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Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.

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Eilfter Gesang.

Ueberleben; dich werden alsdann, verwelket, geschwächet,
Graue Haare bedecken; die stumpfergewordenen Sinnen
Werden allen Geschmack an Lust und Freuden verlieren.
Statt der Mine der Jugend, die itzt so fröhlich umhersieht,
570So voll Hoffnungen ist, wird in dem trägeren Blute

Melancholischer Dampf, und Kält' und Trockniß regieren;
Deine flüchtigen Geister wird dieses darnieder drücken,
Und zuletzt in dir den Balsam des Lebens verzehren.

Unser Ahnherr versetzte darauf. Jch flieh denn in Zukunft
575Nicht mehr den Tod, ich will mich auch nicht zu ängstlich bemühen,

Dieses Leben zu hassen, vielmehr mich eifrig bestreben,
Wie ich von dieser beschwerlichen Last am leichtsten, am besten
Mich befreye, die ich so lange zu tragen bestimmt bin,
Bis der Tag des Todes erscheint; ihn will ich geduldig,
580Und voll Muth erwarten. Jhm gab der Engel zur Antwort:
Liebe zu sehr nicht dein Leben; doch haß es noch minder! Und was du
Lebest, das lebe wohl! und überlaß es dem Himmel,
Ob sein Ausspruch es kurz, ob er es länger bestimmet.
Jtzo bereite dein Auge zu einem andern Gesichte.
585
Adam sah auf, und sah in einer offenen Ebne
Zelte von mancherley Farben [Spaltenumbruch] r) . Bey einigen graseten Heerden,
Und
r) Dieses waren die Zelte von den
Nachkommen Cains, wie uns solches der
[Spaltenumbruch] Dichter selbst nachher erklärt. Bey ei-
nigen graseten Heerden,
diese gehör-
ten

Eilfter Geſang.

Ueberleben; dich werden alsdann, verwelket, geſchwaͤchet,
Graue Haare bedecken; die ſtumpfergewordenen Sinnen
Werden allen Geſchmack an Luſt und Freuden verlieren.
Statt der Mine der Jugend, die itzt ſo froͤhlich umherſieht,
570So voll Hoffnungen iſt, wird in dem traͤgeren Blute

Melancholiſcher Dampf, und Kaͤlt’ und Trockniß regieren;
Deine fluͤchtigen Geiſter wird dieſes darnieder druͤcken,
Und zuletzt in dir den Balſam des Lebens verzehren.

Unſer Ahnherr verſetzte darauf. Jch flieh denn in Zukunft
575Nicht mehr den Tod, ich will mich auch nicht zu aͤngſtlich bemuͤhen,

Dieſes Leben zu haſſen, vielmehr mich eifrig beſtreben,
Wie ich von dieſer beſchwerlichen Laſt am leichtſten, am beſten
Mich befreye, die ich ſo lange zu tragen beſtimmt bin,
Bis der Tag des Todes erſcheint; ihn will ich geduldig,
580Und voll Muth erwarten. Jhm gab der Engel zur Antwort:
Liebe zu ſehr nicht dein Leben; doch haß es noch minder! Und was du
Lebeſt, das lebe wohl! und uͤberlaß es dem Himmel,
Ob ſein Ausſpruch es kurz, ob er es laͤnger beſtimmet.
Jtzo bereite dein Auge zu einem andern Geſichte.
585
Adam ſah auf, und ſah in einer offenen Ebne
Zelte von mancherley Farben [Spaltenumbruch] r) . Bey einigen graſeten Heerden,
Und
r) Dieſes waren die Zelte von den
Nachkommen Cains, wie uns ſolches der
[Spaltenumbruch] Dichter ſelbſt nachher erklaͤrt. Bey ei-
nigen graſeten Heerden,
dieſe gehoͤr-
ten
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[199/0223] Eilfter Geſang. Ueberleben; dich werden alsdann, verwelket, geſchwaͤchet, Graue Haare bedecken; die ſtumpfergewordenen Sinnen Werden allen Geſchmack an Luſt und Freuden verlieren. Statt der Mine der Jugend, die itzt ſo froͤhlich umherſieht, So voll Hoffnungen iſt, wird in dem traͤgeren Blute Melancholiſcher Dampf, und Kaͤlt’ und Trockniß regieren; Deine fluͤchtigen Geiſter wird dieſes darnieder druͤcken, Und zuletzt in dir den Balſam des Lebens verzehren. Unſer Ahnherr verſetzte darauf. Jch flieh denn in Zukunft Nicht mehr den Tod, ich will mich auch nicht zu aͤngſtlich bemuͤhen, Dieſes Leben zu haſſen, vielmehr mich eifrig beſtreben, Wie ich von dieſer beſchwerlichen Laſt am leichtſten, am beſten Mich befreye, die ich ſo lange zu tragen beſtimmt bin, Bis der Tag des Todes erſcheint; ihn will ich geduldig, Und voll Muth erwarten. Jhm gab der Engel zur Antwort: Liebe zu ſehr nicht dein Leben; doch haß es noch minder! Und was du Lebeſt, das lebe wohl! und uͤberlaß es dem Himmel, Ob ſein Ausſpruch es kurz, ob er es laͤnger beſtimmet. Jtzo bereite dein Auge zu einem andern Geſichte. Adam ſah auf, und ſah in einer offenen Ebne Zelte von mancherley Farben r) . Bey einigen graſeten Heerden, Und r) Dieſes waren die Zelte von den Nachkommen Cains, wie uns ſolches der Dichter ſelbſt nachher erklaͤrt. Bey ei- nigen graſeten Heerden, dieſe gehoͤr- ten

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Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies02_1763/223>, abgerufen am 23.11.2024.