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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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und da hat er noch ein Trinkgeld für den Aer-
ger. -- Jakerl, daß ihr mir den Augenblick das
Weidmesser einsteckt, und aufs Pferd steigt! Was
sind das für Possen! (Jakob stieg aufs Pferd,
und sah den Jäger von der Seite drohend an.)
Wer ist denn sein Herr, guter Freund? Jst er hier
zu Lande?

Jäger. Ja, gnädger Herr! Es ist der
Junker Felsberg, ein Herr, wie die gute Stund,
der nie in eines andern Herrn Gau gejagt hat.

Kronhelm. Nun, schon gut! Den Junker
Felsberg kennt mein Vater wohl; Sie sind die
besten Freunde. Mach er seinem Herrn mein
Kompliment, und sag er, ich lasse wegen der
Narrheit meines Kerls um Vergebung bitten;
Mir seys leid! Bey Gelegenheit wirds mein
Vater schon noch selber thun. Adjeu!

Siegwart, Kronhelm und sein Jakerl rit-
ten nun wieder aus dem Gebüsch in den Fahrweg.
Jakerl sprach erst kein Wort, und schien böse zu
seyn. Endlich fieng er an: Aber, junger Herr;
nehmen Sie mir nun nicht übel! Das war doch
nicht recht, daß ich da den schönen Hirsch mußte
fahren lassen! Hatte, meiner Seel! vierzehn En-
den. Jch möchte mir d' Zung durchbeissen, wenn



und da hat er noch ein Trinkgeld fuͤr den Aer-
ger. — Jakerl, daß ihr mir den Augenblick das
Weidmeſſer einſteckt, und aufs Pferd ſteigt! Was
ſind das fuͤr Poſſen! (Jakob ſtieg aufs Pferd,
und ſah den Jaͤger von der Seite drohend an.)
Wer iſt denn ſein Herr, guter Freund? Jſt er hier
zu Lande?

Jaͤger. Ja, gnaͤdger Herr! Es iſt der
Junker Felsberg, ein Herr, wie die gute Stund,
der nie in eines andern Herrn Gau gejagt hat.

Kronhelm. Nun, ſchon gut! Den Junker
Felsberg kennt mein Vater wohl; Sie ſind die
beſten Freunde. Mach er ſeinem Herrn mein
Kompliment, und ſag er, ich laſſe wegen der
Narrheit meines Kerls um Vergebung bitten;
Mir ſeys leid! Bey Gelegenheit wirds mein
Vater ſchon noch ſelber thun. Adjeu!

Siegwart, Kronhelm und ſein Jakerl rit-
ten nun wieder aus dem Gebuͤſch in den Fahrweg.
Jakerl ſprach erſt kein Wort, und ſchien boͤſe zu
ſeyn. Endlich fieng er an: Aber, junger Herr;
nehmen Sie mir nun nicht uͤbel! Das war doch
nicht recht, daß ich da den ſchoͤnen Hirſch mußte
fahren laſſen! Hatte, meiner Seel! vierzehn En-
den. Jch moͤchte mir d’ Zung durchbeiſſen, wenn

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[239/0243] und da hat er noch ein Trinkgeld fuͤr den Aer- ger. — Jakerl, daß ihr mir den Augenblick das Weidmeſſer einſteckt, und aufs Pferd ſteigt! Was ſind das fuͤr Poſſen! (Jakob ſtieg aufs Pferd, und ſah den Jaͤger von der Seite drohend an.) Wer iſt denn ſein Herr, guter Freund? Jſt er hier zu Lande? Jaͤger. Ja, gnaͤdger Herr! Es iſt der Junker Felsberg, ein Herr, wie die gute Stund, der nie in eines andern Herrn Gau gejagt hat. Kronhelm. Nun, ſchon gut! Den Junker Felsberg kennt mein Vater wohl; Sie ſind die beſten Freunde. Mach er ſeinem Herrn mein Kompliment, und ſag er, ich laſſe wegen der Narrheit meines Kerls um Vergebung bitten; Mir ſeys leid! Bey Gelegenheit wirds mein Vater ſchon noch ſelber thun. Adjeu! Siegwart, Kronhelm und ſein Jakerl rit- ten nun wieder aus dem Gebuͤſch in den Fahrweg. Jakerl ſprach erſt kein Wort, und ſchien boͤſe zu ſeyn. Endlich fieng er an: Aber, junger Herr; nehmen Sie mir nun nicht uͤbel! Das war doch nicht recht, daß ich da den ſchoͤnen Hirſch mußte fahren laſſen! Hatte, meiner Seel! vierzehn En- den. Jch moͤchte mir d’ Zung durchbeiſſen, wenn

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/243>, abgerufen am 24.11.2024.