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Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.

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Fünfter Gesang.
Jn den Himmel getaucht; das dritte beschattet von unten
Seine Fersen mit Federn, gefärbt in ätherischem Purpur.
290Jugendlich steht er da, wie der Sohn der Maja [Spaltenumbruch] o), und schüttelt
Seine Gefieder, daß himmlische Düfte weit um ihn den Umkreis
Ganz erfüllten. Jhn kannten sogleich die Schaaren der Engel
Die hier die Wache versahn; und seinem erhabenen Range,
Und der hohen Gesandtschaft, die ihn hieher trug, zu Ehren,

Stan-
o) Die Vergleichung des Engels
mit dem Sohne der Maja zeigt deut-
lich, daß der Dichter die erhabene
Stellen des Homers und Virgils vor
Augen gehabt, worinnen der Flug und
die Niederlassung des Merkurius auf
die Erde beschrieben wird. Die vom
Homer ist Il. XXIV. 339.
[fremdsprachliches Material - 12 Zeilen fehlen] Also sprach er. Der Herold der
Götter gehorcht den Befehlen,
Und knüpft an die Fersen die güld-
nen ambrosischen Schwingen,
Die mit dem Hauche des Windes
ihn über Länder und Meere
Forttragen. Drauf ergreift er den
Stab, womit er die Augen
Sterblicher einwiegt zum Schlummer,
und schlummernde wieder eröffnet.
Virgil hat es beynahe von Wort zu
Wort, doch mit einigem Zusatz, über-
setzt. Aen. IV. 238.
[Spaltenumbruch] Dixerat: ille patris magni parere pa-
rabat
Imperio, et primum pedibus talaria
nectit
Aurea: quae sublimem alis, siue
aequora supra,
Seu terram, rapido pariter cum flami-
ne portant.
Tum virgam capit: hac animas ille
evocat Orco
Pallentes, alias sub tristia Tartara mit-
tit;
Dat somnos adimitque, et lumina
morte resignat.

Also Jupiter. Er, des großen Vaters
Befehlen
Zu gehorchen, knüpfet so gleich die güt-
denen Schwingen
An die Fersen, die ihn mit dem Wind
über Länder und Seen
Forttragen; und drauf nimmt er den
Stab, womit er die Seelen
Aus dem Orkus herauf, und andre zur
Hölle hinabführt;
Bald dadurch den Schlummer ertheilt,
bald wieder ihn raubet,
Und die Augen eröffnet, die Todesschat-
ten verhüllet.
Es ist schwer zu bestimmen, wie Po-
pe sagt, ob die Copie oder das Original
schöner sey; doch glaube ich wird jeder
Leser zugeben, daß Miltons Beschrei-
bung beyde übertreffe. N.
B b 3

Fuͤnfter Geſang.
Jn den Himmel getaucht; das dritte beſchattet von unten
Seine Ferſen mit Federn, gefaͤrbt in aͤtheriſchem Purpur.
290Jugendlich ſteht er da, wie der Sohn der Maja [Spaltenumbruch] o), und ſchuͤttelt
Seine Gefieder, daß himmliſche Duͤfte weit um ihn den Umkreis
Ganz erfuͤllten. Jhn kannten ſogleich die Schaaren der Engel
Die hier die Wache verſahn; und ſeinem erhabenen Range,
Und der hohen Geſandtſchaft, die ihn hieher trug, zu Ehren,

Stan-
o) Die Vergleichung des Engels
mit dem Sohne der Maja zeigt deut-
lich, daß der Dichter die erhabene
Stellen des Homers und Virgils vor
Augen gehabt, worinnen der Flug und
die Niederlaſſung des Merkurius auf
die Erde beſchrieben wird. Die vom
Homer iſt Il. XXIV. 339.
[fremdsprachliches Material – 12 Zeilen fehlen] Alſo ſprach er. Der Herold der
Goͤtter gehorcht den Befehlen,
Und knuͤpft an die Ferſen die guͤld-
nen ambroſiſchen Schwingen,
Die mit dem Hauche des Windes
ihn uͤber Laͤnder und Meere
Forttragen. Drauf ergreift er den
Stab, womit er die Augen
Sterblicher einwiegt zum Schlum̃er,
und ſchlummernde wieder eroͤffnet.
Virgil hat es beynahe von Wort zu
Wort, doch mit einigem Zuſatz, uͤber-
ſetzt. Aen. IV. 238.
[Spaltenumbruch] Dixerat: ille patris magni parere pa-
rabat
Imperio, et primum pedibus talaria
nectit
Aurea: quae ſublimem alis, ſiue
aequora ſupra,
Seu terram, rapido pariter cum flami-
ne portant.
Tum virgam capit: hac animas ille
evocat Orco
Pallentes, alias ſub triſtia Tartara mit-
tit;
Dat ſomnos adimitque, et lumina
morte reſignat.

