Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.Zweyter Gesang. 35Niemand mit stolzem Gemüthe nach größerem Antheile geizen.Mit dem Vortheil also der Einigkeit, und mit der festen Treu, und dem festen starken Verbündniß, noch fester und stärker, Als im Himmel seyn kann, ziehn wir itzt wieder zurücke, Unser gebührendes Erbtheil, das uns von Alters her zukömmt, 40Wieder zu fordern; und sind nun des glücklichen Fortgangs gewisser, Als wir im Glücke vordem uns zu versprechen vermochten. Aber, ob ein offener Krieg, oder heimliche Listen Zu erwählen, kömmt itzt in Rath; wer rathen kann, spreche. Satan endigte so. Der zepterführende König d), 45Moloch, der stärkste frecheste Geist, so im Himmel gefochten, Stand sogleich nach ihm auf, itzt durch Verzweiflung noch frecher. Voller Hochmuth verlangt er, dem Ewgen an Macht und an Stärke Gleich geachtet zu werden; er hielt in der Wuth es für besser, Gar nicht zu seyn, als geringer zu seyn. Mit diesem Gedanken 50Hatt' er auch alle Furcht verlohren; er achtete nicht mehr Weder auf Gott; noch die Hölle, noch etwas ärgers; Er sprach itzt. Meine Meynung, ihr Götter, sie räth euch zum offenen Kriege; Unerfahrner in Listen, kann ich mit ihnen nicht prahlen. Diese mögen drauf sinnen, die nöthig sie haben; und, wenn sie 55Nöthig sie haben, nicht itzo, da hohe Thaten uns rufen! Soll, indem sie so nachsinnend sitzen, der Rest, Millionen, Die in Waffen hier stehn, und mit Verlangen das Zeichen, Wieder d) So wie Homer sagt II. I, 279.
[fremdsprachliches Material - 1 Zeile fehlt]. Zweyter Geſang. 35Niemand mit ſtolzem Gemuͤthe nach groͤßerem Antheile geizen.Mit dem Vortheil alſo der Einigkeit, und mit der feſten Treu, und dem feſten ſtarken Verbuͤndniß, noch feſter und ſtaͤrker, Als im Himmel ſeyn kann, ziehn wir itzt wieder zuruͤcke, Unſer gebuͤhrendes Erbtheil, das uns von Alters her zukoͤmmt, 40Wieder zu fordern; und ſind nun des gluͤcklichen Fortgangs gewiſſer, Als wir im Gluͤcke vordem uns zu verſprechen vermochten. Aber, ob ein offener Krieg, oder heimliche Liſten Zu erwaͤhlen, koͤmmt itzt in Rath; wer rathen kann, ſpreche. Satan endigte ſo. Der zepterfuͤhrende Koͤnig d), 45Moloch, der ſtaͤrkſte frecheſte Geiſt, ſo im Himmel gefochten, Stand ſogleich nach ihm auf, itzt durch Verzweiflung noch frecher. Voller Hochmuth verlangt er, dem Ewgen an Macht und an Staͤrke Gleich geachtet zu werden; er hielt in der Wuth es fuͤr beſſer, Gar nicht zu ſeyn, als geringer zu ſeyn. Mit dieſem Gedanken 50Hatt’ er auch alle Furcht verlohren; er achtete nicht mehr Weder auf Gott; noch die Hoͤlle, noch etwas aͤrgers; Er ſprach itzt. Meine Meynung, ihr Goͤtter, ſie raͤth euch zum offenen Kriege; Unerfahrner in Liſten, kann ich mit ihnen nicht prahlen. Dieſe moͤgen drauf ſinnen, die noͤthig ſie haben; und, wenn ſie 55Noͤthig ſie haben, nicht itzo, da hohe Thaten uns rufen! Soll, indem ſie ſo nachſinnend ſitzen, der Reſt, Millionen, Die in Waffen hier ſtehn, und mit Verlangen das Zeichen, Wieder d) So wie Homer ſagt II. I, 279.
