Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.Das verlohrne Paradies. Diese Rebellen verfolget, durch mich sie verfolget; denn euch nicht,Mich verschmähten, beneideten sie; und alles ihr Wüthen Gieng auf mich nur allein, dieweil der ewige Vater, 775Dem im höchsten Himmel das Reich und die Ehre gebühret, Mich nach seinem Willen geehrt; drum hat er es mir auch Ueberlassen, sie zu bestrafen; sie sollen erlangen, Was sie so sehr sich gewünscht, sich mit mir im Streit zu versuchen Und zu erfahren, wer stärker sey, sie alle zusammen, 780Oder ich gegen sie all' allein, indem sie doch alles Nach der Stärke nur messen, auf keinen anderen Vorzug Nacheifernd; eines anderen Streits will ich sie nicht würdgen. Also der Sohn. Er verwandelte plötzlich in furchtbare Schrecken Seine Gestalt; zu streng, als daß man sie anschauen konnte; 785Und er wandt sie auf seine Feinde voll tödtenden Grimmes. Und die vier Cherubim spreiteten schnell die sternvollen Flügel Weit um sich her mit furchtbarem Schatten; die Räder des Wagens Rollten dahin, wie mit dem Getös lautdonnernder Wasser, Oder zahlreicher Heere. Schwarz, finster, der schrecklichsten Nacht gleich, 790Fuhr er auf seine gottlosen Feinde. Die Festen des Himmels Bebten von Grund auf den brennenden Rädern; allein nur des Ewgen Thron nicht. Jm Augenblick war er bey ihnen, die grimmige Rechte Faßte zehntausend Donner; er sandte mit solcher Gewalt sie Vor sich her, daß sie tief in ihre getroffenen Seelen 795Wunden schlugen; erstarrt, und von allem Muthe verlassen, Gaben sie allen Widerstand auf, und die müßigen Waffen Fielen
Das verlohrne Paradies. Dieſe Rebellen verfolget, durch mich ſie verfolget; denn euch nicht,Mich verſchmaͤhten, beneideten ſie; und alles ihr Wuͤthen Gieng auf mich nur allein, dieweil der ewige Vater, 775Dem im hoͤchſten Himmel das Reich und die Ehre gebuͤhret, Mich nach ſeinem Willen geehrt; drum hat er es mir auch Ueberlaſſen, ſie zu beſtrafen; ſie ſollen erlangen, Was ſie ſo ſehr ſich gewuͤnſcht, ſich mit mir im Streit zu verſuchen Und zu erfahren, wer ſtaͤrker ſey, ſie alle zuſammen, 780Oder ich gegen ſie all’ allein, indem ſie doch alles Nach der Staͤrke nur meſſen, auf keinen anderen Vorzug Nacheifernd; eines anderen Streits will ich ſie nicht wuͤrdgen. Alſo der Sohn. Er verwandelte ploͤtzlich in furchtbare Schrecken Seine Geſtalt; zu ſtreng, als daß man ſie anſchauen konnte; 785Und er wandt ſie auf ſeine Feinde voll toͤdtenden Grimmes. Und die vier Cherubim ſpreiteten ſchnell die ſternvollen Fluͤgel Weit um ſich her mit furchtbarem Schatten; die Raͤder des Wagens Rollten dahin, wie mit dem Getoͤs lautdonnernder Waſſer, Oder zahlreicher Heere. Schwarz, finſter, der ſchrecklichſten Nacht gleich, 790Fuhr er auf ſeine gottloſen Feinde. Die Feſten des Himmels Bebten von Grund auf den brennenden Raͤdern; allein nur des Ewgen Thron nicht. Jm Augenblick war er bey ihnen, die grimmige Rechte Faßte zehntauſend Donner; er ſandte mit ſolcher Gewalt ſie Vor ſich her, daß ſie tief in ihre getroffenen Seelen 795Wunden ſchlugen; erſtarrt, und von allem Muthe verlaſſen, Gaben ſie allen Widerſtand auf, und die muͤßigen Waffen Fielen
