Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.

Bild:
<< vorherige Seite

Das verlohrne Paradies.
740Mit der rebellischen Rotte geschehen. Was halfs ihm im Himmel
Hohe Thürme gebaut zu haben? Mit allen Maschinen
Konnt er sich itzt nicht erretten; Er ward vom Himmel gestürzet,
Jn der Hölle zu bauen mit seinen fleißigen Schaaren.

Mittlerweile ward auf Befehl der obersten Herrschaft
745Unter furchtbarn Gebräuchen von fliegender Herolde Lippen
Bey dem Schall der Trompeten, im ganzen Heer durch, ein Reichstag
Feyerlich ausgerufen. Jm Pandämonium sollt' er
Unverzüglich gehalten werden, dem Hauptpallaste
Satans, und seiner Großen des Reichs. Die Befehle verlangten
750Von jedwedem Geschwader den Vornehmsten, so wie sein Rang ihn,
Oder die Wahl bestimmt. Bey hundert und tausenden kamen
Sie sogleich in Haufen herbey. Die Zugänge waren
Alle voller Gedränge. Die weiten Thüren und Hallen
Und der geraume Vorhof besonders, obgleich wie ein Feld groß,
755Wo die verwegnen Kämpfer in Waffen herum sich getummelt,
Und vor der Bühne des Soldans den besten der heydnischen Ritter
Zu dem tödtlichen Kampf, und zum Lanzenbrechen gefordert,
Wimmelten vom andringenden Schwarm, so wohl auf dem Boden,
Als in der Luft, die vom Zischen der rauschenden Flügel getheilt ward.
760So wie die Bienen im Lenz, wenn mit dem Stiere die Sonne
Durch den Himmel da hin fährt, die zahlreiche Jugend vom Stocke
Forttreiben; bis sie sich hier, oder da, in Trauben anhängen:
Hin und her fliegen sie dann im frischen Thau, unter Blumen,
Oder wandeln herum auf dem glatten Brete, der Vorstadt
Jhrer

Das verlohrne Paradies.
740Mit der rebelliſchen Rotte geſchehen. Was halfs ihm im Himmel
Hohe Thuͤrme gebaut zu haben? Mit allen Maſchinen
Konnt er ſich itzt nicht erretten; Er ward vom Himmel geſtuͤrzet,
Jn der Hoͤlle zu bauen mit ſeinen fleißigen Schaaren.

