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Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.

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Osnabrücksche Geschichte
ehret wurde, besuchte den Kayser Domitian in Rom.
Die Römer gewannen an Vertrauen nach dem Masse,
wie sie ihren Nachbarn weniger gefährlich wurden, und
ihre Freundschaft wurde den Brukterischen Sassen im-
mer nöthiger, da die Germanier unter den schwachen
Kaysern sich ihrer alten Grösse näherten, den König
welchen ihnen die Römer gegeben hatten, verjagten,
und im Begrif standen Gallien zu verheeren; die
Chatten aber den Domitian nicht fürchteten, und
die Markomannen nebst den Quaden dem römischen
Reiche den Untergang droheten.

(a) Die Chatten zeigten dem Domitian daß sie würklich
Franken waren. Es heißt zwar. De Cattis Dacisque
post varia praelia duplicem triumphum egit. SVET in Do-
mit.
6 und DIO LXVII. erkläret dieses dahin, daß er
in Deutschland keinen Feind gesehn hätte; wobey TAC.
in Agr.
39. die Anmerkung macht: derisui fuisse falsum e
Germania triumphum emtis per commercia, quorum habi-
tus & crines in captivorum speciem formarentur.
Allein
die Wahrheit lautet also: Ergo (Catti &c.) sustulerant
animos & jugum excusserant (ils s' etoient affranchis) nec
jam nobiscum de sua libertate sed de nostra servitute certa-
bant: ac ne inducias quidem nisi aequis conditionibus ini.
bant: legesque ut acciperent, dabant. PLIN. in Traj II.

und die Römer hatten das diesseitige Ufer des Rheins
gewiß verlohren, wie MART Ep. X. 7. nicht undeutlich
anzeigt: S. SCHATEN in hist Westph. ll. ad ann. 84.
und aus der grossen Verlegenheit, worin sich Domitian
nach der Markomannischen Niederlage befand, leicht zu
schliessen ist. Unter jenen affranchis oder Franken sind
nach allen Umständen die Chatten, Usipeter, Tenkter
und Sicamber zu verstehn. S. SIDON. APOLL. in
paneg. Aviti.
Wie sie denn auch 170 Jahr später den
Nahmen der Franken von den Römern erhielten.
(b) Chariomer rex Cheruscorum, a Chattis imperio suo propter

Oſnabruͤckſche Geſchichte
ehret wurde, beſuchte den Kayſer Domitian in Rom.
Die Roͤmer gewannen an Vertrauen nach dem Maſſe,
wie ſie ihren Nachbarn weniger gefaͤhrlich wurden, und
ihre Freundſchaft wurde den Brukteriſchen Saſſen im-
mer noͤthiger, da die Germanier unter den ſchwachen
Kayſern ſich ihrer alten Groͤſſe naͤherten, den Koͤnig
welchen ihnen die Roͤmer gegeben hatten, verjagten,
und im Begrif ſtanden Gallien zu verheeren; die
Chatten aber den Domitian nicht fuͤrchteten, und
die Markomannen nebſt den Quaden dem roͤmiſchen
Reiche den Untergang droheten.

(a) Die Chatten zeigten dem Domitian daß ſie wuͤrklich
Franken waren. Es heißt zwar. De Cattis Dacisque
poſt varia prælia duplicem triumphum egit. SVET in Do-
mit.
6 und DIO LXVII. erklaͤret dieſes dahin, daß er
in Deutſchland keinen Feind geſehn haͤtte; wobey TAC.
in Agr.
39. die Anmerkung macht: deriſui fuiſſe falſum e
Germania triumphum emtis per commercia, quorum habi-
tus & crines in captivorum ſpeciem formarentur.
Allein
die Wahrheit lautet alſo: Ergo (Catti &c.) ſuſtulerant
animos & jugum excuſſerant (ils s’ etoient affranchis) nec
jam nobiſcum de ſua libertate ſed de noſtra ſervitute certa-
bant: ac ne inducias quidem niſi æquis conditionibus ini.
bant: legesque ut acciperent, dabant. PLIN. in Traj II.

und die Roͤmer hatten das dieſſeitige Ufer des Rheins
gewiß verlohren, wie MART Ep. X. 7. nicht undeutlich
anzeigt: S. SCHATEN in hiſt Weſtph. ll. ad ann. 84.
und aus der groſſen Verlegenheit, worin ſich Domitian
nach der Markomanniſchen Niederlage befand, leicht zu
ſchlieſſen iſt. Unter jenen affranchis oder Franken ſind
nach allen Umſtaͤnden die Chatten, Uſipeter, Tenkter
und Sicamber zu verſtehn. S. SIDON. APOLL. in
paneg. Aviti.
Wie ſie denn auch 170 Jahr ſpaͤter den
Nahmen der Franken von den Roͤmern erhielten.
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[196/0226] Oſnabruͤckſche Geſchichte ehret wurde, beſuchte den Kayſer Domitian in Rom. Die Roͤmer gewannen an Vertrauen nach dem Maſſe, wie ſie ihren Nachbarn weniger gefaͤhrlich wurden, und ihre Freundſchaft wurde den Brukteriſchen Saſſen im- mer noͤthiger, da die Germanier unter den ſchwachen Kayſern ſich ihrer alten Groͤſſe naͤherten, den Koͤnig welchen ihnen die Roͤmer gegeben hatten, verjagten, und im Begrif ſtanden Gallien zu verheeren; die Chatten aber den Domitian nicht fuͤrchteten, und die Markomannen nebſt den Quaden dem roͤmiſchen Reiche den Untergang droheten. ⁽a⁾ Die Chatten zeigten dem Domitian daß ſie wuͤrklich Franken waren. Es heißt zwar. De Cattis Dacisque poſt varia prælia duplicem triumphum egit. SVET in Do- mit. 6 und DIO LXVII. erklaͤret dieſes dahin, daß er in Deutſchland keinen Feind geſehn haͤtte; wobey TAC. in Agr. 39. die Anmerkung macht: deriſui fuiſſe falſum e Germania triumphum emtis per commercia, quorum habi- tus & crines in captivorum ſpeciem formarentur. Allein die Wahrheit lautet alſo: Ergo (Catti &c.) ſuſtulerant animos & jugum excuſſerant (ils s’ etoient affranchis) nec jam nobiſcum de ſua libertate ſed de noſtra ſervitute certa- bant: ac ne inducias quidem niſi æquis conditionibus ini. bant: legesque ut acciperent, dabant. PLIN. in Traj II. und die Roͤmer hatten das dieſſeitige Ufer des Rheins gewiß verlohren, wie MART Ep. X. 7. nicht undeutlich anzeigt: S. SCHATEN in hiſt Weſtph. ll. ad ann. 84. und aus der groſſen Verlegenheit, worin ſich Domitian nach der Markomanniſchen Niederlage befand, leicht zu ſchlieſſen iſt. Unter jenen affranchis oder Franken ſind nach allen Umſtaͤnden die Chatten, Uſipeter, Tenkter und Sicamber zu verſtehn. S. SIDON. APOLL. in paneg. Aviti. Wie ſie denn auch 170 Jahr ſpaͤter den Nahmen der Franken von den Roͤmern erhielten. ⁽b⁾ Chariomer rex Cheruſcorum, a Chattis imperio ſuo propter ami-

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/226>, abgerufen am 25.11.2024.