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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832.

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-- ich denke des Nachts an mein Saitenspiel (denn
das ist dem Waidmann seine Büchse), und rede mit
meinem Herzen, mein Geist muß forschen. Ja ja,
Herr Sohn, lächeln Sie nur, ich kann auch senti-
mentalisch seyn, wie ihr das so nennt, ihr junges
Volk. Nun, schlafen Sie wohl!" Er lüpfte freund-
lich seine Zipfelmütze und Agnes durfte dem Bräu-
tigam leuchten.


Es glänzte wieder die herrlichste Sonne in die
Fenster des Forsthauses, um die Bewohner zeitig zu
versammeln.

Agnes, seit lange gewohnt, die Stelle der Haus-
frau zu behaupten, war am ersten rege. Und auf's
Neue wie trat sie den Augen des Liebsten entgegen!
Ein ander Kleid als gestern, eher noch ein einfacheres,
hatte sie angelegt; aber wie alle das auch paßte, sich
innig schmiegte an ihr wahrstes Wesen, ja völlig Ei-
nes mit demselben ward! Gleich diesem neuen Tag
war sie für Nolten durchaus eine Neue; gewiß, wir
sagen nicht zu viel, sie war der goldne Morgen sel-
ber. So eben hatte sie den Stöcken Wasser gegeben,
und es hing ihr ein heller Tropfen an der Stirn;
mit welcher Wollust küßt' er ihn weg, küßt' er die
glatt und rein an beiden Seiten heruntergescheitel-
ten Haare!

Er machte eine Bemerkung, die ihm das Mäd-

— ich denke des Nachts an mein Saitenſpiel (denn
das iſt dem Waidmann ſeine Büchſe), und rede mit
meinem Herzen, mein Geiſt muß forſchen. Ja ja,
Herr Sohn, lächeln Sie nur, ich kann auch ſenti-
mentaliſch ſeyn, wie ihr das ſo nennt, ihr junges
Volk. Nun, ſchlafen Sie wohl!“ Er lüpfte freund-
lich ſeine Zipfelmütze und Agnes durfte dem Bräu-
tigam leuchten.


Es glänzte wieder die herrlichſte Sonne in die
Fenſter des Forſthauſes, um die Bewohner zeitig zu
verſammeln.

Agnes, ſeit lange gewohnt, die Stelle der Haus-
frau zu behaupten, war am erſten rege. Und auf’s
Neue wie trat ſie den Augen des Liebſten entgegen!
Ein ander Kleid als geſtern, eher noch ein einfacheres,
hatte ſie angelegt; aber wie alle das auch paßte, ſich
innig ſchmiegte an ihr wahrſtes Weſen, ja völlig Ei-
nes mit demſelben ward! Gleich dieſem neuen Tag
war ſie für Nolten durchaus eine Neue; gewiß, wir
ſagen nicht zu viel, ſie war der goldne Morgen ſel-
ber. So eben hatte ſie den Stöcken Waſſer gegeben,
und es hing ihr ein heller Tropfen an der Stirn;
mit welcher Wolluſt küßt’ er ihn weg, küßt’ er die
glatt und rein an beiden Seiten heruntergeſcheitel-
ten Haare!

Er machte eine Bemerkung, die ihm das Mäd-

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[406/0092] — ich denke des Nachts an mein Saitenſpiel (denn das iſt dem Waidmann ſeine Büchſe), und rede mit meinem Herzen, mein Geiſt muß forſchen. Ja ja, Herr Sohn, lächeln Sie nur, ich kann auch ſenti- mentaliſch ſeyn, wie ihr das ſo nennt, ihr junges Volk. Nun, ſchlafen Sie wohl!“ Er lüpfte freund- lich ſeine Zipfelmütze und Agnes durfte dem Bräu- tigam leuchten. Es glänzte wieder die herrlichſte Sonne in die Fenſter des Forſthauſes, um die Bewohner zeitig zu verſammeln. Agnes, ſeit lange gewohnt, die Stelle der Haus- frau zu behaupten, war am erſten rege. Und auf’s Neue wie trat ſie den Augen des Liebſten entgegen! Ein ander Kleid als geſtern, eher noch ein einfacheres, hatte ſie angelegt; aber wie alle das auch paßte, ſich innig ſchmiegte an ihr wahrſtes Weſen, ja völlig Ei- nes mit demſelben ward! Gleich dieſem neuen Tag war ſie für Nolten durchaus eine Neue; gewiß, wir ſagen nicht zu viel, ſie war der goldne Morgen ſel- ber. So eben hatte ſie den Stöcken Waſſer gegeben, und es hing ihr ein heller Tropfen an der Stirn; mit welcher Wolluſt küßt’ er ihn weg, küßt’ er die glatt und rein an beiden Seiten heruntergeſcheitel- ten Haare! Er machte eine Bemerkung, die ihm das Mäd-

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten02_1832/92>, abgerufen am 21.11.2024.