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Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.

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Zehnter Gesang.

O so wollt' ich gewiß zu diesem Orte, noch vor dir,
Mich begeben, und lauter rufen, um also die Strafe
Auf dieß Haupt alleine zu ziehn, und deinem verführten,
1020Deinem schwächern Geschlecht, Verzeihung dadurch zu erbitten,

Welches mir anvertraut ward, und von mir solchen Gefahren
Ausgesetzt worden. Jedoch steh auf, und laß uns nicht länger
Miteinander uns zanken, und eines das andre beschuldgen.
Allzubeschuldigt sind wir an einem anderen Orte.
1025Laß uns vielmehr miteinander in Pflichten der Lieb uns beeifern,

Und dadurch uns die Last von diesem Jammer erleichtern.
Denn der gefürchtete Tod, der uns auf heute gedroht schien,
Wird, seh anders ich recht, nicht augenblicklich erfolgen,
Sondern nur langsam schreitend sich nahn, ein inneres Sterben
1030Eines langen Tags, um unsere Schmerzen zu mehren,

Und sie auf unseren Stamm, (o des unglücklichen Stammes!)
Eben so sehr, als auf uns die ersten Verbrecher, zu leiten.

Eva faßte darauf ein Herz, und erwiedert' ihm also:
Adam, mir ist schon bekannt aus einer betrübten Erfahrung,
1035Von wie wenig Gewicht dir meine Worte bedünken,

Da sie bisher so sehr sich geirrt, und darum auch billig
Jn dem Erfolge so schädlich gewesen. Doch da du indessen
Mich Unwürdge von neuem mit deiner Verzeihung begnadigt.
Und ich mir schmeichele, deine Liebe, dieß einzge Vergnügen
1040Meines Herzens, in Leben und Tod, aufs neu zu erlangen:

Will ich dir meine Gedanken, die meine bekümmerte Seele
Mir
X 3

Zehnter Geſang.

O ſo wollt’ ich gewiß zu dieſem Orte, noch vor dir,
Mich begeben, und lauter rufen, um alſo die Strafe
Auf dieß Haupt alleine zu ziehn, und deinem verfuͤhrten,
1020Deinem ſchwaͤchern Geſchlecht, Verzeihung dadurch zu erbitten,

Welches mir anvertraut ward, und von mir ſolchen Gefahren
Ausgeſetzt worden. Jedoch ſteh auf, und laß uns nicht laͤnger
Miteinander uns zanken, und eines das andre beſchuldgen.
Allzubeſchuldigt ſind wir an einem anderen Orte.
1025Laß uns vielmehr miteinander in Pflichten der Lieb uns beeifern,

Und dadurch uns die Laſt von dieſem Jammer erleichtern.
Denn der gefuͤrchtete Tod, der uns auf heute gedroht ſchien,
Wird, ſeh anders ich recht, nicht augenblicklich erfolgen,
Sondern nur langſam ſchreitend ſich nahn, ein inneres Sterben
1030Eines langen Tags, um unſere Schmerzen zu mehren,

Und ſie auf unſeren Stamm, (o des ungluͤcklichen Stammes!)
Eben ſo ſehr, als auf uns die erſten Verbrecher, zu leiten.

Eva faßte darauf ein Herz, und erwiedert’ ihm alſo:
Adam, mir iſt ſchon bekannt aus einer betruͤbten Erfahrung,
1035Von wie wenig Gewicht dir meine Worte beduͤnken,

Da ſie bisher ſo ſehr ſich geirrt, und darum auch billig
Jn dem Erfolge ſo ſchaͤdlich geweſen. Doch da du indeſſen
Mich Unwuͤrdge von neuem mit deiner Verzeihung begnadigt.
Und ich mir ſchmeichele, deine Liebe, dieß einzge Vergnuͤgen
1040Meines Herzens, in Leben und Tod, aufs neu zu erlangen:

Will ich dir meine Gedanken, die meine bekuͤmmerte Seele
Mir
X 3
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[165/0187] Zehnter Geſang. O ſo wollt’ ich gewiß zu dieſem Orte, noch vor dir, Mich begeben, und lauter rufen, um alſo die Strafe Auf dieß Haupt alleine zu ziehn, und deinem verfuͤhrten, Deinem ſchwaͤchern Geſchlecht, Verzeihung dadurch zu erbitten, Welches mir anvertraut ward, und von mir ſolchen Gefahren Ausgeſetzt worden. Jedoch ſteh auf, und laß uns nicht laͤnger Miteinander uns zanken, und eines das andre beſchuldgen. Allzubeſchuldigt ſind wir an einem anderen Orte. Laß uns vielmehr miteinander in Pflichten der Lieb uns beeifern, Und dadurch uns die Laſt von dieſem Jammer erleichtern. Denn der gefuͤrchtete Tod, der uns auf heute gedroht ſchien, Wird, ſeh anders ich recht, nicht augenblicklich erfolgen, Sondern nur langſam ſchreitend ſich nahn, ein inneres Sterben Eines langen Tags, um unſere Schmerzen zu mehren, Und ſie auf unſeren Stamm, (o des ungluͤcklichen Stammes!) Eben ſo ſehr, als auf uns die erſten Verbrecher, zu leiten. Eva faßte darauf ein Herz, und erwiedert’ ihm alſo: Adam, mir iſt ſchon bekannt aus einer betruͤbten Erfahrung, Von wie wenig Gewicht dir meine Worte beduͤnken, Da ſie bisher ſo ſehr ſich geirrt, und darum auch billig Jn dem Erfolge ſo ſchaͤdlich geweſen. Doch da du indeſſen Mich Unwuͤrdge von neuem mit deiner Verzeihung begnadigt. Und ich mir ſchmeichele, deine Liebe, dieß einzge Vergnuͤgen Meines Herzens, in Leben und Tod, aufs neu zu erlangen: Will ich dir meine Gedanken, die meine bekuͤmmerte Seele Mir X 3

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Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies02_1763/187>, abgerufen am 27.11.2024.