Mittlerweile ward auf Befehl der oberſten Herrſchaft
745Unter furchtbarn Gebraͤuchen von fliegender Herolde Lippen
Bey dem Schall der Trompeten, im ganzen Heer durch, ein Reichstag
Feyerlich ausgerufen. Jm Pandaͤmonium ſollt’ er
Unverzuͤglich gehalten werden, dem Hauptpallaſte
Satans, und ſeiner Großen des Reichs. Die Befehle verlangten
750Von jedwedem Geſchwader den Vornehmſten, ſo wie ſein Rang ihn,
Oder die Wahl beſtimmt. Bey hundert und tauſenden kamen
Sie ſogleich in Haufen herbey. Die Zugaͤnge waren
Alle voller Gedraͤnge. Die weiten Thuͤren und Hallen
Und der geraume Vorhof beſonders, obgleich wie ein Feld groß,
755Wo die verwegnen Kaͤmpfer in Waffen herum ſich getummelt,
Und vor der Buͤhne des Soldans den beſten der heydniſchen Ritter
Zu dem toͤdtlichen Kampf, und zum Lanzenbrechen gefordert,
Wimmelten vom andringenden Schwarm, ſo wohl auf dem Boden,
Als in der Luft, die vom Ziſchen der rauſchenden Fluͤgel getheilt ward.
760So wie die Bienen im Lenz, wenn mit dem Stiere die Sonne
Durch den Himmel da hin faͤhrt, die zahlreiche Jugend vom Stocke
Forttreiben; bis ſie ſich hier, oder da, in Trauben anhaͤngen:
Hin und her fliegen ſie dann im friſchen Thau, unter Blumen,
Oder wandeln herum auf dem glatten Brete, der Vorſtadt
Jhrer
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="21">
            <pb facs="#f0054" n="40"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das verlohrne Paradies.</hi> </fw><lb/>
            <l><note place="left">740</note>Mit der rebelli&#x017F;chen Rotte ge&#x017F;chehen. Was halfs ihm im Himmel</l><lb/>
            <l>Hohe Thu&#x0364;rme gebaut zu haben? Mit allen Ma&#x017F;chinen</l><lb/>
            <l>Konnt er &#x017F;ich itzt nicht erretten; Er ward vom Himmel ge&#x017F;tu&#x0364;rzet,</l><lb/>
            <l>Jn der Ho&#x0364;lle zu bauen mit &#x017F;einen fleißigen Schaaren.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="22">
            <l>Mittlerweile ward auf Befehl der ober&#x017F;ten Herr&#x017F;chaft</l><lb/>
            <l><note place="left">745</note>Unter furchtbarn Gebra&#x0364;uchen von fliegender Herolde Lippen</l><lb/>
            <l>Bey dem Schall der Trompeten, im ganzen Heer durch, ein Reichstag</l><lb/>
            <l>Feyerlich ausgerufen. Jm <hi rendition="#fr">Panda&#x0364;monium</hi> &#x017F;ollt&#x2019; er</l><lb/>
            <l>Unverzu&#x0364;glich gehalten werden, dem Hauptpalla&#x017F;te</l><lb/>
            <l><hi rendition="#fr">Satans,</hi> und &#x017F;einer Großen des Reichs. Die Befehle verlangten</l><lb/>
            <l><note place="left">750</note>Von jedwedem Ge&#x017F;chwader den Vornehm&#x017F;ten, &#x017F;o wie &#x017F;ein Rang ihn,</l><lb/>
            <l>Oder die Wahl be&#x017F;timmt. Bey hundert und tau&#x017F;enden kamen</l><lb/>
            <l>Sie &#x017F;ogleich in Haufen herbey. Die Zuga&#x0364;nge waren</l><lb/>
            <l>Alle voller Gedra&#x0364;nge. Die weiten Thu&#x0364;ren und Hallen</l><lb/>
            <l>Und der geraume Vorhof be&#x017F;onders, obgleich wie ein Feld groß,</l><lb/>
            <l><note place="left">755</note>Wo die verwegnen Ka&#x0364;mpfer in Waffen herum &#x017F;ich getummelt,</l><lb/>
            <l>Und vor der Bu&#x0364;hne des Soldans den be&#x017F;ten der heydni&#x017F;chen Ritter</l><lb/>
            <l>Zu dem to&#x0364;dtlichen Kampf, und zum Lanzenbrechen gefordert,</l><lb/>
            <l>Wimmelten vom andringenden Schwarm, &#x017F;o wohl auf dem Boden,</l><lb/>
            <l>Als in der Luft, die vom Zi&#x017F;chen der rau&#x017F;chenden Flu&#x0364;gel getheilt ward.</l><lb/>
            <l><note place="left">760</note>So wie die Bienen im Lenz, wenn mit dem Stiere die Sonne</l><lb/>
            <l>Durch den Himmel da hin fa&#x0364;hrt, die zahlreiche Jugend vom Stocke</l><lb/>
            <l>Forttreiben; bis &#x017F;ie &#x017F;ich hier, oder da, in Trauben anha&#x0364;ngen:</l><lb/>
            <l>Hin und her fliegen &#x017F;ie dann im fri&#x017F;chen Thau, unter Blumen,</l><lb/>
            <l>Oder wandeln herum auf dem glatten Brete, der Vor&#x017F;tadt</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Jhrer</fw><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[40/0054] Das verlohrne Paradies. Mit der rebelliſchen Rotte geſchehen. Was halfs ihm im Himmel Hohe Thuͤrme gebaut zu haben? Mit allen Maſchinen Konnt er ſich itzt nicht erretten; Er ward vom Himmel geſtuͤrzet, Jn der Hoͤlle zu bauen mit ſeinen fleißigen Schaaren. Mittlerweile ward auf Befehl der oberſten Herrſchaft Unter furchtbarn Gebraͤuchen von fliegender Herolde Lippen Bey dem Schall der Trompeten, im ganzen Heer durch, ein Reichstag Feyerlich ausgerufen. Jm Pandaͤmonium ſollt’ er Unverzuͤglich gehalten werden, dem Hauptpallaſte Satans, und ſeiner Großen des Reichs. Die Befehle verlangten Von jedwedem Geſchwader den Vornehmſten, ſo wie ſein Rang ihn, Oder die Wahl beſtimmt. Bey hundert und tauſenden kamen Sie ſogleich in Haufen herbey. Die Zugaͤnge waren Alle voller Gedraͤnge. Die weiten Thuͤren und Hallen Und der geraume Vorhof beſonders, obgleich wie ein Feld groß, Wo die verwegnen Kaͤmpfer in Waffen herum ſich getummelt, Und vor der Buͤhne des Soldans den beſten der heydniſchen Ritter Zu dem toͤdtlichen Kampf, und zum Lanzenbrechen gefordert, Wimmelten vom andringenden Schwarm, ſo wohl auf dem Boden, Als in der Luft, die vom Ziſchen der rauſchenden Fluͤgel getheilt ward. So wie die Bienen im Lenz, wenn mit dem Stiere die Sonne Durch den Himmel da hin faͤhrt, die zahlreiche Jugend vom Stocke Forttreiben; bis ſie ſich hier, oder da, in Trauben anhaͤngen: Hin und her fliegen ſie dann im friſchen Thau, unter Blumen, Oder wandeln herum auf dem glatten Brete, der Vorſtadt Jhrer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies01_1760
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies01_1760/54
Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies01_1760/54>, abgerufen am 02.05.2024.