Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite



sirlichen Sprüngen und Wendungen; drückten sich
dann wieder fest ans Herz, und freuten sich ih-
rer Liebe, und des himmlischen Abends. Siegwart
das seinem lieben Mädchen Theresens und Kron-
helms Brief vor; sie freuten sich miteinander über
das Glück der Edeln, und phantasirten sich in glei-
ches Glück hinein, das ihnen einst begegnen wür-
de. Unvermerkt steckte Mariane unserm Siegwart
einen Ring an seinen Finger. Das ist für Klop-
stock, sagte sie, (den er ihr geschenkt hat-
te.) Siegwart war vor Freuden ausser sich, sah
bald den Ring an; drückte bald sein Mädchen an
sein Herz; küßte bald den Ring, bald sie, und
wuste nicht, was er vor Entzücken und Dankbar-
keit sagen sollte. Endlich sagte er, wie haben
Sies doch so treffen können, daß der Ring so ge-
nau paßt? Das macht man so, sagte sie; nahm einen
Grashalm; wickelte ihn um seinen Finger, und
brach den Grashalm ab. Ach, deswegen, rief er,
wickelten Sie letzthin mir den Grashalm um den
Finger? Liebes herrliches Mädchen, möcht ich doch
deiner Liebe ganz würdig seyn. -- Sie sind es;
Sie sind es! versetzte sie. Er sagte, daß er nun
in acht Tagen Antwort von seinem Vater erwarte.
Zwar sey er seines Veyfalls, und seiner Einwilli-



ſirlichen Spruͤngen und Wendungen; druͤckten ſich
dann wieder feſt ans Herz, und freuten ſich ih-
rer Liebe, und des himmliſchen Abends. Siegwart
das ſeinem lieben Maͤdchen Thereſens und Kron-
helms Brief vor; ſie freuten ſich miteinander uͤber
das Gluͤck der Edeln, und phantaſirten ſich in glei-
ches Gluͤck hinein, das ihnen einſt begegnen wuͤr-
de. Unvermerkt ſteckte Mariane unſerm Siegwart
einen Ring an ſeinen Finger. Das iſt fuͤr Klop-
ſtock, ſagte ſie, (den er ihr geſchenkt hat-
te.) Siegwart war vor Freuden auſſer ſich, ſah
bald den Ring an; druͤckte bald ſein Maͤdchen an
ſein Herz; kuͤßte bald den Ring, bald ſie, und
wuſte nicht, was er vor Entzuͤcken und Dankbar-
keit ſagen ſollte. Endlich ſagte er, wie haben
Sies doch ſo treffen koͤnnen, daß der Ring ſo ge-
nau paßt? Das macht man ſo, ſagte ſie; nahm einen
Grashalm; wickelte ihn um ſeinen Finger, und
brach den Grashalm ab. Ach, deswegen, rief er,
wickelten Sie letzthin mir den Grashalm um den
Finger? Liebes herrliches Maͤdchen, moͤcht ich doch
deiner Liebe ganz wuͤrdig ſeyn. — Sie ſind es;
Sie ſind es! verſetzte ſie. Er ſagte, daß er nun
in acht Tagen Antwort von ſeinem Vater erwarte.
