Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869.VIII. Techniker. Ruß- und Bußfahrten. Feurige Kohlen. Staubbrillen. ganz unnöthige Zusammenpferchen der Passanten vermieden,endlich kein Musikantenunfug geduldet werden. Geschickte und menschenfreundliche Techniker werden *) Dieses goldene Zeitalter der Touristen wird jedoch, fürchte ich, noch nicht
so schnell anbrechen, Ihr Herren Bahnhofrestaurants könntet daher mittler- weile durch eine Vorrichtung zum Händewaschen unser Loos etwas mildern. Auch Euer Vortheil würde es sein, denn ein Blick auf unser Aeußeres genügt jetzt, uns bei der Ankunft allen Appetit zu nehmen. Ich glaube sogar, daß dann selbst in gewissen Restaurationen häufiger als bisher ein Angriff gewagt würde auf den wahrhaft eisernen Bestand von Beefsteaks, Coteletten und Schmor- kartoffeln, die, aber- und abermals aufgewärmt, nur durch ihre Preise an Hotels ersten Ranges erinnern. Auch mit den Getränken ist es übel bestellt. Unter solchen Umständen kann es nicht Wunder nehmen, daß man jetzt oft erste Classe fahrende Herren und Damen, die dabei schwerlich an Ersparnisse denken, im Wagen ihre Malzeit aus mitgebrachtem Mundvorrath halten sieht. Die Wurzel des Uebels liegt entweder darin, daß die oberste Leitung einiger Bahnen bei Verpachtung der Restaurationen den Grundsätzen des Paschasystems huldigt, oder schlechte Aufsicht VIII. Techniker. Ruß- und Bußfahrten. Feurige Kohlen. Staubbrillen. ganz unnöthige Zuſammenpferchen der Paſſanten vermieden,endlich kein Muſikantenunfug geduldet werden. Geſchickte und menſchenfreundliche Techniker werden *) Dieſes goldene Zeitalter der Touriſten wird jedoch, fürchte ich, noch nicht
ſo ſchnell anbrechen, Ihr Herren Bahnhofreſtaurants könntet daher mittler- weile durch eine Vorrichtung zum Händewaſchen unſer Loos etwas mildern. Auch Euer Vortheil würde es ſein, denn ein Blick auf unſer Aeußeres genügt jetzt, uns bei der Ankunft allen Appetit zu nehmen. Ich glaube ſogar, daß dann ſelbſt in gewiſſen Reſtaurationen häufiger als bisher ein Angriff gewagt würde auf den wahrhaft eiſernen Beſtand von Beefſteaks, Coteletten und Schmor- kartoffeln, die, aber- und abermals aufgewärmt, nur durch ihre Preiſe an Hôtels erſten Ranges erinnern. Auch mit den Getränken iſt es übel beſtellt. Unter ſolchen Umſtänden kann es nicht Wunder nehmen, daß man jetzt oft erſte Claſſe fahrende Herren und Damen, die dabei ſchwerlich an Erſparniſſe denken, im Wagen ihre Malzeit aus mitgebrachtem Mundvorrath halten ſieht. Die Wurzel des Uebels liegt entweder darin, daß die oberſte Leitung einiger Bahnen bei Verpachtung der Reſtaurationen den Grundſätzen des Paſchaſyſtems huldigt, oder ſchlechte Aufſicht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0260" n="246"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">VIII.</hi> Techniker. Ruß- und Bußfahrten. Feurige Kohlen. Staubbrillen.</fw><lb/> ganz unnöthige Zuſammenpferchen der Paſſanten vermieden,<lb/> endlich kein Muſikantenunfug geduldet werden.</p><lb/> <p>Geſchickte und menſchenfreundliche <hi rendition="#g">Techniker</hi> werden<lb/> alsdann Mittel aufgefunden haben (ſollte Verkleidung der<lb/> Fenſterrahmen mit Kautſchuk oder Wollenzeug nicht dienen<lb/> können?), um das entſetzliche Raſſeln etwas zu dämpfen,<lb/> durch welches für Viele die Bahnfahrt zur Strapaze wird.<lb/> Ganz beſonders arg iſt es auf einigen Schienenwegen, auch<lb/> in der zweiten und erſten Claſſe, ebenſo ſcheinen auf denſelben<lb/> die Zugführer die Locomotivenpfiffe nicht blos zu Signalen,<lb/> ſondern auch oft als Spielzeug zu benutzen. Ich kenne eine<lb/> Dame, die bei ihrer allſommerlichen Badereiſe einen Umweg<lb/> nicht ſcheut, um dieſe beſonders geräuſchvollen Linien zu um-<lb/> gehen. <hi rendition="#g">Feurige Kohlen</hi> würden die Techniker ferner<lb/> auf unſren Häuptern ſammeln, wenn ſie durch eine Vorrich-<lb/> tung dafür ſorgten, daß dies nicht mehr im buchſtäblichen<lb/> Sinne geſchähe, und die Dampfwagenreiſe nicht mehr zu<lb/> einer Ruß- und Bußfahrt würde, welche wir, die