Alles, was ich empfieng, dir wieder zurücke zu geben, Da ich vermögend nicht bin, die harten Bedingungen alle Zu erfüllen, auf die mir allein das Gute geschenkt ward, 800Welches ich nimmer gesucht. Wie hast du zu dessen Verluste, Strafe für mich schon genug, noch die Empfindung der Schmerzen, Endloser Schmerzen gefügt! O deine Gerechtigkeit scheint mir Unerklärlich! Jedoch, ich muß es gestehen, ich zanke Mit dir itzo zu spät. Die Bedingungen, wie sie auch waren, 805Hätt ich damals sogleich, da sie mir vorgelegt wurden, Standhaft verwerfen sollen. Jedoch du hast sie erwählet! Willst du das Gute genießen, und dann der Bedingungen wegen Mit ihm streiten? Gesetzt, auch ohne daß du ihn bathest, Hätte dein Gott dich gemacht: würdst du wohl dieses ertragen, 810Wenn dein eigener Sohn dir ungehorsam geworden, Und, wenn du ihn bestraftest, sich so entschuldigen wollte: Warum zeugtest du mich? hab' ich dich darum gebethen? Würdest du diese stolze Vertheidgung von seinem Vergehen Billigen? Und doch war es nicht Wahl, durch die du ihn zeugtest, 815Sondern allein der Natur nothwendige Folge. Dich aber Schuf mit freyem Willen dein Gott. Er schuf dich sein eigen, Schuf vom Seinigen dich, damit du ihm dientest! Aus Gnaden Gab er dir deine Belohnung. Demnach steht eben so billig Deine Strafe bey ihm. Wohlan! ich muß mich ergeben! 820Denn sein Urtheil, daß ich, als Staub, auch wieder zu Staube Werden soll, ist gerecht. O mir willkommene Strafe, Wenn du auch kömmst! Doch warum verzögert er, was er gedrohet,
Noch
Das verlohrne Paradies.
Alles, was ich empfieng, dir wieder zuruͤcke zu geben, Da ich vermoͤgend nicht bin, die harten Bedingungen alle Zu erfuͤllen, auf die mir allein das Gute geſchenkt ward, 800Welches ich nimmer geſucht. Wie haſt du zu deſſen Verluſte, Strafe fuͤr mich ſchon genug, noch die Empfindung der Schmerzen, Endloſer Schmerzen gefuͤgt! O deine Gerechtigkeit ſcheint mir Unerklaͤrlich! Jedoch, ich muß es geſtehen, ich zanke Mit dir itzo zu ſpaͤt. Die Bedingungen, wie ſie auch waren, 805Haͤtt ich damals ſogleich, da ſie mir vorgelegt wurden, Standhaft verwerfen ſollen. Jedoch du haſt ſie erwaͤhlet! Willſt du das Gute genießen, und dann der Bedingungen wegen Mit ihm ſtreiten? Geſetzt, auch ohne daß du ihn batheſt, Haͤtte dein Gott dich gemacht: wuͤrdſt du wohl dieſes ertragen, 810Wenn dein eigener Sohn dir ungehorſam geworden, Und, wenn du ihn beſtrafteſt, ſich ſo entſchuldigen wollte: Warum zeugteſt du mich? hab’ ich dich darum gebethen? Wuͤrdeſt du dieſe ſtolze Vertheidgung von ſeinem Vergehen Billigen? Und doch war es nicht Wahl, durch die du ihn zeugteſt, 815Sondern allein der Natur nothwendige Folge. Dich aber Schuf mit freyem Willen dein Gott. Er ſchuf dich ſein eigen, Schuf vom Seinigen dich, damit du ihm dienteſt! Aus Gnaden Gab er dir deine Belohnung. Demnach ſteht eben ſo billig Deine Strafe bey ihm. Wohlan! ich muß mich ergeben! 820Denn ſein Urtheil, daß ich, als Staub, auch wieder zu Staube Werden ſoll, iſt gerecht. O mir willkommene Strafe, Wenn du auch koͤmmſt! Doch warum verzoͤgert er, was er gedrohet,
Noch
