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Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.

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Zweyter Gesang.
Jst uns zuwider. Wer hat nicht von uns noch neulich empfunden,
Als der grausame Feind an unsern geschlagenen Nachtrab
80Siegend sich anhieng, und weit uns durch die Tiefe verfolgte;
Wie wir mit Zwang und arbeitendem Flug so herunter gesunken?
Also ist es uns leicht, hinaufzusteigen. Der Ausgang
Wird gefürchtet? Wofern wir unsern Stärkern aufs neue
Wider uns reizen, so möchte sein Zorn noch schlimmere Wege,
85Uns zu verderben, finden; Allein ist hier in der Hölle
Noch ein ärgers Verderben zu fürchten? Was ist wohl noch schlimmer,
Als hier zu wohnen, vertrieben von allem Glück, und verdammet
Zu dem äußersten Weh, in dieser abscheulichen Tiefe;
Wo uns Schmerzen und Pein in unauslöschlichem Feuer,
90Ohn' ein Ende zu hoffen, uns, seines Zornes Vasallen,
Plagen, so oft als uns nur die unerbittliche Geißel,
Und die Stunde der Marter zu unsrer Züchtigung fordert.
Mehr noch zerstört, als wir itzo zerstört sind, würden wir völlig
Ausgelöscht seyn und vergehn. Was fürchten, was zweifeln wir also
95Seinen äußersten Zorn zu entzünden? Er wird uns, entflammet
Jn dem höhesten Grad, entweder völlig verzehren,
Und dies Wesen in Nichts verwandeln; für uns viel beglückter,
Als in ewigem Elend ein ewiges Wesen zu haben;
Oder ist unsre Natur wahrhaftig göttlich, und kann sie
100Nicht aufhören zu seyn, so kann uns nichts schlimmers begegnen,
Was wir nicht schon erfahren. Durch überzeugende Proben
Fühlen wir unsre Macht hinlänglich, ihm seinen Himmel
Zu verwüsten, und seinen Thron, den das blinde Verhängniß

Jhm
G

Zweyter Geſang.
Jſt uns zuwider. Wer hat nicht von uns noch neulich empfunden,
Als der grauſame Feind an unſern geſchlagenen Nachtrab
80Siegend ſich anhieng, und weit uns durch die Tiefe verfolgte;
Wie wir mit Zwang und arbeitendem Flug ſo herunter geſunken?
Alſo iſt es uns leicht, hinaufzuſteigen. Der Ausgang
Wird gefuͤrchtet? Wofern wir unſern Staͤrkern aufs neue
Wider uns reizen, ſo moͤchte ſein Zorn noch ſchlimmere Wege,
85Uns zu verderben, finden; Allein iſt hier in der Hoͤlle
Noch ein aͤrgers Verderben zu fuͤrchten? Was iſt wohl noch ſchlimmer,
Als hier zu wohnen, vertrieben von allem Gluͤck, und verdammet
Zu dem aͤußerſten Weh, in dieſer abſcheulichen Tiefe;
Wo uns Schmerzen und Pein in unausloͤſchlichem Feuer,
90Ohn’ ein Ende zu hoffen, uns, ſeines Zornes Vaſallen,
Plagen, ſo oft als uns nur die unerbittliche Geißel,
Und die Stunde der Marter zu unſrer Zuͤchtigung fordert.
Mehr noch zerſtoͤrt, als wir itzo zerſtoͤrt ſind, wuͤrden wir voͤllig
Ausgeloͤſcht ſeyn und vergehn. Was fuͤrchten, was zweifeln wir alſo
95Seinen aͤußerſten Zorn zu entzuͤnden? Er wird uns, entflammet
Jn dem hoͤheſten Grad, entweder voͤllig verzehren,
Und dies Weſen in Nichts verwandeln; fuͤr uns viel begluͤckter,
Als in ewigem Elend ein ewiges Weſen zu haben;
Oder iſt unſre Natur wahrhaftig goͤttlich, und kann ſie
100Nicht aufhoͤren zu ſeyn, ſo kann uns nichts ſchlimmers begegnen,
Was wir nicht ſchon erfahren. Durch uͤberzeugende Proben
Fuͤhlen wir unſre Macht hinlaͤnglich, ihm ſeinen Himmel
Zu verwuͤſten, und ſeinen Thron, den das blinde Verhaͤngniß

Jhm
G
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[49/0065] Zweyter Geſang. Jſt uns zuwider. Wer hat nicht von uns noch neulich empfunden, Als der grauſame Feind an unſern geſchlagenen Nachtrab Siegend ſich anhieng, und weit uns durch die Tiefe verfolgte; Wie wir mit Zwang und arbeitendem Flug ſo herunter geſunken? Alſo iſt es uns leicht, hinaufzuſteigen. Der Ausgang Wird gefuͤrchtet? Wofern wir unſern Staͤrkern aufs neue Wider uns reizen, ſo moͤchte ſein Zorn noch ſchlimmere Wege, Uns zu verderben, finden; Allein iſt hier in der Hoͤlle Noch ein aͤrgers Verderben zu fuͤrchten? Was iſt wohl noch ſchlimmer, Als hier zu wohnen, vertrieben von allem Gluͤck, und verdammet Zu dem aͤußerſten Weh, in dieſer abſcheulichen Tiefe; Wo uns Schmerzen und Pein in unausloͤſchlichem Feuer, Ohn’ ein Ende zu hoffen, uns, ſeines Zornes Vaſallen, Plagen, ſo oft als uns nur die unerbittliche Geißel, Und die Stunde der Marter zu unſrer Zuͤchtigung fordert. Mehr noch zerſtoͤrt, als wir itzo zerſtoͤrt ſind, wuͤrden wir voͤllig Ausgeloͤſcht ſeyn und vergehn. Was fuͤrchten, was zweifeln wir alſo Seinen aͤußerſten Zorn zu entzuͤnden? Er wird uns, entflammet Jn dem hoͤheſten Grad, entweder voͤllig verzehren, Und dies Weſen in Nichts verwandeln; fuͤr uns viel begluͤckter, Als in ewigem Elend ein ewiges Weſen zu haben; Oder iſt unſre Natur wahrhaftig goͤttlich, und kann ſie Nicht aufhoͤren zu ſeyn, ſo kann uns nichts ſchlimmers begegnen, Was wir nicht ſchon erfahren. Durch uͤberzeugende Proben Fuͤhlen wir unſre Macht hinlaͤnglich, ihm ſeinen Himmel Zu verwuͤſten, und ſeinen Thron, den das blinde Verhaͤngniß Jhm G

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Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies01_1760/65>, abgerufen am 24.11.2024.