jährliche Reiſe als eine Lebens-<lb/> bedingung, Einige erheitern ſich Winterabende durch Aus-<lb/> arbeitung und Ausmalung ihres nächſten Sommerfahrplans,<lb/> die meiſten überlegen und berathen nicht lange, welche Länder<lb/> zu beſuchen, welche Punkte zu berühren ſeien.</p><lb/> <p>Hat nur erſt einmal unſer <hi rendition="#g">Eiſenbahnweſen</hi> ſeine<lb/> Flegeljahre hinter ſich — ihren grellſten Ausdruck finden dieſe<lb/> in der Behandlung des Gepäcks von Seite der Bahndiener<lb/> (vgl. S. 17) — ſo wird auch gewiß noch manches bisher<lb/> Läſtige und Mißliche abgeſtellt werden, wie ſchon in neueſter<lb/> Zeit ein Anfang gemacht iſt. Man wird neue Mittel und<lb/> Wege finden, für die Sicherheit der lebendigen Fracht zu<lb/> ſorgen, ohne ihre perſönliche Freiheit mehr als nothwendig<lb/> und rathſam zu beſchränken, auch die Befugniſſe der Bahn-<lb/> beamten werden theils engere, theils weitere Grenzen erhalten.<lb/> Die Handhabung des Dampfboot- und Eiſenbahnbetriebs in<lb/><placeName>Amerika</placeName> zeigt zwar, daß dort Menſchenleben wenig gilt,<lb/> andrerſeits ſcheint aber die ſtrenge Praxis, die auf europäi-<lb/> ſchen Bahnen zur Zeit noch herrſcht, in Bezug auf Selbſt-<lb/> hilfe bei plötzlich eintretender Gefahr, Auf- und Abſteigen<lb/> während der Zug in Bewegung iſt u. ſ. w. nicht durchweg<lb/> ihrem Zweck zu entſprechen. Hoffentlich wird man ferner<lb/> immer allgemeiner einſehen, daß auch die Inſaſſen der<lb/> Schnellzüge leibliche Bedürfniſſe haben, die Rückſicht ver-<lb/> dienen. So z. B. ſind, abgeſehen von anderen Bequemlich-<lb/> keiten, ſchon hier und da „Menagekörbe“ eingeführt, welche<lb/> ein civiliſirtes Mal ermöglichen, ſo daß man nicht ſiedend<lb/> Heißes verſchlingen, oder bezahlen und ſeinem Nachfolger<lb/> überlaſſen muß, anderwärts gibt es beſondere Speiſe- und<lb/> Schlafwaggons, Schlaffauteuils ꝛc. Auch der Wagenwechſel<lb/> ſollte noch mehr als bisher eingeſchränkt, ferner das ſo oft<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [245/0259]
VIII. Eiſenbahnweſen — ſeine Flegeljahre — Hoffnungen.
Kindern und Enkeln von „ſeiner großen Reiſe“ erzählte, nie
aber an eine zweite dachte, iſt jetzt oft Entſchluß, Vorbereitung
und Aufbruch die Sache eines oder weniger Tage. Viele
Großſtädter betrachten eine jährliche Reiſe als eine Lebens-
bedingung, Einige erheitern ſich Winterabende durch Aus-
arbeitung und Ausmalung ihres nächſten Sommerfahrplans,
die meiſten überlegen und berathen nicht lange, welche Länder
zu beſuchen, welche Punkte zu berühren ſeien.
Hat nur erſt einmal unſer Eiſenbahnweſen ſeine
Flegeljahre hinter ſich — ihren grellſten Ausdruck finden dieſe
in der Behandlung des Gepäcks von Seite der Bahndiener
(vgl. S. 17) — ſo wird auch gewiß noch manches bisher
Läſtige und Mißliche abgeſtellt werden, wie ſchon in neueſter
Zeit ein Anfang gemacht iſt. Man wird neue Mittel und
Wege finden, für die Sicherheit der lebendigen Fracht zu
ſorgen, ohne ihre perſönliche Freiheit mehr als nothwendig
und rathſam zu beſchränken, auch die Befugniſſe der Bahn-
beamten werden theils engere, theils weitere Grenzen erhalten.
Die Handhabung des Dampfboot- und Eiſenbahnbetriebs in
Amerika zeigt zwar, daß dort Menſchenleben wenig gilt,
andrerſeits ſcheint aber die ſtrenge Praxis, die auf europäi-
ſchen Bahnen zur Zeit noch herrſcht, in Bezug auf Selbſt-
hilfe bei plötzlich eintretender Gefahr, Auf- und Abſteigen
während der Zug in Bewegung iſt u. ſ. w. nicht durchweg
ihrem Zweck zu entſprechen. Hoffentlich wird man ferner
immer allgemeiner einſehen, daß auch die Inſaſſen der
Schnellzüge leibliche Bedürfniſſe haben, die Rückſicht ver-
dienen. So z. B. ſind, abgeſehen von anderen Bequemlich-
keiten, ſchon hier und da „Menagekörbe“ eingeführt, welche
ein civiliſirtes Mal ermöglichen, ſo daß man nicht ſiedend
Heißes verſchlingen, oder bezahlen und ſeinem Nachfolger
überlaſſen muß, anderwärts gibt es beſondere Speiſe- und
Schlafwaggons, Schlaffauteuils ꝛc. Auch der Wagenwechſel
ſollte noch mehr als bisher eingeſchränkt, ferner das ſo oft
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