Zwar ſey er ſeines Veyfalls, und ſeiner Einwilli-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0420" n="840"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
&#x017F;irlichen <hi rendition="#fr">Spru&#x0364;ngen</hi> und Wendungen; dru&#x0364;ckten &#x017F;ich<lb/>
dann wieder fe&#x017F;t ans Herz, und freuten &#x017F;ich ih-<lb/>
rer Liebe, und des himmli&#x017F;chen Abends. Siegwart<lb/>
das &#x017F;einem lieben Ma&#x0364;dchen There&#x017F;ens und Kron-<lb/>
helms Brief vor; &#x017F;ie freuten &#x017F;ich miteinander u&#x0364;ber<lb/>
das Glu&#x0364;ck der Edeln, und phanta&#x017F;irten &#x017F;ich in glei-<lb/>
ches Glu&#x0364;ck hinein, das ihnen ein&#x017F;t begegnen wu&#x0364;r-<lb/>
de. Unvermerkt &#x017F;teckte Mariane un&#x017F;erm Siegwart<lb/>
einen Ring an &#x017F;einen Finger. Das i&#x017F;t fu&#x0364;r Klop-<lb/>
&#x017F;tock, &#x017F;agte &#x017F;ie, (den er ihr ge&#x017F;chenkt hat-<lb/>
te.) Siegwart war vor Freuden au&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ich, &#x017F;ah<lb/>
bald den Ring an; dru&#x0364;ckte bald &#x017F;ein Ma&#x0364;dchen an<lb/>
&#x017F;ein Herz; ku&#x0364;ßte bald den Ring, bald &#x017F;ie, und<lb/>
wu&#x017F;te nicht, was er vor Entzu&#x0364;cken und Dankbar-<lb/>
keit &#x017F;agen &#x017F;ollte. Endlich &#x017F;agte er, wie haben<lb/>
Sies doch &#x017F;o treffen ko&#x0364;nnen, daß der Ring &#x017F;o ge-<lb/>
nau paßt? Das macht man &#x017F;o, &#x017F;agte &#x017F;ie; nahm einen<lb/>
Grashalm; wickelte ihn um &#x017F;einen Finger, und<lb/>
brach den Grashalm ab. Ach, deswegen, rief er,<lb/>
wickelten Sie letzthin mir den Grashalm um den<lb/>
Finger? Liebes herrliches Ma&#x0364;dchen, mo&#x0364;cht ich doch<lb/>
deiner Liebe ganz wu&#x0364;rdig &#x017F;eyn. &#x2014; Sie &#x017F;ind es;<lb/>
Sie &#x017F;ind es! ver&#x017F;etzte &#x017F;ie. Er &#x017F;agte, daß er nun<lb/>
in acht Tagen Antwort von &#x017F;einem Vater erwarte.<lb/>
Zwar &#x017F;ey er &#x017F;eines Veyfalls, und &#x017F;einer Einwilli-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[840/0420] ſirlichen Spruͤngen und Wendungen; druͤckten ſich dann wieder feſt ans Herz, und freuten ſich ih- rer Liebe, und des himmliſchen Abends. Siegwart das ſeinem lieben Maͤdchen Thereſens und Kron- helms Brief vor; ſie freuten ſich miteinander uͤber das Gluͤck der Edeln, und phantaſirten ſich in glei- ches Gluͤck hinein, das ihnen einſt begegnen wuͤr- de. Unvermerkt ſteckte Mariane unſerm Siegwart einen Ring an ſeinen Finger. Das iſt fuͤr Klop- ſtock, ſagte ſie, (den er ihr geſchenkt hat- te.) Siegwart war vor Freuden auſſer ſich, ſah bald den Ring an; druͤckte bald ſein Maͤdchen an ſein Herz; kuͤßte bald den Ring, bald ſie, und wuſte nicht, was er vor Entzuͤcken und Dankbar- keit ſagen ſollte. Endlich ſagte er, wie haben Sies doch ſo treffen koͤnnen, daß der Ring ſo ge- nau paßt? Das macht man ſo, ſagte ſie; nahm einen Grashalm; wickelte ihn um ſeinen Finger, und brach den Grashalm ab. Ach, deswegen, rief er, wickelten Sie letzthin mir den Grashalm um den Finger? Liebes herrliches Maͤdchen, moͤcht ich doch deiner Liebe ganz wuͤrdig ſeyn. — Sie ſind es; Sie ſind es! verſetzte ſie. Er ſagte, daß er nun in acht Tagen Antwort von ſeinem Vater erwarte. Zwar ſey er ſeines Veyfalls, und ſeiner Einwilli-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/420
Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 840. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/420>, abgerufen am 22.11.2024.