Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite
Jetzo fasset er die Leiche
Schwingt sich hoch im Zaubermantel
Durch die Lüfte zu dem Meere,
Rauschet nieder in die Wogen,
Klopft an dem korall'nen Thor,
Führet so die junge Fürstin,
Daß auch sie zur Nixe werde,
Als willkommene Genossin
In den Sieben-Nixen-Chor.
II.
Nixe Binsefuß.
Des Wassermanns sein Töchterlein
Tanzt auf dem Eis im Vollmondschein,
Sie singt und lachet sonder Scheu
Wohl an des Fischers Haus vorbei.
"Ich bin die Jungfer Binsefuß,
Und meine Fisch' wohl hüten muß,
Meine Fisch' die sind im Kasten,
Sie haben kalte Fasten;
Von Böhmer-Glas mein Kasten ist,
Da zähl' ich sie zu jeder Frist.
Gelt, Fischer-Matz? gelt, alter Tropf,
Dir will der Winter nicht in Kopf?
Komm' mir mit deinen Netzen!
Die will ich schön zerfetzen!
Jetzo faſſet er die Leiche
Schwingt ſich hoch im Zaubermantel
Durch die Luͤfte zu dem Meere,
Rauſchet nieder in die Wogen,
Klopft an dem korall'nen Thor,
Fuͤhret ſo die junge Fuͤrſtin,
Daß auch ſie zur Nixe werde,
Als willkommene Genoſſin
In den Sieben-Nixen-Chor.
II.
Nixe Binſefuß.
Des Waſſermanns ſein Toͤchterlein
Tanzt auf dem Eis im Vollmondſchein,
Sie ſingt und lachet ſonder Scheu
Wohl an des Fiſchers Haus vorbei.
„Ich bin die Jungfer Binſefuß,
Und meine Fiſch' wohl huͤten muß,
Meine Fiſch' die ſind im Kaſten,
Sie haben kalte Faſten;
Von Boͤhmer-Glas mein Kaſten iſt,
Da zaͤhl' ich ſie zu jeder Friſt.
Gelt, Fiſcher-Matz? gelt, alter Tropf,
Dir will der Winter nicht in Kopf?
Komm' mir mit deinen Netzen!
Die will ich ſchoͤn zerfetzen!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0182" n="166"/>
            <lg n="18">
              <l>Jetzo fa&#x017F;&#x017F;et er die Leiche</l><lb/>
              <l>Schwingt &#x017F;ich hoch im Zaubermantel</l><lb/>
              <l>Durch die Lu&#x0364;fte zu dem Meere,</l><lb/>
              <l>Rau&#x017F;chet nieder in die Wogen,</l><lb/>
              <l>Klopft an dem korall'nen Thor,</l><lb/>
              <l>Fu&#x0364;hret &#x017F;o die junge Fu&#x0364;r&#x017F;tin,</l><lb/>
              <l>Daß auch &#x017F;ie zur Nixe werde,</l><lb/>
              <l>Als willkommene Geno&#x017F;&#x017F;in</l><lb/>
              <l>In den Sieben-Nixen-Chor.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq #b">II.</hi><lb/> <hi rendition="#b">Nixe Bin&#x017F;efuß.</hi><lb/>
          </head>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Des Wa&#x017F;&#x017F;ermanns &#x017F;ein To&#x0364;chterlein</l><lb/>
              <l>Tanzt auf dem Eis im Vollmond&#x017F;chein,</l><lb/>
              <l>Sie &#x017F;ingt und lachet &#x017F;onder Scheu</l><lb/>
              <l>Wohl an des Fi&#x017F;chers Haus vorbei.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="2">
              <l>&#x201E;Ich bin die Jungfer Bin&#x017F;efuß,</l><lb/>
              <l>Und meine Fi&#x017F;ch' wohl hu&#x0364;ten muß,</l><lb/>
              <l>Meine Fi&#x017F;ch' die &#x017F;ind im Ka&#x017F;ten,</l><lb/>
              <l>Sie haben kalte Fa&#x017F;ten;</l><lb/>
              <l>Von Bo&#x0364;hmer-Glas mein Ka&#x017F;ten i&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Da za&#x0364;hl' ich &#x017F;ie zu jeder Fri&#x017F;t.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="3">
              <l>Gelt, Fi&#x017F;cher-Matz? gelt, alter Tropf,</l><lb/>
              <l>Dir will der Winter nicht in Kopf?</l><lb/>
              <l>Komm' mir mit deinen Netzen!</l><lb/>
              <l>Die will ich &#x017F;cho&#x0364;n zerfetzen!</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[166/0182] Jetzo faſſet er die Leiche Schwingt ſich hoch im Zaubermantel Durch die Luͤfte zu dem Meere, Rauſchet nieder in die Wogen, Klopft an dem korall'nen Thor, Fuͤhret ſo die junge Fuͤrſtin, Daß auch ſie zur Nixe werde, Als willkommene Genoſſin In den Sieben-Nixen-Chor. II. Nixe Binſefuß. Des Waſſermanns ſein Toͤchterlein Tanzt auf dem Eis im Vollmondſchein, Sie ſingt und lachet ſonder Scheu Wohl an des Fiſchers Haus vorbei. „Ich bin die Jungfer Binſefuß, Und meine Fiſch' wohl huͤten muß, Meine Fiſch' die ſind im Kaſten, Sie haben kalte Faſten; Von Boͤhmer-Glas mein Kaſten iſt, Da zaͤhl' ich ſie zu jeder Friſt. Gelt, Fiſcher-Matz? gelt, alter Tropf, Dir will der Winter nicht in Kopf? Komm' mir mit deinen Netzen! Die will ich ſchoͤn zerfetzen!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838/182
Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838/182>, abgerufen am 21.11.2024.