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Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.

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Vorrede.
Oberaufseher aller Reichsbeamten erhalten. Oder
ein neues Reichsunterhaus hätte den Kronbedienten
die Wage halten müssen; wenn man den vierten Fall
nemlich die Territorialhoheit nicht hätte zulassen wol-
len. Die erste Wendung würde uns reisende und
plündernde Bassen zugezogen haben, oder alle Kayser
hätten das Genie von Carln dem Grossem zu einem
beständigen Erbtheil haben müssen. Jn der andern
würden wir mit der Zeit wie die Franzosen das Opfer
einer ungeheuren Menge von Reichs-Generalpächtern
geworden seyn. Schwerlich würden auch unsre Schul-
tern die dritte ertragen haben, oder die verbundnen
Handelsstädte in Ober- und Niederdeutschland hätten
uns zugleich die Handlung durch die ganze Welt, so
wie sie solche hatten, behaupten und das ganze Reichs-
Krieges- und Steuer-wesen unter ihrer Bewilligung
haben müssen. Und so ist die letztere, worin jeder Lan-
desfürst, die ihm anvertraueten Reichsgemeinen als
die seinigen betrachtet, sein Glück in dem ihrigen fin-
det und wenigstens seinem Hause zu gefallen nicht al-
les auf einmal verzehrt, allenfals aber an dem aller-
höchsten Reichsoberhaupte noch einigen Wiederstand
hat, gewiß die beste gewesen, nachdem einmal grosse
Reiche entstehen, und die Landeigenthümer in jedem
kleinen Striche, Städte und Festungen unter sich
dulden, geldreiche Leute an der Gesetzgebung Theil
nehmen lassen und nicht mehr befugt bleiben sollten sich
selbst einen Richter zu setzen und Recht zu geben.

Dabey war es ein Glück so wohl für die catholi-
schen als evangelischen Reichsfürsten, daß der Kayser

sich
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Vorrede.
Oberaufſeher aller Reichsbeamten erhalten. Oder
ein neues Reichsunterhaus haͤtte den Kronbedienten
die Wage halten muͤſſen; wenn man den vierten Fall
nemlich die Territorialhoheit nicht haͤtte zulaſſen wol-
len. Die erſte Wendung wuͤrde uns reiſende und
pluͤndernde Baſſen zugezogen haben, oder alle Kayſer
haͤtten das Genie von Carln dem Groſſem zu einem
beſtaͤndigen Erbtheil haben muͤſſen. Jn der andern
wuͤrden wir mit der Zeit wie die Franzoſen das Opfer
einer ungeheuren Menge von Reichs-Generalpaͤchtern
geworden ſeyn. Schwerlich wuͤrden auch unſre Schul-
tern die dritte ertragen haben, oder die verbundnen
Handelsſtaͤdte in Ober- und Niederdeutſchland haͤtten
uns zugleich die Handlung durch die ganze Welt, ſo
wie ſie ſolche hatten, behaupten und das ganze Reichs-
Krieges- und Steuer-weſen unter ihrer Bewilligung
haben muͤſſen. Und ſo iſt die letztere, worin jeder Lan-
desfuͤrſt, die ihm anvertraueten Reichsgemeinen als
die ſeinigen betrachtet, ſein Gluͤck in dem ihrigen fin-
det und wenigſtens ſeinem Hauſe zu gefallen nicht al-
les auf einmal verzehrt, allenfals aber an dem aller-
hoͤchſten Reichsoberhaupte noch einigen Wiederſtand
hat, gewiß die beſte geweſen, nachdem einmal groſſe
Reiche entſtehen, und die Landeigenthuͤmer in jedem
kleinen Striche, Staͤdte und Feſtungen unter ſich
dulden, geldreiche Leute an der Geſetzgebung Theil
nehmen laſſen und nicht mehr befugt bleiben ſollten ſich
ſelbſt einen Richter zu ſetzen und Recht zu geben.

Dabey war es ein Gluͤck ſo wohl fuͤr die catholi-
ſchen als evangeliſchen Reichsfuͤrſten, daß der Kayſer

ſich
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[0023] Vorrede. Oberaufſeher aller Reichsbeamten erhalten. Oder ein neues Reichsunterhaus haͤtte den Kronbedienten die Wage halten muͤſſen; wenn man den vierten Fall nemlich die Territorialhoheit nicht haͤtte zulaſſen wol- len. Die erſte Wendung wuͤrde uns reiſende und pluͤndernde Baſſen zugezogen haben, oder alle Kayſer haͤtten das Genie von Carln dem Groſſem zu einem beſtaͤndigen Erbtheil haben muͤſſen. Jn der andern wuͤrden wir mit der Zeit wie die Franzoſen das Opfer einer ungeheuren Menge von Reichs-Generalpaͤchtern geworden ſeyn. Schwerlich wuͤrden auch unſre Schul- tern die dritte ertragen haben, oder die verbundnen Handelsſtaͤdte in Ober- und Niederdeutſchland haͤtten uns zugleich die Handlung durch die ganze Welt, ſo wie ſie ſolche hatten, behaupten und das ganze Reichs- Krieges- und Steuer-weſen unter ihrer Bewilligung haben muͤſſen. Und ſo iſt die letztere, worin jeder Lan- desfuͤrſt, die ihm anvertraueten Reichsgemeinen als die ſeinigen betrachtet, ſein Gluͤck in dem ihrigen fin- det und wenigſtens ſeinem Hauſe zu gefallen nicht al- les auf einmal verzehrt, allenfals aber an dem aller- hoͤchſten Reichsoberhaupte noch einigen Wiederſtand hat, gewiß die beſte geweſen, nachdem einmal groſſe Reiche entſtehen, und die Landeigenthuͤmer in jedem kleinen Striche, Staͤdte und Feſtungen unter ſich dulden, geldreiche Leute an der Geſetzgebung Theil nehmen laſſen und nicht mehr befugt bleiben ſollten ſich ſelbſt einen Richter zu ſetzen und Recht zu geben. Dabey war es ein Gluͤck ſo wohl fuͤr die catholi- ſchen als evangeliſchen Reichsfuͤrſten, daß der Kayſer ſich **

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/23>, abgerufen am 29.04.2024.