Pfarrer. Weiß wohl. Bin mit ihm auf Schulen gewesen, und hab ihn immer gern ge- habt. -- -- Nun, wenn ihr getrunken habt, so gehn wir, denk ich, in den Garten. Es ist gar zu schön, wenn alles so um einen her blüht! Man wird wieder mit den Bäumen jung. Sie muß doch meine Einrichtungen sehen, Jungfer Therese, die ich dieses Jahr in meinem Garten gemacht ha- be. Mich dünkt, es wird ihr gefallen; Sie ver- steht es.
Therese. Ja! Herr Pfarrer, wenns Jhnen gefällig ist, so gehen wir. Jn der frischen Luft ists jetzt am Besten, und in Jhrem Garten kann man immer etwas lernen.
Sie gab ihm mit der liebenswürdigsten Un- gezwungenheit die Hand, und gieng über den Hof nach dem Garten hin; Xaver folgte nach. Hier, meine Tochter, sagte er, gleich beym Eingang ins Wurzgärtchen, seh sie, wie die Apricosen- und Pfir- sichbäume geblüht haben! Die Frucht setzt schon an, und wenns der liebe Gott vor Frost oder Ha- gel bewahrt, so werden die Bäume tragen, daß sie brechen möchten. O sie hätt es sehen sollen, wie die Blüthe so gar herrlich war, daß man kaum das Auge davon wegwenden konnte! Mitten in
Pfarrer. Weiß wohl. Bin mit ihm auf Schulen geweſen, und hab ihn immer gern ge- habt. — — Nun, wenn ihr getrunken habt, ſo gehn wir, denk ich, in den Garten. Es iſt gar zu ſchoͤn, wenn alles ſo um einen her bluͤht! Man wird wieder mit den Baͤumen jung. Sie muß doch meine Einrichtungen ſehen, Jungfer Thereſe, die ich dieſes Jahr in meinem Garten gemacht ha- be. Mich duͤnkt, es wird ihr gefallen; Sie ver- ſteht es.
Thereſe. Ja! Herr Pfarrer, wenns Jhnen gefaͤllig iſt, ſo gehen wir. Jn der friſchen Luft iſts jetzt am Beſten, und in Jhrem Garten kann man immer etwas lernen.
Sie gab ihm mit der liebenswuͤrdigſten Un- gezwungenheit die Hand, und gieng uͤber den Hof nach dem Garten hin; Xaver folgte nach. Hier, meine Tochter, ſagte er, gleich beym Eingang ins Wurzgaͤrtchen, ſeh ſie, wie die Apricoſen- und Pfir- ſichbaͤume gebluͤht haben! Die Frucht ſetzt ſchon an, und wenns der liebe Gott vor Froſt oder Ha- gel bewahrt, ſo werden die Baͤume tragen, daß ſie brechen moͤchten. O ſie haͤtt es ſehen ſollen, wie die Bluͤthe ſo gar herrlich war, daß man kaum das Auge davon wegwenden konnte! Mitten in
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Pfarrer. Weiß wohl. Bin mit ihm auf
Schulen geweſen, und hab ihn immer gern ge-
habt. — — Nun, wenn ihr getrunken habt, ſo
gehn wir, denk ich, in den Garten. Es iſt gar zu
ſchoͤn, wenn alles ſo um einen her bluͤht! Man
wird wieder mit den Baͤumen jung. Sie muß
doch meine Einrichtungen ſehen, Jungfer Thereſe,
die ich dieſes Jahr in meinem Garten gemacht ha-
be. Mich duͤnkt, es wird ihr gefallen; Sie ver-
ſteht es.
Thereſe. Ja! Herr Pfarrer, wenns Jhnen
gefaͤllig iſt, ſo gehen wir. Jn der friſchen Luft iſts
jetzt am Beſten, und in Jhrem Garten kann man
immer etwas lernen.
Sie gab ihm mit der liebenswuͤrdigſten Un-
gezwungenheit die Hand, und gieng uͤber den Hof
nach dem Garten hin; Xaver folgte nach. Hier,
meine Tochter, ſagte er, gleich beym Eingang ins
Wurzgaͤrtchen, ſeh ſie, wie die Apricoſen- und Pfir-
ſichbaͤume gebluͤht haben! Die Frucht ſetzt ſchon
an, und wenns der liebe Gott vor Froſt oder Ha-
gel bewahrt, ſo werden die Baͤume tragen, daß
ſie brechen moͤchten. O ſie haͤtt es ſehen ſollen,
wie die Bluͤthe ſo gar herrlich war, daß man kaum
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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/154>, abgerufen am 21.11.2024.
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