Alſo Jupiter. Er, des großen Vaters
Befehlen
Zu gehorchen, knuͤpfet ſo gleich die guͤt-
denen Schwingen
An die Ferſen, die ihn mit dem Wind
uͤber Laͤnder und Seen
Forttragen; und drauf nimmt er den
Stab, womit er die Seelen
Aus dem Orkus herauf, und andre zur
Hoͤlle hinabfuͤhrt;
Bald dadurch den Schlummer ertheilt,
bald wieder ihn raubet,
Und die Augen eroͤffnet, die Todesſchat-
ten verhuͤllet.
Es iſt ſchwer zu beſtimmen, wie Po-
pe ſagt, ob die Copie oder das Original
ſchoͤner ſey; doch glaube ich wird jeder
Leſer zugeben, daß Miltons Beſchrei-
bung beyde uͤbertreffe. N.
B b 3
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[197/0219] Fuͤnfter Geſang. Jn den Himmel getaucht; das dritte beſchattet von unten Seine Ferſen mit Federn, gefaͤrbt in aͤtheriſchem Purpur. Jugendlich ſteht er da, wie der Sohn der Maja o), und ſchuͤttelt Seine Gefieder, daß himmliſche Duͤfte weit um ihn den Umkreis Ganz erfuͤllten. Jhn kannten ſogleich die Schaaren der Engel Die hier die Wache verſahn; und ſeinem erhabenen Range, Und der hohen Geſandtſchaft, die ihn hieher trug, zu Ehren, Stan- o) Die Vergleichung des Engels mit dem Sohne der Maja zeigt deut- lich, daß der Dichter die erhabene Stellen des Homers und Virgils vor Augen gehabt, worinnen der Flug und die Niederlaſſung des Merkurius auf die Erde beſchrieben wird. Die vom Homer iſt Il. XXIV. 339. ____________ Alſo ſprach er. Der Herold der Goͤtter gehorcht den Befehlen, Und knuͤpft an die Ferſen die guͤld- nen ambroſiſchen Schwingen, Die mit dem Hauche des Windes ihn uͤber Laͤnder und Meere Forttragen. Drauf ergreift er den Stab, womit er die Augen Sterblicher einwiegt zum Schlum̃er, und ſchlummernde wieder eroͤffnet. Virgil hat es beynahe von Wort zu Wort, doch mit einigem Zuſatz, uͤber- ſetzt. Aen. IV. 238. Dixerat: ille patris magni parere pa- rabat Imperio, et primum pedibus talaria nectit Aurea: quae ſublimem alis, ſiue aequora ſupra, Seu terram, rapido pariter cum flami- ne portant. Tum virgam capit: hac animas ille evocat Orco Pallentes, alias ſub triſtia Tartara mit- tit; Dat ſomnos adimitque, et lumina morte reſignat. Alſo Jupiter. Er, des großen Vaters Befehlen Zu gehorchen, knuͤpfet ſo gleich die guͤt- denen Schwingen An die Ferſen, die ihn mit dem Wind uͤber Laͤnder und Seen Forttragen; und drauf nimmt er den Stab, womit er die Seelen Aus dem Orkus herauf, und andre zur Hoͤlle hinabfuͤhrt; Bald dadurch den Schlummer ertheilt, bald wieder ihn raubet, Und die Augen eroͤffnet, die Todesſchat- ten verhuͤllet. Es iſt ſchwer zu beſtimmen, wie Po- pe ſagt, ob die Copie oder das Original ſchoͤner ſey; doch glaube ich wird jeder Leſer zugeben, daß Miltons Beſchrei- bung beyde uͤbertreffe. N. B b 3

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Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies01_1760/219>, abgerufen am 29.04.2024.