[fremdsprachliches Material – 1 Zeile fehlt]. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="2"> <pb facs="#f0063" n="47"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Zweyter Geſang.</hi> </fw><lb/> <l><note place="left">35</note>Niemand mit ſtolzem Gemuͤthe nach groͤßerem Antheile geizen.</l><lb/> <l>Mit dem Vortheil alſo der Einigkeit, und mit der feſten</l><lb/> <l>Treu, und dem feſten ſtarken Verbuͤndniß, noch feſter und ſtaͤrker,</l><lb/> <l>Als im Himmel ſeyn kann, ziehn wir itzt wieder zuruͤcke,</l><lb/> <l>Unſer gebuͤhrendes Erbtheil, das uns von Alters her zukoͤmmt,</l><lb/> <l><note place="left">40</note>Wieder zu fordern; und ſind nun des gluͤcklichen Fortgangs gewiſſer,</l><lb/> <l>Als wir im Gluͤcke vordem uns zu verſprechen vermochten.</l><lb/> <l>Aber, ob ein offener Krieg, oder heimliche Liſten</l><lb/> <l>Zu erwaͤhlen, koͤmmt itzt in Rath; wer rathen kann, ſpreche.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l><hi rendition="#fr">Satan</hi> endigte ſo. Der zepterfuͤhrende Koͤnig <note place="foot" n="d)">So wie Homer ſagt <hi rendition="#aq">II. I,</hi> 279.<lb/><gap reason="fm" unit="lines" quantity="1"/>.</note>,</l><lb/> <l><note place="left">45</note><hi rendition="#fr">Moloch,</hi> der ſtaͤrkſte frecheſte Geiſt, ſo im Himmel gefochten,</l><lb/> <l>Stand ſogleich nach ihm auf, itzt durch Verzweiflung noch frecher.</l><lb/> <l>Voller Hochmuth verlangt er, dem Ewgen an Macht und an Staͤrke</l><lb/> <l>Gleich geachtet zu werden; er hielt in der Wuth es fuͤr beſſer,</l><lb/> <l>Gar nicht zu ſeyn, als geringer zu ſeyn. Mit dieſem Gedanken</l><lb/> <l><note place="left">50</note>Hatt’ er auch alle Furcht verlohren; er achtete nicht mehr</l><lb/> <l>Weder auf Gott; noch die Hoͤlle, noch etwas aͤrgers; Er ſprach itzt.</l><lb/> <l>Meine Meynung, ihr Goͤtter, ſie raͤth euch zum offenen Kriege;</l><lb/> <l>Unerfahrner in Liſten, kann ich mit ihnen nicht prahlen.</l><lb/> <l>Dieſe moͤgen drauf ſinnen, die noͤthig ſie haben; und, wenn ſie</l><lb/> <l><note place="left">55</note>Noͤthig ſie haben, nicht itzo, da hohe Thaten uns rufen!</l><lb/> <l>Soll, indem ſie ſo nachſinnend ſitzen, der Reſt, Millionen,</l><lb/> <l>Die in Waffen hier ſtehn, und mit Verlangen das Zeichen,</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Wieder</fw><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [47/0063]
Zweyter Geſang.
Niemand mit ſtolzem Gemuͤthe nach groͤßerem Antheile geizen.
Mit dem Vortheil alſo der Einigkeit, und mit der feſten
Treu, und dem feſten ſtarken Verbuͤndniß, noch feſter und ſtaͤrker,
Als im Himmel ſeyn kann, ziehn wir itzt wieder zuruͤcke,
Unſer gebuͤhrendes Erbtheil, das uns von Alters her zukoͤmmt,
Wieder zu fordern; und ſind nun des gluͤcklichen Fortgangs gewiſſer,
Als wir im Gluͤcke vordem uns zu verſprechen vermochten.
Aber, ob ein offener Krieg, oder heimliche Liſten
Zu erwaͤhlen, koͤmmt itzt in Rath; wer rathen kann, ſpreche.
Satan endigte ſo. Der zepterfuͤhrende Koͤnig d),
Moloch, der ſtaͤrkſte frecheſte Geiſt, ſo im Himmel gefochten,
Stand ſogleich nach ihm auf, itzt durch Verzweiflung noch frecher.
Voller Hochmuth verlangt er, dem Ewgen an Macht und an Staͤrke
Gleich geachtet zu werden; er hielt in der Wuth es fuͤr beſſer,
Gar nicht zu ſeyn, als geringer zu ſeyn. Mit dieſem Gedanken
Hatt’ er auch alle Furcht verlohren; er achtete nicht mehr
Weder auf Gott; noch die Hoͤlle, noch etwas aͤrgers; Er ſprach itzt.
Meine Meynung, ihr Goͤtter, ſie raͤth euch zum offenen Kriege;
Unerfahrner in Liſten, kann ich mit ihnen nicht prahlen.
Dieſe moͤgen drauf ſinnen, die noͤthig ſie haben; und, wenn ſie
Noͤthig ſie haben, nicht itzo, da hohe Thaten uns rufen!
Soll, indem ſie ſo nachſinnend ſitzen, der Reſt, Millionen,
Die in Waffen hier ſtehn, und mit Verlangen das Zeichen,
Wieder
d) So wie Homer ſagt II. I, 279.
_.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |