Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.

Bild:
<< vorherige Seite
Sechster Gesang.
Also schloß er, und seine Reden belebten von neuem
Jhren sinkenden Muth, und ihre schmachtende Hoffnung.
Die Erfindung ward hoch von allen bewundert; und jedem
480Dünkte dies itzo sehr leicht, was vor der Erfindung den meisten
Ganz unmöglich geschienen. Doch kann in den künftigen Tagen [Spaltenumbruch] r)
Einer von deinem Geschlechte vielleicht, (wenn Verderben und Bosheit
Ueberhand nimmt,) auf Unglück bedacht, und von teuflischem Antrieb
Angefeuert, ein gleiches Werkzeug erfinden, die Menschen
485Wegen der Sünden zu strafen, indem sie auf Krieg und auf Morden
Jhre Gedanken gerichtet. -- Schnell eilten sie von der Versammlung
An das Werk, denn keiner war hier, der Einwürfe machte;
Zahllose Hände waren bereit. Jm Augenblick rissen
Sie den himmlischen Boden weit auf, und sahen darunter
490Jn der Tiefe den Stoff der Natur in der rohen Empfängniß;
Fanden salpetrichten schweflichten Schaum s), und mengten denselben
Untereinander, mit seiner Kunst, gekocht und gereinigt,
Ward er zum schwärzesten Korn, und aufgeschüttet in Haufen.
Andre gruben sehr tief nach verborgenen Adern von Steinen,
495Oder Metall, (auch dieses Erdreich hat Eingeweide,
Jener nicht ungleich) um ihre Maschinen und Kugeln zu gießen,
Die das Verderben umhersenden sollten. Noch andre besorgten
Ruthen,
r) Diese prophetische Sprache giebt
der Poesie eine große Feyerlichkeit.
N.
s) Der Leser wird hier gewiß den
[Spaltenumbruch] Dichter bewundern, daß er alle diese
kleinen Umstände einer solchen Zube-
reitung so erhaben zu beschreiben ge-
wußt. Z.
J i
Sechſter Geſang.
Alſo ſchloß er, und ſeine Reden belebten von neuem
Jhren ſinkenden Muth, und ihre ſchmachtende Hoffnung.
Die Erfindung ward hoch von allen bewundert; und jedem
480Duͤnkte dies itzo ſehr leicht, was vor der Erfindung den meiſten
Ganz unmoͤglich geſchienen. Doch kann in den kuͤnftigen Tagen [Spaltenumbruch] r)
Einer von deinem Geſchlechte vielleicht, (wenn Verderben und Bosheit
Ueberhand nimmt,) auf Ungluͤck bedacht, und von teufliſchem Antrieb
Angefeuert, ein gleiches Werkzeug erfinden, die Menſchen
485Wegen der Suͤnden zu ſtrafen, indem ſie auf Krieg und auf Morden
Jhre Gedanken gerichtet. — Schnell eilten ſie von der Verſammlung
An das Werk, denn keiner war hier, der Einwuͤrfe machte;
Zahlloſe Haͤnde waren bereit. Jm Augenblick riſſen
Sie den himmliſchen Boden weit auf, und ſahen darunter
490Jn der Tiefe den Stoff der Natur in der rohen Empfaͤngniß;
Fanden ſalpetrichten ſchweflichten Schaum s), und mengten denſelben
Untereinander, mit ſeiner Kunſt, gekocht und gereinigt,
Ward er zum ſchwaͤrzeſten Korn, und aufgeſchuͤttet in Haufen.
Andre gruben ſehr tief nach verborgenen Adern von Steinen,
495Oder Metall, (auch dieſes Erdreich hat Eingeweide,
Jener nicht ungleich) um ihre Maſchinen und Kugeln zu gießen,
Die das Verderben umherſenden ſollten. Noch andre beſorgten
Ruthen,
r) Dieſe prophetiſche Sprache giebt
der Poeſie eine große Feyerlichkeit.
N.
s) Der Leſer wird hier gewiß den
[Spaltenumbruch] Dichter bewundern, daß er alle dieſe
kleinen Umſtaͤnde einer ſolchen Zube-
reitung ſo erhaben zu beſchreiben ge-
wußt. Z.
