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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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te ihn, ob er in das Dorf gehöre? und als der
Bauer es bejahte, frug er weiter, ob ein Wirths-
haus im Dorf sey, oder ob er nicht sonst ein Haus
wüste, wo er für Geld und gute Wort zuweilen
schlafen könnte? Es ist wohl ein Wirthshaus da,
antwortete der Bauer; aber weil Sie, wie ich
sehe, so ein braver Herr sind, so können sie, um
einen Schlafkreuzer für meine Magd, in meiner
Hütte schlafen, so oft Sie wollen. Jch hab oben
ein Stüblein, und |ein Bett drinn. 's ist zwar
ein Bissel hart, aber aufm Land, pfleg ich so zu sa-
gen, muß man sich halt nach der Decke strecken.
Was wir so im Haus haben, Milch und Butter
und Eyer, das steht Jhnen auch zu Dienst, wenns
anständig ist. Siegwart gieng mit ihm auf das
Dorf, um das Zimmer zu sehen. Es war reinlich,
und frisch ausgeweißt. An der Wand herum hien-
gen Bilder von Heiligen, vom Kayser, von der
Kayserin, vom Churfürsten und der Churfürstin;
vom General Daun und Laudon. Das Bette war
auch weiß und reinlich. Das ist ja fürstlich! sagte
Siegwart. -- Ja ja, versetzte der Bauer Thomas,
die Herren haben eben so ihren Spaß mit uns
Bauersleuten. Nun, nun! die Freud kann man
ihnen ja wohl lassen. -- 's ist doch manchem Bauers-



te ihn, ob er in das Dorf gehoͤre? und als der
Bauer es bejahte, frug er weiter, ob ein Wirths-
haus im Dorf ſey, oder ob er nicht ſonſt ein Haus
wuͤſte, wo er fuͤr Geld und gute Wort zuweilen
ſchlafen koͤnnte? Es iſt wohl ein Wirthshaus da,
antwortete der Bauer; aber weil Sie, wie ich
ſehe, ſo ein braver Herr ſind, ſo koͤnnen ſie, um
einen Schlafkreuzer fuͤr meine Magd, in meiner
Huͤtte ſchlafen, ſo oft Sie wollen. Jch hab oben
ein Stuͤblein, und |ein Bett drinn. ’s iſt zwar
ein Biſſel hart, aber aufm Land, pfleg ich ſo zu ſa-
gen, muß man ſich halt nach der Decke ſtrecken.
Was wir ſo im Haus haben, Milch und Butter
und Eyer, das ſteht Jhnen auch zu Dienſt, wenns
anſtaͤndig iſt. Siegwart gieng mit ihm auf das
Dorf, um das Zimmer zu ſehen. Es war reinlich,
und friſch ausgeweißt. An der Wand herum hien-
gen Bilder von Heiligen, vom Kayſer, von der
Kayſerin, vom Churfuͤrſten und der Churfuͤrſtin;
vom General Daun und Laudon. Das Bette war
auch weiß und reinlich. Das iſt ja fuͤrſtlich! ſagte
Siegwart. — Ja ja, verſetzte der Bauer Thomas,
die Herren haben eben ſo ihren Spaß mit uns
Bauersleuten. Nun, nun! die Freud kann man
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[842/0422] te ihn, ob er in das Dorf gehoͤre? und als der Bauer es bejahte, frug er weiter, ob ein Wirths- haus im Dorf ſey, oder ob er nicht ſonſt ein Haus wuͤſte, wo er fuͤr Geld und gute Wort zuweilen ſchlafen koͤnnte? Es iſt wohl ein Wirthshaus da, antwortete der Bauer; aber weil Sie, wie ich ſehe, ſo ein braver Herr ſind, ſo koͤnnen ſie, um einen Schlafkreuzer fuͤr meine Magd, in meiner Huͤtte ſchlafen, ſo oft Sie wollen. Jch hab oben ein Stuͤblein, und |ein Bett drinn. ’s iſt zwar ein Biſſel hart, aber aufm Land, pfleg ich ſo zu ſa- gen, muß man ſich halt nach der Decke ſtrecken. Was wir ſo im Haus haben, Milch und Butter und Eyer, das ſteht Jhnen auch zu Dienſt, wenns anſtaͤndig iſt. Siegwart gieng mit ihm auf das Dorf, um das Zimmer zu ſehen. Es war reinlich, und friſch ausgeweißt. An der Wand herum hien- gen Bilder von Heiligen, vom Kayſer, von der Kayſerin, vom Churfuͤrſten und der Churfuͤrſtin; vom General Daun und Laudon. Das Bette war auch weiß und reinlich. Das iſt ja fuͤrſtlich! ſagte Siegwart. — Ja ja, verſetzte der Bauer Thomas, die Herren haben eben ſo ihren Spaß mit uns Bauersleuten. Nun, nun! die Freud kann man ihnen ja wohl laſſen. — ’s iſt doch manchem Bauers-

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 842. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/422>, abgerufen am 22.11.2024.