Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.

Bild:
<< vorherige Seite
erster Abschnitt.
§. 9.
Vielleicht aber auch nur aus einer
zufälligen Ursache.

Ein so merklicher Unterscheid setzt grosse und wichti-
ge Veränderungen voraus. Vielleicht hat die lang-
wierige Gefahr vor den Normännern, Sklaven,
Wenden, Hunnen und andern Völkern in jenen Ge-
genden eine strengere Krieges-Verfassung und einen
beständigen Feldherrn erfordert, welcher die einzel-
nen Wohner in Rotte zusammen rücken lassen, um
sie mit mehrer Bequemlichkeit zu üben; und allezeit
marschfertig zu haben. Und vielleicht hat ein solcher,
durch die allgemeine Noth berechtiget, Hauptleute
über sie gesetzet, welche die Kriegesrolle oder den
Heerbann vollzählig gehalten, und den Leibeigenthum
verhindert haben. Denn jeder Gödingspflichtiger Leib-
eigener ist ein Ausreisser. (a) Wenigstens zeugen die
vielen verliehenen Gerichtsbarkeiten, Jagden und
Dörfer von einer alten Bestallung. Und Niederge-
richte, welche fast nur auf die nothwendige Zucht der
Krieges-Leute gehen, scheinen den alten Hauptmann
im Heerbann zu verrathen. Die Menge dieser
Hauptleute, welche alles ihrige nur aus einer Be-
stallung hatten, mogte dem Adel auf Allode leicht
Gelegenheit geben sich höher zu halten; indem wol
anfänglich ein Hauptmann nur nach seinem persönli-
chen Verdienste angesetzet wurde. Der Mühlen-
Brau- und Back-Zwang (b) kann zu dem Gehalt
des Hauptmanns gehöret; und eine bessere Krieges-
Einrichtung die alte Gografschaft gesprenget |haben.
Jch entscheide dieses alles nicht; sondern bemerke nur,

daß
erſter Abſchnitt.
§. 9.
Vielleicht aber auch nur aus einer
zufaͤlligen Urſache.

Ein ſo merklicher Unterſcheid ſetzt groſſe und wichti-
ge Veraͤnderungen voraus. Vielleicht hat die lang-
wierige Gefahr vor den Normaͤnnern, Sklaven,
Wenden, Hunnen und andern Voͤlkern in jenen Ge-
genden eine ſtrengere Krieges-Verfaſſung und einen
beſtaͤndigen Feldherrn erfordert, welcher die einzel-
nen Wohner in Rotte zuſammen ruͤcken laſſen, um
ſie mit mehrer Bequemlichkeit zu uͤben; und allezeit
marſchfertig zu haben. Und vielleicht hat ein ſolcher,
durch die allgemeine Noth berechtiget, Hauptleute
uͤber ſie geſetzet, welche die Kriegesrolle oder den
Heerbann vollzaͤhlig gehalten, und den Leibeigenthum
verhindert haben. Denn jeder Goͤdingspflichtiger Leib-
eigener iſt ein Ausreiſſer. (a) Wenigſtens zeugen die
vielen verliehenen Gerichtsbarkeiten, Jagden und
Doͤrfer von einer alten Beſtallung. Und Niederge-
richte, welche faſt nur auf die nothwendige Zucht der
Krieges-Leute gehen, ſcheinen den alten Hauptmann
im Heerbann zu verrathen. Die Menge dieſer
Hauptleute, welche alles ihrige nur aus einer Be-
ſtallung hatten, mogte dem Adel auf Allode leicht
Gelegenheit geben ſich hoͤher zu halten; indem wol
anfaͤnglich ein Hauptmann nur nach ſeinem perſoͤnli-
chen Verdienſte angeſetzet wurde. Der Muͤhlen-
Brau- und Back-Zwang (b) kann zu dem Gehalt
des Hauptmanns gehoͤret; und eine beſſere Krieges-
Einrichtung die alte Gografſchaft geſprenget |haben.
Jch entſcheide dieſes alles nicht; ſondern bemerke nur,

daß
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0043" n="13"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">er&#x017F;ter Ab&#x017F;chnitt.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 9.<lb/><hi rendition="#b">Vielleicht aber auch nur aus einer<lb/>
zufa&#x0364;lligen Ur&#x017F;ache.</hi></head><lb/>
          <p>Ein &#x017F;o merklicher Unter&#x017F;cheid &#x017F;etzt gro&#x017F;&#x017F;e und wichti-<lb/>
ge Vera&#x0364;nderungen voraus. Vielleicht hat die lang-<lb/>
wierige Gefahr vor den Norma&#x0364;nnern, Sklaven,<lb/>
Wenden, Hunnen und andern Vo&#x0364;lkern in jenen Ge-<lb/>
genden eine &#x017F;trengere Krieges-Verfa&#x017F;&#x017F;ung und einen<lb/>
be&#x017F;ta&#x0364;ndigen Feldherrn erfordert, welcher die einzel-<lb/>
nen Wohner in Rotte zu&#x017F;ammen ru&#x0364;cken la&#x017F;&#x017F;en, um<lb/>
&#x017F;ie mit mehrer Bequemlichkeit zu u&#x0364;ben; und allezeit<lb/>
mar&#x017F;chfertig zu haben. Und vielleicht hat ein &#x017F;olcher,<lb/>
durch die allgemeine Noth berechtiget, Hauptleute<lb/>
u&#x0364;ber &#x017F;ie ge&#x017F;etzet, welche die Kriegesrolle oder den<lb/>
Heerbann vollza&#x0364;hlig gehalten, und den Leibeigenthum<lb/>
verhindert haben. Denn jeder Go&#x0364;dingspflichtiger Leib-<lb/>
eigener i&#x017F;t ein Ausrei&#x017F;&#x017F;er. <note place="end" n="(a)"/> Wenig&#x017F;tens zeugen die<lb/>
vielen <hi rendition="#fr">verliehenen</hi> Gerichtsbarkeiten, Jagden und<lb/>
Do&#x0364;rfer von einer alten Be&#x017F;tallung. Und Niederge-<lb/>
richte, welche fa&#x017F;t nur auf die nothwendige Zucht der<lb/>
Krieges-Leute gehen, &#x017F;cheinen den alten Hauptmann<lb/>
im Heerbann zu verrathen. Die Menge die&#x017F;er<lb/>
Hauptleute, welche alles ihrige nur aus einer Be-<lb/>
&#x017F;tallung hatten, mogte dem Adel auf Allode leicht<lb/>
Gelegenheit geben &#x017F;ich ho&#x0364;her zu halten; indem wol<lb/>
anfa&#x0364;nglich ein Hauptmann nur nach &#x017F;einem per&#x017F;o&#x0364;nli-<lb/>
chen Verdien&#x017F;te ange&#x017F;etzet wurde. Der Mu&#x0364;hlen-<lb/>
Brau- und Back-Zwang <note place="end" n="(b)"/> kann zu dem Gehalt<lb/>
des Hauptmanns geho&#x0364;ret; und eine be&#x017F;&#x017F;ere Krieges-<lb/>
Einrichtung die alte Gograf&#x017F;chaft ge&#x017F;prenget |haben.<lb/>
Jch ent&#x017F;cheide die&#x017F;es alles nicht; &#x017F;ondern bemerke nur,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">daß</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[13/0043] erſter Abſchnitt. §. 9. Vielleicht aber auch nur aus einer zufaͤlligen Urſache. Ein ſo merklicher Unterſcheid ſetzt groſſe und wichti- ge Veraͤnderungen voraus. Vielleicht hat die lang- wierige Gefahr vor den Normaͤnnern, Sklaven, Wenden, Hunnen und andern Voͤlkern in jenen Ge- genden eine ſtrengere Krieges-Verfaſſung und einen beſtaͤndigen Feldherrn erfordert, welcher die einzel- nen Wohner in Rotte zuſammen ruͤcken laſſen, um ſie mit mehrer Bequemlichkeit zu uͤben; und allezeit marſchfertig zu haben. Und vielleicht hat ein ſolcher, durch die allgemeine Noth berechtiget, Hauptleute uͤber ſie geſetzet, welche die Kriegesrolle oder den Heerbann vollzaͤhlig gehalten, und den Leibeigenthum verhindert haben. Denn jeder Goͤdingspflichtiger Leib- eigener iſt ein Ausreiſſer. ⁽a⁾ Wenigſtens zeugen die vielen verliehenen Gerichtsbarkeiten, Jagden und Doͤrfer von einer alten Beſtallung. Und Niederge- richte, welche faſt nur auf die nothwendige Zucht der Krieges-Leute gehen, ſcheinen den alten Hauptmann im Heerbann zu verrathen. Die Menge dieſer Hauptleute, welche alles ihrige nur aus einer Be- ſtallung hatten, mogte dem Adel auf Allode leicht Gelegenheit geben ſich hoͤher zu halten; indem wol anfaͤnglich ein Hauptmann nur nach ſeinem perſoͤnli- chen Verdienſte angeſetzet wurde. Der Muͤhlen- Brau- und Back-Zwang ⁽b⁾ kann zu dem Gehalt des Hauptmanns gehoͤret; und eine beſſere Krieges- Einrichtung die alte Gografſchaft geſprenget |haben. Jch entſcheide dieſes alles nicht; ſondern bemerke nur, daß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/43
Zitationshilfe: Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/43>, abgerufen am 03.12.2024.