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Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.

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Das verlohrne Paradies.
Also spottet er unser mit doppelsinnigen Worten;
Und kaum hatt' er geendet, da trennte zur Rechten und Linken
545Sich die Fronte bereits, und zog an die Flügel des Heeres.
Und nun sahen wir voller Verwundrung mit unsern Augen
Eine dreyfache Reihe von Pfeilern, auf Räder geleget;
Denn sie glichen Pfeilern und hohlen Stämmen von Eichen
Oder Fichten, die man von ihren Zweigen behauen
550Auf dem Berg und im Walde gefällt; von Metall oder Eisen,
Oder steinerne Masse; hätt' ihre scheußliche Mündung
Nicht den furchtbaren Schlund weit gegen uns aufgesperret,
Und mit durchlöchertem Frieden gedroht [Spaltenumbruch] u). Bey jedem Pfeiler
Stand ein Seraph, der eine Ruthe, in Feuer getauchet,
555Jn der Hand hielt; wir stunden indeß unschlüssig, voll Zweifel,
Jn Gedanken vertieft; jedoch nicht lange; denn plötzlich
Streckten sie all' auf einmal die feuerbesprengten Ruthen
Vor sich hin, und legten sie sanft mit geringer Berührung,
An ein Luftloch. Der ganze Himmel stand gählings in Flammen,
560(Aber bald wieder in Rauch eingehüllt) die diese Maschinen
Aus dem tiefschlundigten Rachen gesprüht; sie zerrissen die Lüfte
Durch ihr schrecklich Gebrüll im Jnnersten. Da sie itzt ausspien
Was die teuflischen Schlünde verschluckt, zusammengedrungne
Don-
u) Die Wortspiele, welche Milton
die Teufel sagen lassen, können nicht
allein entschuldigt werden, sondern sie
sind sogar nach meinem Geschmacke
eine wirkliche Schönheit. Nichts
schickte sich besser für so stolze, ver-
[Spaltenumbruch] derbte, betrügrische Geister, und für
den Vater der Lügen, wie Satan in
der Schrift genannt wird. Aber ich
wünschte, daß Milton hier nicht auch
den guten Engel das Wortspiel hätte
fortführen lassen. Z.
Das verlohrne Paradies.
Alſo ſpottet er unſer mit doppelſinnigen Worten;
Und kaum hatt’ er geendet, da trennte zur Rechten und Linken
545Sich die Fronte bereits, und zog an die Fluͤgel des Heeres.
Und nun ſahen wir voller Verwundrung mit unſern Augen
Eine dreyfache Reihe von Pfeilern, auf Raͤder geleget;
Denn ſie glichen Pfeilern und hohlen Staͤmmen von Eichen
Oder Fichten, die man von ihren Zweigen behauen
550Auf dem Berg und im Walde gefaͤllt; von Metall oder Eiſen,
Oder ſteinerne Maſſe; haͤtt’ ihre ſcheußliche Muͤndung
Nicht den furchtbaren Schlund weit gegen uns aufgeſperret,
Und mit durchloͤchertem Frieden gedroht [Spaltenumbruch] u). Bey jedem Pfeiler
Stand ein Seraph, der eine Ruthe, in Feuer getauchet,
555Jn der Hand hielt; wir ſtunden indeß unſchluͤſſig, voll Zweifel,
Jn Gedanken vertieft; jedoch nicht lange; denn ploͤtzlich
Streckten ſie all’ auf einmal die feuerbeſprengten Ruthen
Vor ſich hin, und legten ſie ſanft mit geringer Beruͤhrung,
An ein Luftloch. Der ganze Himmel ſtand gaͤhlings in Flammen,
560(Aber bald wieder in Rauch eingehuͤllt) die dieſe Maſchinen
Aus dem tiefſchlundigten Rachen geſpruͤht; ſie zerriſſen die Luͤfte
Durch ihr ſchrecklich Gebruͤll im Jnnerſten. Da ſie itzt ausſpien
Was die teufliſchen Schluͤnde verſchluckt, zuſammengedrungne
Don-
u) Die Wortſpiele, welche Milton
die Teufel ſagen laſſen, koͤnnen nicht
allein entſchuldigt werden, ſondern ſie
ſind ſogar nach meinem Geſchmacke
eine wirkliche Schoͤnheit. Nichts
ſchickte ſich beſſer fuͤr ſo ſtolze, ver-
[Spaltenumbruch] derbte, betruͤgriſche Geiſter, und fuͤr
den Vater der Luͤgen, wie Satan in
der Schrift genannt wird. Aber ich
wuͤnſchte, daß Milton hier nicht auch
den guten Engel das Wortſpiel haͤtte
fortfuͤhren laſſen. Z.
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[252/0276] Das verlohrne Paradies. Alſo ſpottet er unſer mit doppelſinnigen Worten; Und kaum hatt’ er geendet, da trennte zur Rechten und Linken Sich die Fronte bereits, und zog an die Fluͤgel des Heeres. Und nun ſahen wir voller Verwundrung mit unſern Augen Eine dreyfache Reihe von Pfeilern, auf Raͤder geleget; Denn ſie glichen Pfeilern und hohlen Staͤmmen von Eichen Oder Fichten, die man von ihren Zweigen behauen Auf dem Berg und im Walde gefaͤllt; von Metall oder Eiſen, Oder ſteinerne Maſſe; haͤtt’ ihre ſcheußliche Muͤndung Nicht den furchtbaren Schlund weit gegen uns aufgeſperret, Und mit durchloͤchertem Frieden gedroht u). Bey jedem Pfeiler Stand ein Seraph, der eine Ruthe, in Feuer getauchet, Jn der Hand hielt; wir ſtunden indeß unſchluͤſſig, voll Zweifel, Jn Gedanken vertieft; jedoch nicht lange; denn ploͤtzlich Streckten ſie all’ auf einmal die feuerbeſprengten Ruthen Vor ſich hin, und legten ſie ſanft mit geringer Beruͤhrung, An ein Luftloch. Der ganze Himmel ſtand gaͤhlings in Flammen, (Aber bald wieder in Rauch eingehuͤllt) die dieſe Maſchinen Aus dem tiefſchlundigten Rachen geſpruͤht; ſie zerriſſen die Luͤfte Durch ihr ſchrecklich Gebruͤll im Jnnerſten. Da ſie itzt ausſpien Was die teufliſchen Schluͤnde verſchluckt, zuſammengedrungne Don- u) Die Wortſpiele, welche Milton die Teufel ſagen laſſen, koͤnnen nicht allein entſchuldigt werden, ſondern ſie ſind ſogar nach meinem Geſchmacke eine wirkliche Schoͤnheit. Nichts ſchickte ſich beſſer fuͤr ſo ſtolze, ver- derbte, betruͤgriſche Geiſter, und fuͤr den Vater der Luͤgen, wie Satan in der Schrift genannt wird. Aber ich wuͤnſchte, daß Milton hier nicht auch den guten Engel das Wortſpiel haͤtte fortfuͤhren laſſen. Z.

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Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies01_1760/276>, abgerufen am 21.11.2024.