J i
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0273" n="249"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Sech&#x017F;ter Ge&#x017F;ang.</hi> </fw><lb/>
          <lg n="19">
            <l>Al&#x017F;o &#x017F;chloß er, und &#x017F;eine Reden belebten von neuem</l><lb/>
            <l>Jhren &#x017F;inkenden Muth, und ihre &#x017F;chmachtende Hoffnung.</l><lb/>
            <l>Die Erfindung ward hoch von allen bewundert; und jedem</l><lb/>
            <l><note place="left">480</note>Du&#x0364;nkte dies itzo &#x017F;ehr leicht, was vor der Erfindung den mei&#x017F;ten</l><lb/>
            <l>Ganz unmo&#x0364;glich ge&#x017F;chienen. Doch kann in den ku&#x0364;nftigen Tagen <cb/>
<note place="foot" n="r)">Die&#x017F;e propheti&#x017F;che Sprache giebt<lb/>
der Poe&#x017F;ie eine große Feyerlichkeit.<lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">N.</hi></hi></note></l><lb/>
            <l>Einer von deinem Ge&#x017F;chlechte vielleicht, (wenn Verderben und Bosheit</l><lb/>
            <l>Ueberhand nimmt,) auf Unglu&#x0364;ck bedacht, und von teufli&#x017F;chem Antrieb</l><lb/>
            <l>Angefeuert, ein gleiches Werkzeug erfinden, die Men&#x017F;chen</l><lb/>
            <l><note place="left">485</note>Wegen der Su&#x0364;nden zu &#x017F;trafen, indem &#x017F;ie auf Krieg und auf Morden</l><lb/>
            <l>Jhre Gedanken gerichtet. &#x2014; Schnell eilten &#x017F;ie von der Ver&#x017F;ammlung</l><lb/>
            <l>An das Werk, denn keiner war hier, der Einwu&#x0364;rfe machte;</l><lb/>
            <l>Zahllo&#x017F;e Ha&#x0364;nde waren bereit. Jm Augenblick ri&#x017F;&#x017F;en</l><lb/>
            <l>Sie den himmli&#x017F;chen Boden weit auf, und &#x017F;ahen darunter</l><lb/>
            <l><note place="left">490</note>Jn der Tiefe den Stoff der Natur in der rohen Empfa&#x0364;ngniß;</l><lb/>
            <l>Fanden &#x017F;alpetrichten &#x017F;chweflichten Schaum <note place="foot" n="s)">Der Le&#x017F;er wird hier gewiß den<lb/><cb/>
Dichter bewundern, daß er alle die&#x017F;e<lb/>
kleinen Um&#x017F;ta&#x0364;nde einer &#x017F;olchen Zube-<lb/>
reitung &#x017F;o erhaben zu be&#x017F;chreiben ge-<lb/>
wußt. <hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">Z.</hi></hi></note>, und mengten den&#x017F;elben</l><lb/>
            <l>Untereinander, mit &#x017F;einer Kun&#x017F;t, gekocht und gereinigt,</l><lb/>
            <l>Ward er zum &#x017F;chwa&#x0364;rze&#x017F;ten Korn, und aufge&#x017F;chu&#x0364;ttet in Haufen.</l><lb/>
            <l>Andre gruben &#x017F;ehr tief nach verborgenen Adern von Steinen,</l><lb/>
            <l><note place="left">495</note>Oder Metall, (auch die&#x017F;es Erdreich hat Eingeweide,</l><lb/>
            <l>Jener nicht ungleich) um ihre Ma&#x017F;chinen und Kugeln zu gießen,</l><lb/>
            <l>Die das Verderben umher&#x017F;enden &#x017F;ollten. Noch andre be&#x017F;orgten</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Ruthen,</fw><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">J i</fw><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[249/0273] Sechſter Geſang. Alſo ſchloß er, und ſeine Reden belebten von neuem Jhren ſinkenden Muth, und ihre ſchmachtende Hoffnung. Die Erfindung ward hoch von allen bewundert; und jedem Duͤnkte dies itzo ſehr leicht, was vor der Erfindung den meiſten Ganz unmoͤglich geſchienen. Doch kann in den kuͤnftigen Tagen r) Einer von deinem Geſchlechte vielleicht, (wenn Verderben und Bosheit Ueberhand nimmt,) auf Ungluͤck bedacht, und von teufliſchem Antrieb Angefeuert, ein gleiches Werkzeug erfinden, die Menſchen Wegen der Suͤnden zu ſtrafen, indem ſie auf Krieg und auf Morden Jhre Gedanken gerichtet. — Schnell eilten ſie von der Verſammlung An das Werk, denn keiner war hier, der Einwuͤrfe machte; Zahlloſe Haͤnde waren bereit. Jm Augenblick riſſen Sie den himmliſchen Boden weit auf, und ſahen darunter Jn der Tiefe den Stoff der Natur in der rohen Empfaͤngniß; Fanden ſalpetrichten ſchweflichten Schaum s), und mengten denſelben Untereinander, mit ſeiner Kunſt, gekocht und gereinigt, Ward er zum ſchwaͤrzeſten Korn, und aufgeſchuͤttet in Haufen. Andre gruben ſehr tief nach verborgenen Adern von Steinen, Oder Metall, (auch dieſes Erdreich hat Eingeweide, Jener nicht ungleich) um ihre Maſchinen und Kugeln zu gießen, Die das Verderben umherſenden ſollten. Noch andre beſorgten Ruthen, r) Dieſe prophetiſche Sprache giebt der Poeſie eine große Feyerlichkeit. N. s) Der Leſer wird hier gewiß den Dichter bewundern, daß er alle dieſe kleinen Umſtaͤnde einer ſolchen Zube- reitung ſo erhaben zu beſchreiben ge- wußt. Z. J i

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies01_1760
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies01_1760/273
Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies01_1760/273>, abgerufen am 21.11.2024.