Und in einer Säule von Feuer vor ihnen einherzieht; Jn der Wolke bey Tag', und in der feurigen Säule Bey der Nacht, um sie auf ihrer Reise zu leiten, 220Und sie im Rücken zu schützen, indem der erbitterte König Sie verfolgt; die ganze Nacht durch verfolgt er sie wüthend, Aber die Finsterniß währt bis an den dämmernden Morgen, Daß er sich ihnen nicht naht. Nun schaut aus der feurigen Säule Und aus der Wolke der Ewige nieder, verwirret die Ordnung 225Jhres Heers, und zerbricht die Räder der Wagen. Auch Moses Streckt auf Gottes Befehl noch einmal den mächtigen Stab aus, Und die See gehorchet dem Stabe; die brausenden Wellen Stürzen auf ihre Geschwader zurück und verschlucken ihr Kriegsheer. Das erwählte Volk zieht von dem Gestade nun sicher 230Weiter nach Canaan fort durch wilde schreckliche Wüsten, Aber doch nicht den kürzesten Weg, damit nicht ihr Anzug Allzugeschwind die Bewohner von Canaan wider sie sammle, Noch der Krieg sie erschrecke, da sie noch nie ihn erfahren; Oder vielleicht sie die Furcht zurück nach Aegyptenland jage, 235Unberühmt lieber daselbst ein sklavisches Leben zu führen. Denn das Leben ist edeln sowohl, als niedrigen Seelen, Angenehmer und süßer, als alle Lorbeern des Krieges, Wenn sie Geschwindigkeit nicht zum Streite führet. Sie werden Auch von ihrem Verzug in diesen unwirthbaren Wüsten 240Dieses gewinnen, daß sie hier ihres Staates Verfassung Fester gründen, und sich, nach ihren verschiedenen Stämmen, Jhren Rath erwählen, der nach den bestimmten Gesetzen
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Zwoͤlfter Geſang.
Und in einer Saͤule von Feuer vor ihnen einherzieht; Jn der Wolke bey Tag’, und in der feurigen Saͤule Bey der Nacht, um ſie auf ihrer Reiſe zu leiten, 220Und ſie im Ruͤcken zu ſchuͤtzen, indem der erbitterte Koͤnig Sie verfolgt; die ganze Nacht durch verfolgt er ſie wuͤthend, Aber die Finſterniß waͤhrt bis an den daͤmmernden Morgen, Daß er ſich ihnen nicht naht. Nun ſchaut aus der feurigen Saͤule Und aus der Wolke der Ewige nieder, verwirret die Ordnung 225Jhres Heers, und zerbricht die Raͤder der Wagen. Auch Moſes Streckt auf Gottes Befehl noch einmal den maͤchtigen Stab aus, Und die See gehorchet dem Stabe; die brauſenden Wellen Stuͤrzen auf ihre Geſchwader zuruͤck und verſchlucken ihr Kriegsheer. Das erwaͤhlte Volk zieht von dem Geſtade nun ſicher 230Weiter nach Canaan fort durch wilde ſchreckliche Wuͤſten, Aber doch nicht den kuͤrzeſten Weg, damit nicht ihr Anzug Allzugeſchwind die Bewohner von Canaan wider ſie ſammle, Noch der Krieg ſie erſchrecke, da ſie noch nie ihn erfahren; Oder vielleicht ſie die Furcht zuruͤck nach Aegyptenland jage, 235Unberuͤhmt lieber daſelbſt ein ſklaviſches Leben zu fuͤhren. Denn das Leben iſt edeln ſowohl, als niedrigen Seelen, Angenehmer und ſuͤßer, als alle Lorbeern des Krieges, Wenn ſie Geſchwindigkeit nicht zum Streite fuͤhret. Sie werden Auch von ihrem Verzug in dieſen unwirthbaren Wuͤſten 240Dieſes gewinnen, daß ſie hier ihres Staates Verfaſſung Feſter gruͤnden, und ſich, nach ihren verſchiedenen Staͤmmen, Jhren Rath erwaͤhlen, der nach den beſtimmten Geſetzen
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Zwoͤlfter Geſang.
Und in einer Saͤule von Feuer vor ihnen einherzieht;
Jn der Wolke bey Tag’, und in der feurigen Saͤule
Bey der Nacht, um ſie auf ihrer Reiſe zu leiten,
Und ſie im Ruͤcken zu ſchuͤtzen, indem der erbitterte Koͤnig
Sie verfolgt; die ganze Nacht durch verfolgt er ſie wuͤthend,
Aber die Finſterniß waͤhrt bis an den daͤmmernden Morgen,
Daß er ſich ihnen nicht naht. Nun ſchaut aus der feurigen Saͤule
Und aus der Wolke der Ewige nieder, verwirret die Ordnung
Jhres Heers, und zerbricht die Raͤder der Wagen. Auch Moſes
Streckt auf Gottes Befehl noch einmal den maͤchtigen Stab aus,
Und die See gehorchet dem Stabe; die brauſenden Wellen
Stuͤrzen auf ihre Geſchwader zuruͤck und verſchlucken ihr Kriegsheer.
Das erwaͤhlte Volk zieht von dem Geſtade nun ſicher
Weiter nach Canaan fort durch wilde ſchreckliche Wuͤſten,
Aber doch nicht den kuͤrzeſten Weg, damit nicht ihr Anzug
Allzugeſchwind die Bewohner von Canaan wider ſie ſammle,
Noch der Krieg ſie erſchrecke, da ſie noch nie ihn erfahren;
Oder vielleicht ſie die Furcht zuruͤck nach Aegyptenland jage,
Unberuͤhmt lieber daſelbſt ein ſklaviſches Leben zu fuͤhren.
Denn das Leben iſt edeln ſowohl, als niedrigen Seelen,
Angenehmer und ſuͤßer, als alle Lorbeern des Krieges,
Wenn ſie Geſchwindigkeit nicht zum Streite fuͤhret. Sie werden
Auch von ihrem Verzug in dieſen unwirthbaren Wuͤſten
Dieſes gewinnen, daß ſie hier ihres Staates Verfaſſung
Feſter gruͤnden, und ſich, nach ihren verſchiedenen Staͤmmen,
Jhren Rath erwaͤhlen, der nach den beſtimmten Geſetzen
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Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies02_1763/255>, abgerufen am 15.08.2024.
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