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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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du von ihr weist! Unser Schicksal muß sich nun
bald entwickeln. Wenn sie nur Muth genug hat,
alles zu erwarten! Zwar ich hoffe viel; aber, Bru-
der, unser Schicksal steht in Gottes Hand; wir
können nichts thun, als ihm willig folgen ohne
Murren. Jch habe doch bey allem, was mir noch
bisher begegnete, erfahren, daß es nichts als weise
Güte ist, wodurch uns Gott regiert. Dieser Grund-
satz kann mich allein bey allen Widerwärtigkeiten
trösten. Laß ihn in dir leben und weben, und
sorg, daß ihn auch mein Engel sich ganz zu eigen
macht! Jch schreibe dir, sobald als möglich. Lie-
ber Freund, daß wir uns trennen müssen, ist sehr
hart, und doch werden wir noch einsehn, daß es
auch weise Güte war, die uns trennte. -- Wir
hätten uns weit besser geniessen können. Jeder
Augenblick, der uns ungenossen hinfloh, schmerzt
mich jetzt. Wie oft sassen wir eine Stunde lang
beysammen, ohne zehn Worte zu sprechen. O,
wenn doch der Mensch die Zeit recht zu geniessen
wüste! Aber hinter drein wird man weise. -- De-
sto besser, sagte Siegwart, werden wir die Zeit be-
nutzen, wenn uns Gott wieder zusammen führen
sollte. O Freund, wird es wohl geschehen? --
Ja, ich hoff es, hoff es, sagte Kronhelm. Ohne



du von ihr weiſt! Unſer Schickſal muß ſich nun
bald entwickeln. Wenn ſie nur Muth genug hat,
alles zu erwarten! Zwar ich hoffe viel; aber, Bru-
der, unſer Schickſal ſteht in Gottes Hand; wir
koͤnnen nichts thun, als ihm willig folgen ohne
Murren. Jch habe doch bey allem, was mir noch
bisher begegnete, erfahren, daß es nichts als weiſe
Guͤte iſt, wodurch uns Gott regiert. Dieſer Grund-
ſatz kann mich allein bey allen Widerwaͤrtigkeiten
troͤſten. Laß ihn in dir leben und weben, und
ſorg, daß ihn auch mein Engel ſich ganz zu eigen
macht! Jch ſchreibe dir, ſobald als moͤglich. Lie-
ber Freund, daß wir uns trennen muͤſſen, iſt ſehr
hart, und doch werden wir noch einſehn, daß es
auch weiſe Guͤte war, die uns trennte. — Wir
haͤtten uns weit beſſer genieſſen koͤnnen. Jeder
Augenblick, der uns ungenoſſen hinfloh, ſchmerzt
mich jetzt. Wie oft ſaſſen wir eine Stunde lang
beyſammen, ohne zehn Worte zu ſprechen. O,
wenn doch der Menſch die Zeit recht zu genieſſen
wuͤſte! Aber hinter drein wird man weiſe. — De-
ſto beſſer, ſagte Siegwart, werden wir die Zeit be-
nutzen, wenn uns Gott wieder zuſammen fuͤhren
ſollte. O Freund, wird es wohl geſchehen? —
Ja, ich hoff es, hoff es, ſagte Kronhelm. Ohne

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[749/0329] du von ihr weiſt! Unſer Schickſal muß ſich nun bald entwickeln. Wenn ſie nur Muth genug hat, alles zu erwarten! Zwar ich hoffe viel; aber, Bru- der, unſer Schickſal ſteht in Gottes Hand; wir koͤnnen nichts thun, als ihm willig folgen ohne Murren. Jch habe doch bey allem, was mir noch bisher begegnete, erfahren, daß es nichts als weiſe Guͤte iſt, wodurch uns Gott regiert. Dieſer Grund- ſatz kann mich allein bey allen Widerwaͤrtigkeiten troͤſten. Laß ihn in dir leben und weben, und ſorg, daß ihn auch mein Engel ſich ganz zu eigen macht! Jch ſchreibe dir, ſobald als moͤglich. Lie- ber Freund, daß wir uns trennen muͤſſen, iſt ſehr hart, und doch werden wir noch einſehn, daß es auch weiſe Guͤte war, die uns trennte. — Wir haͤtten uns weit beſſer genieſſen koͤnnen. Jeder Augenblick, der uns ungenoſſen hinfloh, ſchmerzt mich jetzt. Wie oft ſaſſen wir eine Stunde lang beyſammen, ohne zehn Worte zu ſprechen. O, wenn doch der Menſch die Zeit recht zu genieſſen wuͤſte! Aber hinter drein wird man weiſe. — De- ſto beſſer, ſagte Siegwart, werden wir die Zeit be- nutzen, wenn uns Gott wieder zuſammen fuͤhren ſollte. O Freund, wird es wohl geſchehen? — Ja, ich hoff es, hoff es, ſagte Kronhelm. Ohne

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 749. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/329>, abgerufen am 22.11.2024.