<TEI><text><body><divn="1"><lgtype="poem"><lgn="31"><l><pbfacs="#f0178"n="156"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Das verlohrne Paradies.</hi></fw></l><lb/><l>Alles, was ich empfieng, dir wieder zuruͤcke zu geben,</l><lb/><l>Da ich vermoͤgend nicht bin, die harten Bedingungen alle</l><lb/><l>Zu erfuͤllen, auf die mir allein das Gute geſchenkt ward,<lb/><noteplace="left">800</note>Welches ich nimmer geſucht. Wie haſt du zu deſſen Verluſte,</l><lb/><l>Strafe fuͤr mich ſchon genug, noch die Empfindung der Schmerzen,</l><lb/><l>Endloſer Schmerzen gefuͤgt! O deine Gerechtigkeit ſcheint mir</l><lb/><l>Unerklaͤrlich! Jedoch, ich muß es geſtehen, ich zanke</l><lb/><l>Mit dir itzo zu ſpaͤt. Die Bedingungen, wie ſie auch waren,<lb/><noteplace="left">805</note>Haͤtt ich damals ſogleich, da ſie mir vorgelegt wurden,</l><lb/><l>Standhaft verwerfen ſollen. Jedoch du haſt ſie erwaͤhlet!</l><lb/><l>Willſt du das Gute genießen, und dann der Bedingungen wegen</l><lb/><l>Mit ihm ſtreiten? Geſetzt, auch ohne daß du ihn batheſt,</l><lb/><l>Haͤtte dein Gott dich gemacht: wuͤrdſt du wohl dieſes ertragen,<lb/><noteplace="left">810</note>Wenn dein eigener Sohn dir ungehorſam geworden,</l><lb/><l>Und, wenn du ihn beſtrafteſt, ſich ſo entſchuldigen wollte:</l><lb/><l>Warum zeugteſt du mich? hab’ ich dich darum gebethen?</l><lb/><l>Wuͤrdeſt du dieſe ſtolze Vertheidgung von ſeinem Vergehen</l><lb/><l>Billigen? Und doch war es nicht Wahl, durch die du ihn zeugteſt,<lb/><noteplace="left">815</note>Sondern allein der Natur nothwendige Folge. Dich aber</l><lb/><l>Schuf mit freyem Willen dein Gott. Er ſchuf dich ſein eigen,</l><lb/><l>Schuf vom Seinigen dich, damit du ihm dienteſt! Aus Gnaden</l><lb/><l>Gab er dir deine Belohnung. Demnach ſteht eben ſo billig</l><lb/><l>Deine Strafe bey ihm. Wohlan! ich muß mich ergeben!<lb/><noteplace="left">820</note>Denn ſein Urtheil, daß ich, als Staub, auch wieder zu Staube</l><lb/><l>Werden ſoll, iſt gerecht. O mir willkommene Strafe,</l><lb/><l>Wenn du auch koͤmmſt! Doch warum verzoͤgert er, was er gedrohet,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Noch</fw><lb/></l></lg></lg></div></body></text></TEI>
[156/0178]
Das verlohrne Paradies.
Alles, was ich empfieng, dir wieder zuruͤcke zu geben,
Da ich vermoͤgend nicht bin, die harten Bedingungen alle
Zu erfuͤllen, auf die mir allein das Gute geſchenkt ward,
Welches ich nimmer geſucht. Wie haſt du zu deſſen Verluſte,
Strafe fuͤr mich ſchon genug, noch die Empfindung der Schmerzen,
Endloſer Schmerzen gefuͤgt! O deine Gerechtigkeit ſcheint mir
Unerklaͤrlich! Jedoch, ich muß es geſtehen, ich zanke
Mit dir itzo zu ſpaͤt. Die Bedingungen, wie ſie auch waren,
Haͤtt ich damals ſogleich, da ſie mir vorgelegt wurden,
Standhaft verwerfen ſollen. Jedoch du haſt ſie erwaͤhlet!
Willſt du das Gute genießen, und dann der Bedingungen wegen
Mit ihm ſtreiten? Geſetzt, auch ohne daß du ihn batheſt,
Haͤtte dein Gott dich gemacht: wuͤrdſt du wohl dieſes ertragen,
Wenn dein eigener Sohn dir ungehorſam geworden,
Und, wenn du ihn beſtrafteſt, ſich ſo entſchuldigen wollte:
Warum zeugteſt du mich? hab’ ich dich darum gebethen?
Wuͤrdeſt du dieſe ſtolze Vertheidgung von ſeinem Vergehen
Billigen? Und doch war es nicht Wahl, durch die du ihn zeugteſt,
Sondern allein der Natur nothwendige Folge. Dich aber
Schuf mit freyem Willen dein Gott. Er ſchuf dich ſein eigen,
Schuf vom Seinigen dich, damit du ihm dienteſt! Aus Gnaden
Gab er dir deine Belohnung. Demnach ſteht eben ſo billig
Deine Strafe bey ihm. Wohlan! ich muß mich ergeben!
Denn ſein Urtheil, daß ich, als Staub, auch wieder zu Staube
Werden ſoll, iſt gerecht. O mir willkommene Strafe,
Wenn du auch koͤmmſt! Doch warum verzoͤgert er, was er gedrohet,
Noch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies02_1763/178>, abgerufen am 18.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.