Gewänder<lb/> mit Aſche beſtreut, die Augen thränengefüllt (ob der Kohlen-<lb/> ſchlacken, die hineingeſchleudert werden — ſofern wir uns<lb/> nicht etwa mit <hi rendition="#g">Staubbrillen</hi> von Drahtgeflecht dagegen<lb/> bewaffnet haben) zurücklegen <note xml:id="fn2i" n="*)" place="foot" next="#fn2f">Dieſes goldene Zeitalter der Touriſten wird jedoch, fürchte ich, noch nicht<lb/> ſo ſchnell anbrechen, Ihr Herren <hi rendition="#g">Bahnhofreſtaurants</hi> könntet daher mittler-<lb/> weile durch eine <hi rendition="#g">Vorrichtung zum Händewaſchen</hi> unſer Loos etwas<lb/> mildern. Auch Euer Vortheil würde es ſein, denn ein Blick auf unſer Aeußeres<lb/> genügt jetzt, uns bei der Ankunft allen Appetit zu nehmen. Ich glaube ſogar,<lb/> daß dann ſelbſt in gewiſſen Reſtaurationen häufiger als bisher ein Angriff gewagt<lb/> würde auf den wahrhaft eiſernen Beſtand von Beefſteaks, Coteletten und Schmor-<lb/> kartoffeln, die, aber- und abermals aufgewärmt, nur durch ihre Preiſe an H<hi rendition="#aq">ô</hi>tels<lb/> erſten Ranges erinnern. Auch mit den Getränken iſt es übel beſtellt. Unter ſolchen<lb/> Umſtänden kann es nicht Wunder nehmen, daß man jetzt oft erſte Claſſe fahrende<lb/> Herren und Damen, die dabei ſchwerlich an Erſparniſſe denken, im Wagen ihre<lb/> Malzeit aus mitgebrachtem Mundvorrath halten ſieht. Die Wurzel des Uebels liegt<lb/> entweder darin, daß die oberſte Leitung einiger Bahnen bei Verpachtung der<lb/> Reſtaurationen den Grundſätzen des Paſchaſyſtems huldigt, oder ſchlechte Aufſicht</note>. — —</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [246/0260]
VIII. Techniker. Ruß- und Bußfahrten. Feurige Kohlen. Staubbrillen.
ganz unnöthige Zuſammenpferchen der Paſſanten vermieden,
endlich kein Muſikantenunfug geduldet werden.
Geſchickte und menſchenfreundliche Techniker werden
alsdann Mittel aufgefunden haben (ſollte Verkleidung der
Fenſterrahmen mit Kautſchuk oder Wollenzeug nicht dienen
können?), um das entſetzliche Raſſeln etwas zu dämpfen,
durch welches für Viele die Bahnfahrt zur Strapaze wird.
Ganz beſonders arg iſt es auf einigen Schienenwegen, auch
in der zweiten und erſten Claſſe, ebenſo ſcheinen auf denſelben
die Zugführer die Locomotivenpfiffe nicht blos zu Signalen,
ſondern auch oft als Spielzeug zu benutzen. Ich kenne eine
Dame, die bei ihrer allſommerlichen Badereiſe einen Umweg
nicht ſcheut, um dieſe beſonders geräuſchvollen Linien zu um-
gehen. Feurige Kohlen würden die Techniker ferner
auf unſren Häuptern ſammeln, wenn ſie durch eine Vorrich-
tung dafür ſorgten, daß dies nicht mehr im buchſtäblichen
Sinne geſchähe, und die Dampfwagenreiſe nicht mehr zu
einer Ruß- und Bußfahrt würde, welche wir, die Gewänder
mit Aſche beſtreut, die Augen thränengefüllt (ob der Kohlen-
ſchlacken, die hineingeſchleudert werden — ſofern wir uns
nicht etwa mit Staubbrillen von Drahtgeflecht dagegen
bewaffnet haben) zurücklegen *). — —
*) Dieſes goldene Zeitalter der Touriſten wird jedoch, fürchte ich, noch nicht
ſo ſchnell anbrechen, Ihr Herren Bahnhofreſtaurants könntet daher mittler-
weile durch eine Vorrichtung zum Händewaſchen unſer Loos etwas
mildern. Auch Euer Vortheil würde es ſein, denn ein Blick auf unſer Aeußeres
genügt jetzt, uns bei der Ankunft allen Appetit zu nehmen. Ich glaube ſogar,
daß dann ſelbſt in gewiſſen Reſtaurationen häufiger als bisher ein Angriff gewagt
würde auf den wahrhaft eiſernen Beſtand von Beefſteaks, Coteletten und Schmor-
kartoffeln, die, aber- und abermals aufgewärmt, nur durch ihre Preiſe an Hôtels
erſten Ranges erinnern. Auch mit den Getränken iſt es übel beſtellt. Unter ſolchen
Umſtänden kann es nicht Wunder nehmen, daß man jetzt oft erſte Claſſe fahrende
Herren und Damen, die dabei ſchwerlich an Erſparniſſe denken, im Wagen ihre
Malzeit aus mitgebrachtem Mundvorrath halten ſieht. Die Wurzel des Uebels liegt
entweder darin, daß die oberſte Leitung einiger Bahnen bei Verpachtung der
Reſtaurationen den Grundſätzen des Paſchaſyſtems huldigt, oder ſchlechte Aufſicht
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