mehr schaden auf der Welt. -- Vor zwey Tagen war ich etwas unpaß. Jch dachte, der Tod würde kommen, aber er wars nicht. Jch habe Theresen gesehen im Traum, sie hatte ein hellleuchtendes Ge- wand an, und lachte. So seh ich sie nun immer vor mir. -- OLieber! ich duld unaussprechlich viel; so allein, und so elend! komm doch bald! -- Nicht wahr? Therese schreibt Dir nichts von mir? Warum thut sies nicht? Bin ichs nicht werth? -- O Gott, du weist, daß ichs bin. -- Hier leg ich einen Brief bey, an den rechtschaffnen P. Philipp. Grünbach must Du grüssen! Jch kann nicht schreiben. Jch bin nie so unthätig gewesen. Zu nichts kann ich mich entschliessen. -- Theresens Namen kritzl' ich auf jedes Papier, in jeden Tisch, und lösch ihn wie- der aus. Grüß den Engel tausendmal, und schreib mir von ihm! Komm bald und hilf mir meine Lei- den tragen! Sie sind schwer.
Dein
Kronhelm.
Siegwart antwortete seinem Freund sogleich, und suchte ihn, so viel als möglich war, zu trösten. We- gen Theresen schrieb er ihm wenig, und weiter nichts, als: sie habe sich nach ihm erkundigt, und
mehr ſchaden auf der Welt. — Vor zwey Tagen war ich etwas unpaß. Jch dachte, der Tod wuͤrde kommen, aber er wars nicht. Jch habe Thereſen geſehen im Traum, ſie hatte ein hellleuchtendes Ge- wand an, und lachte. So ſeh ich ſie nun immer vor mir. — OLieber! ich duld unausſprechlich viel; ſo allein, und ſo elend! komm doch bald! — Nicht wahr? Thereſe ſchreibt Dir nichts von mir? Warum thut ſies nicht? Bin ichs nicht werth? — O Gott, du weiſt, daß ichs bin. — Hier leg ich einen Brief bey, an den rechtſchaffnen P. Philipp. Gruͤnbach muſt Du gruͤſſen! Jch kann nicht ſchreiben. Jch bin nie ſo unthaͤtig geweſen. Zu nichts kann ich mich entſchlieſſen. — Thereſens Namen kritzl’ ich auf jedes Papier, in jeden Tiſch, und loͤſch ihn wie- der aus. Gruͤß den Engel tauſendmal, und ſchreib mir von ihm! Komm bald und hilf mir meine Lei- den tragen! Sie ſind ſchwer.
Dein
Kronhelm.
Siegwart antwortete ſeinem Freund ſogleich, und ſuchte ihn, ſo viel als moͤglich war, zu troͤſten. We- gen Thereſen ſchrieb er ihm wenig, und weiter nichts, als: ſie habe ſich nach ihm erkundigt, und
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mehr ſchaden auf der Welt. — Vor zwey Tagen
war ich etwas unpaß. Jch dachte, der Tod wuͤrde
kommen, aber er wars nicht. Jch habe Thereſen
geſehen im Traum, ſie hatte ein hellleuchtendes Ge-
wand an, und lachte. So ſeh ich ſie nun immer
vor mir. — OLieber! ich duld unausſprechlich viel; ſo
allein, und ſo elend! komm doch bald! — Nicht wahr?
Thereſe ſchreibt Dir nichts von mir? Warum thut
ſies nicht? Bin ichs nicht werth? — O Gott,
du weiſt, daß ichs bin. — Hier leg ich einen Brief
bey, an den rechtſchaffnen P. Philipp. Gruͤnbach
muſt Du gruͤſſen! Jch kann nicht ſchreiben. Jch
bin nie ſo unthaͤtig geweſen. Zu nichts kann ich
mich entſchlieſſen. — Thereſens Namen kritzl’ ich
auf jedes Papier, in jeden Tiſch, und loͤſch ihn wie-
der aus. Gruͤß den Engel tauſendmal, und ſchreib
mir von ihm! Komm bald und hilf mir meine Lei-
den tragen! Sie ſind ſchwer.
Dein
Kronhelm.
Siegwart antwortete ſeinem Freund ſogleich, und
ſuchte ihn, ſo viel als moͤglich war, zu troͤſten. We-
gen Thereſen ſchrieb er ihm wenig, und weiter
nichts, als: ſie habe ſich nach ihm erkundigt, und
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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 487. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/67>, abgerufen am 24.11.2024.
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