Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.

Bild:
<< vorherige Seite
Osnabrücksche Geschichte
sagt, daß alles uno mense paucis quoque interjectis diebus
geschehen.
(d) Hier hat die fränkische Hofzeitung abermals eine falsche
Nachricht verbreitet, indem alle Annalisten darinn über-
einkommen, daß der junge Held an der Lippe gefiegt
habe. Da aber der König den Feldzug in Sassen be-
reits geschlossen und seine Winterquartiere hinterm Rhein
genommen hatte: so müste solches entweder aus einer
ausserordentlichen Krieges-list, welche aber ganz unnö-
thig war, geschehen seyn, oder der Prinz hatte eine ge-
waltige Schlappe empfangen, die den Vater nöthigte
mitten im Winter aus Frankreich in Westphalen vorzu-
rücken, und seine ganze Armee cantonniren zu lassen.
(e) Damals war der Heerbann schon wieder beruhigt.
Denn wenn Carl bloß mit der Nation zu thun hatte,
brauchte er Widekinden keine gute Worte zu geben;
hatte er aber mit ihm, als einen Partisan zu thun, der
immer über die Elbe auswich, und dann wieder ein-
brach: so war nichts übrig, als ihn durch Güte zu ge-
winnen.
§. 112.
Von ihrem Heerführer Widekind.

Vermuthlich konnte dieser Held nicht eher wieder
zum ruhigen Besitz seiner Westphälischen Güter ge-
langen, ohne sich mit den Franken auszusöhnen; und
der König mogte nicht wohl auf einige Sicherheit an
der Elbe rechnen, so lange Widekind mit seinem
Gefolge, und einiger nordischen Hülfe, solche be-
unruhigen, und die allezeit schwankende Sassen zu
neuen Unternehmungen bereden oder nöthigen konnte.
Beyden war also mit einer Unterhandlung gedient,
und der König hatte Ursache den ersten Schritt zu
thun, weil er nicht immer eine genugsame fränkische

Macht
Oſnabruͤckſche Geſchichte
ſagt, daß alles uno menſe paucis quoque interjectis diebus
geſchehen.
(d) Hier hat die fraͤnkiſche Hofzeitung abermals eine falſche
Nachricht verbreitet, indem alle Annaliſten darinn uͤber-
einkommen, daß der junge Held an der Lippe gefiegt
habe. Da aber der Koͤnig den Feldzug in Saſſen be-
reits geſchloſſen und ſeine Winterquartiere hinterm Rhein
genommen hatte: ſo muͤſte ſolches entweder aus einer
auſſerordentlichen Krieges-liſt, welche aber ganz unnoͤ-
thig war, geſchehen ſeyn, oder der Prinz hatte eine ge-
waltige Schlappe empfangen, die den Vater noͤthigte
mitten im Winter aus Frankreich in Weſtphalen vorzu-
ruͤcken, und ſeine ganze Armee cantonniren zu laſſen.
(e) Damals war der Heerbann ſchon wieder beruhigt.
Denn wenn Carl bloß mit der Nation zu thun hatte,
brauchte er Widekinden keine gute Worte zu geben;
hatte er aber mit ihm, als einen Partiſan zu thun, der
immer uͤber die Elbe auswich, und dann wieder ein-
brach: ſo war nichts uͤbrig, als ihn durch Guͤte zu ge-
winnen.
§. 112.
Von ihrem Heerfuͤhrer Widekind.

Vermuthlich konnte dieſer Held nicht eher wieder
zum ruhigen Beſitz ſeiner Weſtphaͤliſchen Guͤter ge-
langen, ohne ſich mit den Franken auszuſoͤhnen; und
der Koͤnig mogte nicht wohl auf einige Sicherheit an
der Elbe rechnen, ſo lange Widekind mit ſeinem
Gefolge, und einiger nordiſchen Huͤlfe, ſolche be-
unruhigen, und die allezeit ſchwankende Saſſen zu
neuen Unternehmungen bereden oder noͤthigen konnte.
Beyden war alſo mit einer Unterhandlung gedient,
und der Koͤnig hatte Urſache den erſten Schritt zu
thun, weil er nicht immer eine genugſame fraͤnkiſche

Macht
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <note place="end" n="(c)"><pb facs="#f0262" n="232"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">O&#x017F;nabru&#x0364;ck&#x017F;che Ge&#x017F;chichte</hi></fw><lb/>
&#x017F;agt, daß alles <hi rendition="#aq">uno men&#x017F;e paucis quoque interjectis diebus</hi><lb/>
ge&#x017F;chehen.</note><lb/>
          <note place="end" n="(d)">Hier hat die fra&#x0364;nki&#x017F;che Hofzeitung abermals eine fal&#x017F;che<lb/>
Nachricht verbreitet, indem alle Annali&#x017F;ten darinn u&#x0364;ber-<lb/>
einkommen, daß der junge Held an der Lippe gefiegt<lb/>
habe. Da aber der Ko&#x0364;nig den Feldzug in Sa&#x017F;&#x017F;en be-<lb/>
reits ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en und &#x017F;eine Winterquartiere hinterm Rhein<lb/>
genommen hatte: &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;te &#x017F;olches entweder aus einer<lb/>
au&#x017F;&#x017F;erordentlichen Krieges-li&#x017F;t, welche aber ganz unno&#x0364;-<lb/>
thig war, ge&#x017F;chehen &#x017F;eyn, oder der Prinz hatte eine ge-<lb/>
waltige Schlappe empfangen, die den Vater no&#x0364;thigte<lb/>
mitten im Winter aus Frankreich in We&#x017F;tphalen vorzu-<lb/>
ru&#x0364;cken, und &#x017F;eine ganze Armee cantonniren zu la&#x017F;&#x017F;en.</note><lb/>
          <note place="end" n="(e)">Damals war der Heerbann &#x017F;chon wieder beruhigt.<lb/>
Denn wenn Carl bloß mit der Nation zu thun hatte,<lb/>
brauchte er Widekinden keine gute Worte zu geben;<lb/>
hatte er aber mit ihm, als einen Parti&#x017F;an zu thun, der<lb/>
immer u&#x0364;ber die Elbe auswich, und dann wieder ein-<lb/>
brach: &#x017F;o war nichts u&#x0364;brig, als ihn durch Gu&#x0364;te zu ge-<lb/>
winnen.</note>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 112.<lb/><hi rendition="#b">Von ihrem Heerfu&#x0364;hrer Widekind.</hi></head><lb/>
          <p>Vermuthlich konnte die&#x017F;er Held nicht eher wieder<lb/>
zum ruhigen Be&#x017F;itz &#x017F;einer We&#x017F;tpha&#x0364;li&#x017F;chen Gu&#x0364;ter ge-<lb/>
langen, ohne &#x017F;ich mit den Franken auszu&#x017F;o&#x0364;hnen; und<lb/>
der Ko&#x0364;nig mogte nicht wohl auf einige Sicherheit an<lb/>
der Elbe rechnen, &#x017F;o lange Widekind mit &#x017F;einem<lb/>
Gefolge, und einiger nordi&#x017F;chen Hu&#x0364;lfe, &#x017F;olche be-<lb/>
unruhigen, und die allezeit &#x017F;chwankende Sa&#x017F;&#x017F;en zu<lb/>
neuen Unternehmungen bereden oder no&#x0364;thigen konnte.<lb/>
Beyden war al&#x017F;o mit einer Unterhandlung gedient,<lb/>
und der Ko&#x0364;nig hatte Ur&#x017F;ache den er&#x017F;ten Schritt zu<lb/>
thun, weil er nicht immer eine genug&#x017F;ame fra&#x0364;nki&#x017F;che<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Macht</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[232/0262] Oſnabruͤckſche Geſchichte ⁽c⁾ ſagt, daß alles uno menſe paucis quoque interjectis diebus geſchehen. ⁽d⁾ Hier hat die fraͤnkiſche Hofzeitung abermals eine falſche Nachricht verbreitet, indem alle Annaliſten darinn uͤber- einkommen, daß der junge Held an der Lippe gefiegt habe. Da aber der Koͤnig den Feldzug in Saſſen be- reits geſchloſſen und ſeine Winterquartiere hinterm Rhein genommen hatte: ſo muͤſte ſolches entweder aus einer auſſerordentlichen Krieges-liſt, welche aber ganz unnoͤ- thig war, geſchehen ſeyn, oder der Prinz hatte eine ge- waltige Schlappe empfangen, die den Vater noͤthigte mitten im Winter aus Frankreich in Weſtphalen vorzu- ruͤcken, und ſeine ganze Armee cantonniren zu laſſen. ⁽e⁾ Damals war der Heerbann ſchon wieder beruhigt. Denn wenn Carl bloß mit der Nation zu thun hatte, brauchte er Widekinden keine gute Worte zu geben; hatte er aber mit ihm, als einen Partiſan zu thun, der immer uͤber die Elbe auswich, und dann wieder ein- brach: ſo war nichts uͤbrig, als ihn durch Guͤte zu ge- winnen. §. 112. Von ihrem Heerfuͤhrer Widekind. Vermuthlich konnte dieſer Held nicht eher wieder zum ruhigen Beſitz ſeiner Weſtphaͤliſchen Guͤter ge- langen, ohne ſich mit den Franken auszuſoͤhnen; und der Koͤnig mogte nicht wohl auf einige Sicherheit an der Elbe rechnen, ſo lange Widekind mit ſeinem Gefolge, und einiger nordiſchen Huͤlfe, ſolche be- unruhigen, und die allezeit ſchwankende Saſſen zu neuen Unternehmungen bereden oder noͤthigen konnte. Beyden war alſo mit einer Unterhandlung gedient, und der Koͤnig hatte Urſache den erſten Schritt zu thun, weil er nicht immer eine genugſame fraͤnkiſche Macht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/262
Zitationshilfe: Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/262>, abgerufen am 22.11.2024.