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="33"> <pb facs="#f0286" n="262"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das verlohrne Paradies.</hi> </fw><lb/> <l>Dieſe Rebellen verfolget, durch mich ſie verfolget; denn euch nicht,</l><lb/> <l>Mich verſchmaͤhten, beneideten ſie; und alles ihr Wuͤthen</l><lb/> <l>Gieng auf mich nur allein, dieweil der ewige Vater,</l><lb/> <l><note place="left">775</note>Dem im hoͤchſten Himmel das Reich und die Ehre gebuͤhret,</l><lb/> <l>Mich nach ſeinem Willen geehrt; drum hat er es mir auch</l><lb/> <l>Ueberlaſſen, ſie zu beſtrafen; ſie ſollen erlangen,</l><lb/> <l>Was ſie ſo ſehr ſich gewuͤnſcht, ſich mit mir im Streit zu verſuchen</l><lb/> <l>Und zu erfahren, wer ſtaͤrker ſey, ſie alle zuſammen,</l><lb/> <l><note place="left">780</note>Oder ich gegen ſie all’ allein, indem ſie doch alles</l><lb/> <l>Nach der Staͤrke nur meſſen, auf keinen anderen Vorzug</l><lb/> <l>Nacheifernd; eines anderen Streits will ich ſie nicht wuͤrdgen.</l> </lg><lb/> <lg n="34"> <l>Alſo der Sohn. Er verwandelte ploͤtzlich in furchtbare Schrecken</l><lb/> <l>Seine Geſtalt; zu ſtreng, als daß man ſie anſchauen konnte;</l><lb/> <l><note place="left">785</note>Und er wandt ſie auf ſeine Feinde voll toͤdtenden Grimmes.</l><lb/> <l>Und die vier Cherubim ſpreiteten ſchnell die ſternvollen Fluͤgel</l><lb/> <l>Weit um ſich her mit furchtbarem Schatten; die Raͤder des Wagens</l><lb/> <l>Rollten dahin, wie mit dem Getoͤs lautdonnernder Waſſer,</l><lb/> <l>Oder zahlreicher Heere. Schwarz, finſter, der ſchrecklichſten Nacht gleich,</l><lb/> <l><note place="left">790</note>Fuhr er auf ſeine gottloſen Feinde. Die Feſten des Himmels</l><lb/> <l>Bebten von Grund auf den brennenden Raͤdern; allein nur des Ewgen</l><lb/> <l>Thron nicht. Jm Augenblick war er bey ihnen, die grimmige Rechte</l><lb/> <l>Faßte zehntauſend Donner; er ſandte mit ſolcher Gewalt ſie</l><lb/> <l>Vor ſich her, daß ſie tief in ihre getroffenen Seelen</l><lb/> <l><note place="left">795</note>Wunden ſchlugen; erſtarrt, und von allem Muthe verlaſſen,</l><lb/> <l>Gaben ſie allen Widerſtand auf, und die muͤßigen Waffen</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Fielen</fw><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [262/0286]
Das verlohrne Paradies.
Dieſe Rebellen verfolget, durch mich ſie verfolget; denn euch nicht,
Mich verſchmaͤhten, beneideten ſie; und alles ihr Wuͤthen
Gieng auf mich nur allein, dieweil der ewige Vater,
Dem im hoͤchſten Himmel das Reich und die Ehre gebuͤhret,
Mich nach ſeinem Willen geehrt; drum hat er es mir auch
Ueberlaſſen, ſie zu beſtrafen; ſie ſollen erlangen,
Was ſie ſo ſehr ſich gewuͤnſcht, ſich mit mir im Streit zu verſuchen
Und zu erfahren, wer ſtaͤrker ſey, ſie alle zuſammen,
Oder ich gegen ſie all’ allein, indem ſie doch alles
Nach der Staͤrke nur meſſen, auf keinen anderen Vorzug
Nacheifernd; eines anderen Streits will ich ſie nicht wuͤrdgen.
Alſo der Sohn. Er verwandelte ploͤtzlich in furchtbare Schrecken
Seine Geſtalt; zu ſtreng, als daß man ſie anſchauen konnte;
Und er wandt ſie auf ſeine Feinde voll toͤdtenden Grimmes.
Und die vier Cherubim ſpreiteten ſchnell die ſternvollen Fluͤgel
Weit um ſich her mit furchtbarem Schatten; die Raͤder des Wagens
Rollten dahin, wie mit dem Getoͤs lautdonnernder Waſſer,
Oder zahlreicher Heere. Schwarz, finſter, der ſchrecklichſten Nacht gleich,
Fuhr er auf ſeine gottloſen Feinde. Die Feſten des Himmels
Bebten von Grund auf den brennenden Raͤdern; allein nur des Ewgen
Thron nicht. Jm Augenblick war er bey ihnen, die grimmige Rechte
Faßte zehntauſend Donner; er ſandte mit ſolcher Gewalt ſie
Vor ſich her, daß ſie tief in ihre getroffenen Seelen
Wunden ſchlugen; erſtarrt, und von allem Muthe verlaſſen,
Gaben ſie allen Widerſtand auf, und die muͤßigen Waffen
Fielen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |