Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.mer bleiben mußte, nicht von seiner Seite, that herzlich betrübt; und befestigte sich dadurch noch mehr in der Liebe des Jünglings. Er entlehnte, unter allerley Vorwand, alle Augenblicke Geld von Siegwart; versprach immer, es ihm wieder heim- zugeben, und gewanns ihm dann durch Wetten, oder durch Spiele, die er aber anders nannte, ab, oder verkaufte an ihn schlechte Bücher theuer, so daß Siegwart sich in kurzer Zeit fast seines gan- zen Vorraths los sah. P. Philipp hielt nicht viel von Kreutznern, mer bleiben mußte, nicht von ſeiner Seite, that herzlich betruͤbt; und befeſtigte ſich dadurch noch mehr in der Liebe des Juͤnglings. Er entlehnte, unter allerley Vorwand, alle Augenblicke Geld von Siegwart; verſprach immer, es ihm wieder heim- zugeben, und gewanns ihm dann durch Wetten, oder durch Spiele, die er aber anders nannte, ab, oder verkaufte an ihn ſchlechte Buͤcher theuer, ſo daß Siegwart ſich in kurzer Zeit faſt ſeines gan- zen Vorraths los ſah. P. Philipp hielt nicht viel von Kreutznern, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0195" n="191"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> mer bleiben mußte, nicht von ſeiner Seite, that<lb/> herzlich betruͤbt; und befeſtigte ſich dadurch noch<lb/> mehr in der Liebe des Juͤnglings. Er entlehnte,<lb/> unter allerley Vorwand, alle Augenblicke Geld von<lb/><hi rendition="#fr">Siegwart;</hi> verſprach immer, es ihm wieder heim-<lb/> zugeben, und gewanns ihm dann durch Wetten,<lb/> oder durch Spiele, die er aber anders nannte, ab,<lb/> oder verkaufte an ihn ſchlechte Buͤcher theuer, ſo<lb/> daß <hi rendition="#fr">Siegwart</hi> ſich in kurzer Zeit faſt ſeines gan-<lb/> zen Vorraths los ſah.</p><lb/> <p>P. <hi rendition="#fr">Philipp</hi> hielt nicht viel von <hi rendition="#fr">Kreutznern,</hi><lb/> und ſah, daß er <hi rendition="#fr">Xavern</hi> ganz von ihm abzoͤge.<lb/> Er ſagte alſo einmal auf einem Spatziergange, wo<lb/><hi rendition="#fr">Kronhelm</hi> auch dabey war: Mein lieber Sieg-<lb/> wart, er laͤßt ſich ja bey mir wenig mehr ſehen,<lb/> und bey <hi rendition="#fr">Kronhelm</hi> auch nicht, den ich ihm doch<lb/> ſo ſehr empfohlen habe. — Ja, ſagte <hi rendition="#fr">Siegwart,</hi><lb/> Herr Profeſſor! ich bin eben viel beym <hi rendition="#fr">Kreutzner.</hi><lb/> Gut, antwortete P. <hi rendition="#fr">Philipp, Kreutzner</hi> iſt ein<lb/> Menſch, dem ich zwar nichts offenbahr Boͤſes nach-<lb/> ſagen kann; aber er hat ſo was in der Mine,<lb/> und in ſeinem ganzen Betragen, das mir nicht ge-<lb/> faͤllt. Jch weiß nicht; der Menſch laͤchelt immer<lb/> ſo freundlich, wenn man mit ihm ſpricht; und ſieht<lb/> man ihm ins Aug, ſo ſchlaͤgt ers nieder, als ob er<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [191/0195]
mer bleiben mußte, nicht von ſeiner Seite, that
herzlich betruͤbt; und befeſtigte ſich dadurch noch
mehr in der Liebe des Juͤnglings. Er entlehnte,
unter allerley Vorwand, alle Augenblicke Geld von
Siegwart; verſprach immer, es ihm wieder heim-
zugeben, und gewanns ihm dann durch Wetten,
oder durch Spiele, die er aber anders nannte, ab,
oder verkaufte an ihn ſchlechte Buͤcher theuer, ſo
daß Siegwart ſich in kurzer Zeit faſt ſeines gan-
zen Vorraths los ſah.
P. Philipp hielt nicht viel von Kreutznern,
und ſah, daß er Xavern ganz von ihm abzoͤge.
Er ſagte alſo einmal auf einem Spatziergange, wo
Kronhelm auch dabey war: Mein lieber Sieg-
wart, er laͤßt ſich ja bey mir wenig mehr ſehen,
und bey Kronhelm auch nicht, den ich ihm doch
ſo ſehr empfohlen habe. — Ja, ſagte Siegwart,
Herr Profeſſor! ich bin eben viel beym Kreutzner.
Gut, antwortete P. Philipp, Kreutzner iſt ein
Menſch, dem ich zwar nichts offenbahr Boͤſes nach-
ſagen kann; aber er hat ſo was in der Mine,
und in ſeinem ganzen Betragen, das mir nicht ge-
faͤllt. Jch weiß nicht; der Menſch laͤchelt immer
ſo freundlich, wenn man mit ihm ſpricht; und ſieht
man ihm ins Aug, ſo ſchlaͤgt ers nieder, als ob er
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |