Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.
Sieh, o Vater, die ersten Früchte der himmlischen Gnade Auf der Erde, die du ins Herz der Menschen gepflanzet! Diese Seufzer, dieß heiße Gebeth, das ich, als dein Priester, Hier in diesem güldenen Rauchfaß, mit Weihrauch vermenget, 25Vor dich bringe! Dieß sind von deinem Saamen die Früchte, Welchen du durch Zerknirschung in ihre Herzen gesäet; Früchte von angenehmerm Geschmack, als er sie in Eden Durch die Pflege der herrlichsten Bäume, noch eh er gefallen, Zu erzeugen vermocht. O neige zu seinen Gebethen, 30Vater, dein Ohr; vernimm sein Flehn; vernimm seine Seufzer, Ob er gleich vor dir verstummt! Und da er so wenig geschickt ist, Mit den gehörigen Worten zu bethen; so laß du für ihn mich Es erklären; mich, seinen Beschützer, mich, seine Versöhnung. Alle seine Werke, sowohl die guten, als bösen, 35Nehm ich auf mich; die ersten will ich vollkommener machen Durch mein göttlich Verdienst, und für die andern bezahlet Dir, o Vater, mein Tod. Nimm mich für ihn, und empfange Durch mich den Friedensgeruch vom Menschengeschlechte! versöhnet, Laß ihn leben vor dir! zum wenigsten seine gezählten, 40Seine traurigen Tage, laß ihn in Frieden vollenden; Bis ihn einstens der Tod, (sein ihm gesprochenes Urtheil, Das
Sieh, o Vater, die erſten Fruͤchte der himmliſchen Gnade Auf der Erde, die du ins Herz der Menſchen gepflanzet! Dieſe Seufzer, dieß heiße Gebeth, das ich, als dein Prieſter, Hier in dieſem guͤldenen Rauchfaß, mit Weihrauch vermenget, 25Vor dich bringe! Dieß ſind von deinem Saamen die Fruͤchte, Welchen du durch Zerknirſchung in ihre Herzen geſaͤet; Fruͤchte von angenehmerm Geſchmack, als er ſie in Eden Durch die Pflege der herrlichſten Baͤume, noch eh er gefallen, Zu erzeugen vermocht. O neige zu ſeinen Gebethen, 30Vater, dein Ohr; vernimm ſein Flehn; vernimm ſeine Seufzer, Ob er gleich vor dir verſtummt! Und da er ſo wenig geſchickt iſt, Mit den gehoͤrigen Worten zu bethen; ſo laß du fuͤr ihn mich Es erklaͤren; mich, ſeinen Beſchuͤtzer, mich, ſeine Verſoͤhnung. Alle ſeine Werke, ſowohl die guten, als boͤſen, 35Nehm ich auf mich; die erſten will ich vollkommener machen Durch mein goͤttlich Verdienſt, und fuͤr die andern bezahlet Dir, o Vater, mein Tod. Nimm mich fuͤr ihn, und empfange Durch mich den Friedensgeruch vom Menſchengeſchlechte! verſoͤhnet, Laß ihn leben vor dir! zum wenigſten ſeine gezaͤhlten, 40Seine traurigen Tage, laß ihn in Frieden vollenden; Bis ihn einſtens der Tod, (ſein ihm geſprochenes Urtheil, Das
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Das verlohrne Paradies.
Zu dem goldnen Altar, der vor dem Ewigen flammte;
Durch den Meßias ward es allhier mit Weihrauch bekleidet,
Und kam ſo zum Throne des Vaters. Mit heiterem Antlitz
Uebergab es der Sohn, und bath ſo fuͤr die Verbrecher.
Sieh, o Vater, die erſten Fruͤchte der himmliſchen Gnade
Auf der Erde, die du ins Herz der Menſchen gepflanzet!
Dieſe Seufzer, dieß heiße Gebeth, das ich, als dein Prieſter,
Hier in dieſem guͤldenen Rauchfaß, mit Weihrauch vermenget,
Vor dich bringe! Dieß ſind von deinem Saamen die Fruͤchte,
Welchen du durch Zerknirſchung in ihre Herzen geſaͤet;
Fruͤchte von angenehmerm Geſchmack, als er ſie in Eden
Durch die Pflege der herrlichſten Baͤume, noch eh er gefallen,
Zu erzeugen vermocht. O neige zu ſeinen Gebethen,
Vater, dein Ohr; vernimm ſein Flehn; vernimm ſeine Seufzer,
Ob er gleich vor dir verſtummt! Und da er ſo wenig geſchickt iſt,
Mit den gehoͤrigen Worten zu bethen; ſo laß du fuͤr ihn mich
Es erklaͤren; mich, ſeinen Beſchuͤtzer, mich, ſeine Verſoͤhnung.
Alle ſeine Werke, ſowohl die guten, als boͤſen,
Nehm ich auf mich; die erſten will ich vollkommener machen
Durch mein goͤttlich Verdienſt, und fuͤr die andern bezahlet
Dir, o Vater, mein Tod. Nimm mich fuͤr ihn, und empfange
Durch mich den Friedensgeruch vom Menſchengeſchlechte! verſoͤhnet,
Laß ihn leben vor dir! zum wenigſten ſeine gezaͤhlten,
Seine traurigen Tage, laß ihn in Frieden vollenden;
Bis ihn einſtens der Tod, (ſein ihm geſprochenes Urtheil,
Das
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