Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.
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<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="15"> <l> <pb facs="#f0106" n="86"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das verlohrne Paradies.</hi> </fw> </l><lb/> <l>Oft ſich nieder, das ſinkende Haupt der zaͤrteren Blumen</l><lb/> <l>Aufzubinden; ſie band ſie auf mit Schleifen von Myrthen;</l><lb/> <l>Da ſie indeß, als die ſchoͤnſte der Blumen, der Stuͤtze beraubet,</l><lb/> <l>Und von ihrem Schirme ſo weit, dem Sturme ſo nahe,<lb/><note place="left">445</note>Selbſt ſich vergaß. Er naͤherte ſich; viel kruͤmmende Wege,</l><lb/> <l>Hoch beſchattet mit waldichten Cedern, mit Tannen und Palmen,</l><lb/> <l>Kroch er hindurch; itzt ſchmeidig und kuͤhn, und itzund verborgen,</l><lb/> <l>Oder er zeigte ſich auch in dicken verſchlungenen Buͤſchen,</l><lb/> <l>Unter den ſchimmernden Blumen, die jeden Raſen bedeckten,<lb/><note place="left">450</note><hi rendition="#fr">Evens</hi> Arbeit mit eigener Hand. Der lachende Platz war</l><lb/> <l>Reizender, als die Gaͤrten der Fabel, des wiedererweckten</l><lb/> <l>Lieblings der Venus, <hi rendition="#fr">Adonis,</hi> und wie <hi rendition="#fr">Alcinous</hi> Gaͤrten,</l><lb/> <l>Welcher den Sohn <hi rendition="#fr">Laertens</hi> bewirthet; und jener, nicht myſtiſch,</l><lb/> <l>Wo der weiſeſte Koͤnig mit ſeiner Aegyptiſchen Schoͤne<lb/><note place="left">455</note>Sich erluſtigt. Der Feind bewunderte voller Entzuͤcken</l><lb/> <l>Dieſen Garten, noch mehr die Perſon. Wie einer, der lange</l><lb/> <l>Jn der bevoͤlkerten neblichten Stadt verſchloſſen geweſen,</l><lb/> <l>Wo er ſchwerere Luft in dumpfichten Haͤuſern geathmet,</l><lb/> <l>Wenn er an einem lieblichen Morgen des Sommers herausgeht,<lb/><note place="left">460</note>Auf dem heiteren Land, und auf dem umſchatteten Vorwerk,</l><lb/> <l>Friſchere Luͤfte zu trinken; von allem dem, was ihm nur aufſtoͤßt,</l><lb/> <l>Neue Vergnuͤgungen fuͤhlt, vom ſuͤßen Dufte des Waizens</l><lb/> <l>Vom gemaͤheten Gras, von Heerden, und von dem Geruche,</l><lb/> <l>Aufgeſammelter Milch; von jedem laͤndlichen Anblick<lb/><note place="left">465</note>Und von jedem laͤndlichen Schall; woferne denn etwan</l><lb/> <l>Ein friſchbluͤhendes Maͤdchen, gleich einer Nymphe, vorbeygeht,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Alles</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [86/0106]
Das verlohrne Paradies.
Oft ſich nieder, das ſinkende Haupt der zaͤrteren Blumen
Aufzubinden; ſie band ſie auf mit Schleifen von Myrthen;
Da ſie indeß, als die ſchoͤnſte der Blumen, der Stuͤtze beraubet,
Und von ihrem Schirme ſo weit, dem Sturme ſo nahe,
Selbſt ſich vergaß. Er naͤherte ſich; viel kruͤmmende Wege,
Hoch beſchattet mit waldichten Cedern, mit Tannen und Palmen,
Kroch er hindurch; itzt ſchmeidig und kuͤhn, und itzund verborgen,
Oder er zeigte ſich auch in dicken verſchlungenen Buͤſchen,
Unter den ſchimmernden Blumen, die jeden Raſen bedeckten,
Evens Arbeit mit eigener Hand. Der lachende Platz war
Reizender, als die Gaͤrten der Fabel, des wiedererweckten
Lieblings der Venus, Adonis, und wie Alcinous Gaͤrten,
Welcher den Sohn Laertens bewirthet; und jener, nicht myſtiſch,
Wo der weiſeſte Koͤnig mit ſeiner Aegyptiſchen Schoͤne
Sich erluſtigt. Der Feind bewunderte voller Entzuͤcken
Dieſen Garten, noch mehr die Perſon. Wie einer, der lange
Jn der bevoͤlkerten neblichten Stadt verſchloſſen geweſen,
Wo er ſchwerere Luft in dumpfichten Haͤuſern geathmet,
Wenn er an einem lieblichen Morgen des Sommers herausgeht,
Auf dem heiteren Land, und auf dem umſchatteten Vorwerk,
Friſchere Luͤfte zu trinken; von allem dem, was ihm nur aufſtoͤßt,
Neue Vergnuͤgungen fuͤhlt, vom ſuͤßen Dufte des Waizens
Vom gemaͤheten Gras, von Heerden, und von dem Geruche,
Aufgeſammelter Milch; von jedem laͤndlichen Anblick
Und von jedem laͤndlichen Schall; woferne denn etwan
Ein friſchbluͤhendes Maͤdchen, gleich einer Nymphe, vorbeygeht,
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