Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.
Vorrede. lich geworden, fielen solche immer mehr und mehr zu-sammen. Der Kriegsleute wurden also weniger. Sie waren zum Theil erschöpft; und wie die aus- wärtigen Monarchien sich auf die gemeine Hülfe er- hoben, nicht im Stande ihr Vaterland dagegen al- lein zu vertheidigen. Allein eine so grosse Revolution wäre das Werk eines Bundschuhes gewesen. Man muste also auf einem fehlerhaften Plan fortgehen, und die Zahl der Dienstleute mit unbelehnten, unbe- güterten und zum Theil schlechten Leuten vermehren, allerhand Schaaren von Knechten errichten, und den Weg einschlagen, worauf man nachgehends zu den stehenden Heeren gekommen ist. Eine Zeitlang reich- ten die Cammergüter der Fürsten, welche ihre Macht auf diese Art vermehrten, zu den Unkosten hin. Man wuste von keinen gemeinen Steuren; und in der That waren auch keine steuerbare Unterthanen vorhanden, weil der Bauer als Pächter sich lediglich an seinen Contrakt hielt, und sein Herr frey war, wenn er als Gutsherr fürs Vaterland, und als Vasall für seinen Lehnsherrn den Degen zog. Die Cammergüter wur- den aber bald erschöpft, verpfändet oder verkauft. Und man muste nunmehr seine Zuflucht zu den Lehn- leuten und Gutsherrn nehmen, um sich von ihnen eine ausserordentliche Beyhülfe zu erbitten; und weil diese wohl einsahen, daß es ihre Sicherheit erfordere, sich unter einander und mit einem Hauptherrn zu verbin- den: so entstanden endlich Landstände und Landschaf- ten; wozu man die Städte, welche damals das Hauptwesen ausmachten, auf alle Weise gern zog. Alle noch übrige Gesetze aus der güldnen Zeit, worin
Vorrede. lich geworden, fielen ſolche immer mehr und mehr zu-ſammen. Der Kriegsleute wurden alſo weniger. Sie waren zum Theil erſchoͤpft; und wie die aus- waͤrtigen Monarchien ſich auf die gemeine Huͤlfe er- hoben, nicht im Stande ihr Vaterland dagegen al- lein zu vertheidigen. Allein eine ſo groſſe Revolution waͤre das Werk eines Bundſchuhes geweſen. Man muſte alſo auf einem fehlerhaften Plan fortgehen, und die Zahl der Dienſtleute mit unbelehnten, unbe- guͤterten und zum Theil ſchlechten Leuten vermehren, allerhand Schaaren von Knechten errichten, und den Weg einſchlagen, worauf man nachgehends zu den ſtehenden Heeren gekommen iſt. Eine Zeitlang reich- ten die Cammerguͤter der Fuͤrſten, welche ihre Macht auf dieſe Art vermehrten, zu den Unkoſten hin. Man wuſte von keinen gemeinen Steuren; und in der That waren auch keine ſteuerbare Unterthanen vorhanden, weil der Bauer als Paͤchter ſich lediglich an ſeinen Contrakt hielt, und ſein Herr frey war, wenn er als Gutsherr fuͤrs Vaterland, und als Vaſall fuͤr ſeinen Lehnsherrn den Degen zog. Die Cammerguͤter wur- den aber bald erſchoͤpft, verpfaͤndet oder verkauft. Und man muſte nunmehr ſeine Zuflucht zu den Lehn- leuten und Gutsherrn nehmen, um ſich von ihnen eine auſſerordentliche Beyhuͤlfe zu erbitten; und weil dieſe wohl einſahen, daß es ihre Sicherheit erfordere, ſich unter einander und mit einem Hauptherrn zu verbin- den: ſo entſtanden endlich Landſtaͤnde und Landſchaf- ten; wozu man die Staͤdte, welche damals das Hauptweſen ausmachten, auf alle Weiſe gern zog. Alle noch uͤbrige Geſetze aus der guͤldnen Zeit, worin
