Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737.Civilibus, & consuetudine, quam a bonitate intrin- seca. Was der Schöpffer gemacht hat, ist alles gut, und wird nur moraliter & politice böse respectu legum Societatis darinnen man lebet. Modestin. Was will aber der Herr Nicander daraus weiter inferiren und schliessen. Nicander. Dieses: Jst alles, was GOtt der HErr gemacht hat, gut; so brauchts keiner Refor- mation oder Wiedergebuhrt, sondern die Gesetze, Verträge, äusserliche Gewalt, Furcht der Straffe, Liebe seines und des gemeinen Wesens Wohlseyn: sind schon genugsame Mittel den Menschen von solchen Ausbrüchen zurück zu halten, welche ihm oder seiner Societät könten nachtheilig und schäd- lich seyn. Modestin. Jch hoffe aber ihn zu überzeugen, daß er hierinnen irre; oder wenigstens zu zeigen: daß er seiner Meinung nicht so gewiß seye; als er das Ansehen haben will: Wo ihnen nur beliebig mir auf einige Fragen aufrichtig zu antworten. Nicander. Daran hat mein Herr im geringsten nicht zu zweiffeln; wir leben ja in einer mutuellen Freyheit, da einem jeden frey stehet sein Sentiment offenhertzig zu sagen. Er beliebe seine Fragen nur vorzustellen! Modestin. Er gibt ja zu: Daß ein Leib, und ein Geist zwey gantz unterschiedene Dinge sind? und daß ein Geist wohl ohne einen Leib seyn und beste- hen könne? Nicander. Jch gebe es zu. Modestin. Wo nun der Geist ewig bestehet: so muß
Civilibus, & conſuetudine, quam a bonitate intrin- ſeca. Was der Schoͤpffer gemacht hat, iſt alles gut, und wird nur moraliter & politice boͤſe reſpectu legum Societatis darinnen man lebet. Modeſtin. Was will aber der Herr Nicander daraus weiter inferiren und ſchlieſſen. Nicander. Dieſes: Jſt alles, was GOtt der HErr gemacht hat, gut; ſo brauchts keiner Refor- mation oder Wiedergebuhrt, ſondern die Geſetze, Vertraͤge, aͤuſſerliche Gewalt, Furcht der Straffe, Liebe ſeines und des gemeinen Weſens Wohlſeyn: ſind ſchon genugſame Mittel den Menſchen von ſolchen Ausbruͤchen zuruͤck zu halten, welche ihm oder ſeiner Societaͤt koͤnten nachtheilig und ſchaͤd- lich ſeyn. Modeſtin. Jch hoffe aber ihn zu uͤberzeugen, daß er hierinnen irre; oder wenigſtens zu zeigen: daß er ſeiner Meinung nicht ſo gewiß ſeye; als er das Anſehen haben will: Wo ihnen nur beliebig mir auf einige Fragen aufrichtig zu antworten. Nicander. Daran hat mein Herr im geringſten nicht zu zweiffeln; wir leben ja in einer mutuellen Freyheit, da einem jeden frey ſtehet ſein Sentiment offenhertzig zu ſagen. Er beliebe ſeine Fragen nur vorzuſtellen! Modeſtin. Er gibt ja zu: Daß ein Leib, und ein Geiſt zwey gantz unterſchiedene Dinge ſind? und daß ein Geiſt wohl ohne einen Leib ſeyn und beſte- hen koͤnne? Nicander. Jch gebe es zu. Modeſtin. Wo nun der Geiſt ewig beſtehet: ſo muß
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Civilibus, & conſuetudine, quam a bonitate intrin-
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legum Societatis darinnen man lebet.
Modeſtin. Was will aber der Herr Nicander
daraus weiter inferiren und ſchlieſſen.
Nicander. Dieſes: Jſt alles, was GOtt der
HErr gemacht hat, gut; ſo brauchts keiner Refor-
mation oder Wiedergebuhrt, ſondern die Geſetze,
Vertraͤge, aͤuſſerliche Gewalt, Furcht der Straffe,
Liebe ſeines und des gemeinen Weſens Wohlſeyn:
ſind ſchon genugſame Mittel den Menſchen von
ſolchen Ausbruͤchen zuruͤck zu halten, welche ihm
oder ſeiner Societaͤt koͤnten nachtheilig und ſchaͤd-
lich ſeyn.
Modeſtin. Jch hoffe aber ihn zu uͤberzeugen, daß
er hierinnen irre; oder wenigſtens zu zeigen: daß
er ſeiner Meinung nicht ſo gewiß ſeye; als er das
Anſehen haben will: Wo ihnen nur beliebig mir
auf einige Fragen aufrichtig zu antworten.
Nicander. Daran hat mein Herr im geringſten
nicht zu zweiffeln; wir leben ja in einer mutuellen
Freyheit, da einem jeden frey ſtehet ſein Sentiment
offenhertzig zu ſagen. Er beliebe ſeine Fragen nur
vorzuſtellen!
Modeſtin. Er gibt ja zu: Daß ein Leib, und ein
Geiſt zwey gantz unterſchiedene Dinge ſind? und
daß ein Geiſt wohl ohne einen Leib ſeyn und beſte-
hen koͤnne?
Nicander. Jch gebe es zu.
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