<TEI> <text> <front> <div n="1"> <p><pb facs="#f0019"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/> lich geworden, fielen ſolche immer mehr und mehr zu-<lb/> ſammen. Der Kriegsleute wurden alſo weniger.<lb/> Sie waren zum Theil erſchoͤpft; und wie die aus-<lb/> waͤrtigen Monarchien ſich auf die <hi rendition="#fr">gemeine</hi> Huͤlfe er-<lb/> hoben, nicht im Stande ihr Vaterland dagegen al-<lb/> lein zu vertheidigen. Allein eine ſo groſſe Revolution<lb/> waͤre das Werk eines Bundſchuhes geweſen. Man<lb/> muſte alſo auf einem fehlerhaften Plan fortgehen,<lb/> und die Zahl der Dienſtleute mit unbelehnten, unbe-<lb/> guͤterten und zum Theil ſchlechten Leuten vermehren,<lb/> allerhand Schaaren von Knechten errichten, und den<lb/> Weg einſchlagen, worauf man nachgehends zu den<lb/> ſtehenden Heeren gekommen iſt. Eine Zeitlang reich-<lb/> ten die Cammerguͤter der Fuͤrſten, welche ihre Macht<lb/> auf dieſe Art vermehrten, zu den Unkoſten hin. Man<lb/> wuſte von keinen gemeinen Steuren; und in der That<lb/> waren auch keine ſteuerbare Unterthanen vorhanden,<lb/> weil der Bauer als Paͤchter ſich lediglich an ſeinen<lb/> Contrakt hielt, und ſein Herr frey war, wenn er als<lb/> Gutsherr fuͤrs Vaterland, und als Vaſall fuͤr ſeinen<lb/> Lehnsherrn den Degen zog. Die Cammerguͤter wur-<lb/> den aber bald erſchoͤpft, verpfaͤndet oder verkauft.<lb/> Und man muſte nunmehr ſeine Zuflucht zu den Lehn-<lb/> leuten und Gutsherrn nehmen, um ſich von ihnen eine<lb/> auſſerordentliche Beyhuͤlfe zu erbitten; und weil dieſe<lb/> wohl einſahen, daß es ihre Sicherheit erfordere, ſich<lb/> unter einander und mit einem Hauptherrn zu verbin-<lb/> den: ſo entſtanden endlich Landſtaͤnde und Landſchaf-<lb/> ten; wozu man die Staͤdte, welche damals das<lb/> Hauptweſen ausmachten, auf alle Weiſe gern zog.</p><lb/> <p>Alle noch uͤbrige Geſetze aus der guͤldnen Zeit,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">worin</fw><lb/></p> </div> </front> </text> </TEI> [0019]
Vorrede.
lich geworden, fielen ſolche immer mehr und mehr zu-
ſammen. Der Kriegsleute wurden alſo weniger.
Sie waren zum Theil erſchoͤpft; und wie die aus-
waͤrtigen Monarchien ſich auf die gemeine Huͤlfe er-
hoben, nicht im Stande ihr Vaterland dagegen al-
lein zu vertheidigen. Allein eine ſo groſſe Revolution
waͤre das Werk eines Bundſchuhes geweſen. Man
muſte alſo auf einem fehlerhaften Plan fortgehen,
und die Zahl der Dienſtleute mit unbelehnten, unbe-
guͤterten und zum Theil ſchlechten Leuten vermehren,
allerhand Schaaren von Knechten errichten, und den
Weg einſchlagen, worauf man nachgehends zu den
ſtehenden Heeren gekommen iſt. Eine Zeitlang reich-
ten die Cammerguͤter der Fuͤrſten, welche ihre Macht
auf dieſe Art vermehrten, zu den Unkoſten hin. Man
wuſte von keinen gemeinen Steuren; und in der That
waren auch keine ſteuerbare Unterthanen vorhanden,
weil der Bauer als Paͤchter ſich lediglich an ſeinen
Contrakt hielt, und ſein Herr frey war, wenn er als
Gutsherr fuͤrs Vaterland, und als Vaſall fuͤr ſeinen
Lehnsherrn den Degen zog. Die Cammerguͤter wur-
den aber bald erſchoͤpft, verpfaͤndet oder verkauft.
Und man muſte nunmehr ſeine Zuflucht zu den Lehn-
leuten und Gutsherrn nehmen, um ſich von ihnen eine
auſſerordentliche Beyhuͤlfe zu erbitten; und weil dieſe
wohl einſahen, daß es ihre Sicherheit erfordere, ſich
unter einander und mit einem Hauptherrn zu verbin-
den: ſo entſtanden endlich Landſtaͤnde und Landſchaf-
ten; wozu man die Staͤdte, welche damals das
Hauptweſen ausmachten, auf alle Weiſe gern zog.
Alle noch uͤbrige Geſetze aus der guͤldnen Zeit,
worin
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
| URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768 |
| URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/19 |
| Zitationshilfe: | Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/19>, abgerufen am 28.04.2024. |
